Österreichischer Biomassverband

Mit Holz aus der Klimakrise

Ein Artikel von Philipp Matzku (für Forstzeitung.at bearbeitet) | 15.06.2021 - 15:33

300 Teilnehmer hörten sich die Referate und Diskussionen der Experten und Branchenvertreter aus Forstwirtschaft, Bioenergie, Politik und Naturschutz im Zuge der ÖBMV-Webkonferenz zum Thema Kohlenstoffsenke Holzwirtschaft an.

Elefant im Klimaraum

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Fordern mehr Holzbau für den Klimaschutz: die Referenten und Forstexperten bei der ÖBMV-Webkonferenz zur Kohlenstoffsenke Holzwirtschaft © ÖBMV

„Der Gebäudesektor ist der Elefant im Klimaraum. Die Rückkehr zum Holzbau ist der wichtigste Beitrag gegen die Erderwärmung“, erklärt Prof. Hans Joachim Schellnhuber vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, Potsdam/DE. 2020 lag die globale Temperatur bereits 1,25 ° C über jener der vorindustriellen Zeit und es ist aus Sicht des Klimaforschers nicht mehr viel Spielraum zum Erreichen des im Pariser Klimaschutzabkommen angestrebten 1,5 ° C-Ziel. Rund 40 % des Ausstoßes von Treibhausgasen entstehen durch die Errichtung und den Betrieb von Gebäuden sowie der Infrastruktur. „Der Klimaschutz wird vor allem beim Bauen in den Städten entschieden“, betonte Schellnhuber. Holz müsse zum wichtigsten Rohstoff für den Gebäudesektor werden. „Wenn wir die Klimaerhitzung nicht durch Nutzung des Waldes abmildern, müssen wir künftig über keine Funktion des Waldes mehr diskutieren“, bekräftigte der Universitätsprofessor.

Energiewende basiert auf Holznutzung

„Unser nachhaltig bewirtschafteter Wald ist der beste Klimaschützer“, unterstützte ÖBMV-Präsident Franz Titschenbacher die Ausführungen Schellnhubers. „Während Brennholz, Hackgut, Sägespäne oder Ablauge aus der Papierindustrie im der Wertschöpfungskette Holz Nebenprodukte darstellen, bilden sie für die Energiewende die Grundlage. Mit dem Ausstieg aus fossilen Energien entwickelt sich die Bioenergie zum bedeutendsten Energieträger“, erklärte Titschenbacher. Besonders wertvoll sieht der Verbandspräsident den Beitrag der Bioenergie zur nachhaltigen Waldbewirtschaftung. „Noch vor wenigen Jahren gab es kaum Nachfrage für schlechte Holzqualitäten, große Mengen an Holz aus der Waldpflege und Holzernte sind ungenutzt im Wald verrottet, mittlerweile versorgen wir mit diesen Brennstoffen einen großen Teil der Bevölkerung mit nachhaltiger Energie.“ Dies bestätigte auch Simone Schmiedtbauer, Mitglied des Europäischen Parlaments. „Es ist ein völlig falscher Ansatz und Irrglaube anzunehmen, dass wir mit der Außernutzungstellung von Wäldern und anderen Restriktionen die Aufnahme von CO2 steigern könnten.“

Holzbau und Bioenergienutzung

„Eine Holzbauoffensive ist ein Bioenergieturbo“, erklärte ÖBMV-Geschäftsführer Christoph Pfemeter. „Pro Kubikmeter verbauten Holz fallen etwa 6 m3 Nebenprodukte an, die auch energetisch verwertet werden können.“ Beim Waldumbau fallen 70% Laubholz, aber nur 20% Nadelholz an. „Ohne Bioenergie hätten Holzprodukte eine weitaus schlechter CO2-Bilanz, weil die Holzindustrie dann auf fossiles Erdöl und Erdgas zurückgreifen müsste“, berichtete Pfemeter.

Wirtschaftswald ist Klimawald

Angesichts der Forderungen aus dem Naturschutz nach verringerter Holznutzung und erhöhten Holzvorräten im Wald als Kohlenstoffsenken verwies Prof. Ernst-Detlef Schulze, Max-Planck-Institut für Geochemie, Jena/DE, darauf, dass Vorräte im Wirtschaftswald laut Daten der deutschen Bundeswaldinventur etwa gleich hoch seien wie jene im nicht bewirtschafteten Wald. „Der bewirtschaftete Nadelwald wächst jährlich 4 fm/ha mehr als der nicht bewirtschaftete Wald – der bewirtschaftete Laubwald immer noch mehr als 1 fm/ha. Damit übertrifft auch die jährliche Vorratszunahme im Wirtschaftswald die des nicht bewirtschafteten.“

„Wird das Holz nicht zum Bau und zur Energiegewinnung genutzt, verrottet es im Wald, dabei gelangt das CO2 genauso wieder in die Atmosphäre“, hob Schulze hervor. Der Zeitraum bis zur Zersetzung des Totholzes sei mit dem durchschnittlichen Abbauzeitraum von Holzprodukten vergleichbar.
„Holzprodukte haben in Thüringen im Schnitt eine 50%-Abbaurate nach 20 Jahren, bei Totholz sind es im Schnitt 28 Jahre“, informierte der Biologe.

Der Schutz der Artenvielfalt ist ein oft angeführtes Argument für Außernutzungstellungen der Forstwirtschaft. „In Deutschland ist keine Waldpflanzenart ausgestorben“, entgegnete Schulze darauf. Im offenen Land stelle sich dies allerdings ganz anders dar. „Jede zweite Pflanzenart in Deutschland ist entweder geschützt oder gefährdet, davon sind nur 10% Waldpflanzen“, betonte der Universitätslehrer. Nur der Wirtschaftswald ermöglicht aus Schulzes Sicht gezielten Naturschutz. „Organismusgruppen sind abhängig von der Vielfalt der Pflanzen im Wald und diese ist im Wirtschaftswald höher“, bekräftigte Schulze.

Wald keine dauerhafte CO2-Senke

„Der österreichische Wald speichert etwa 990 Mio. t Kohlenstoff, 60% davon im Boden. Durch die Klimaerwärmung geht die Kohlenstoffspeicherkapazität zurück. Wald kann nicht unendlich viel CO2 speichern und wird in allen Szenarien der Studie CareforParis (siehe Forstzeitung Klima im Wandel) in den nächsten 15 bis 100 Jahren zur Kohlenstoffquelle. Die Holznutzung verhindert Emissionen aus Ersatzprodukten und ist damit ein wichtiger Baustein für die Klimazukunft“, erklärt Peter Mayer, Leiter des Bundesforschungszentrums für Wald, Naturgefahren und Landschaft (BFW) in Wien.

Stefan Zwettler, Leiter der Forst- und Energieabteilung der Landwirtschaftskammer Steiermark, machte darauf aufmerksam, dass laut der jüngsten Österreichischen Waldinventur 2016-2018 ohnehin hohe Durchforstungsrückstände im heimischen Wald bestehen. „In ganz Österreich sind auf 1,29 Mio. ha Standraumerweiterungen durch Läuterungen notwendig, um die Bestände zu stabilisieren. Zusammen mit Verjüngungshieben, Räumungen, und Entrümpelungen gibt es in Österreich 250  Mio. fm, die heute genutzt werden könnten. Davon entfallen 80 Mio. fm allein auf den Schutzwald.“