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Abfall im Wald wurde in der jüngeren Vergangenheit wieder vermehrt zum Problem © P. Herbst

Forstschutzorgane

Forstschutzorgane und Abfall im Wald

Ein Artikel von Fabian Herbst und Peter Herbst | 23.07.2021 - 08:55
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Forstschutzorgan-Dienstabzeichen Ktn © Pixabay

In den vergangenen eineinhalb Jahren ist es wegen der COVID-19-Pandemie auf vielfältigste Art und Weise zu Problemen und Konflikten gekommen, die eigentlich kaum jemand erwartet oder für möglich gehalten hätte. So wird auch Abfall in bisher ungeahntem Ausmaß im Wald entsorgt. Grund dafür sind einerseits die monatelangen Schließungen von Recyclinghöfen bei gleichzeitigem Entrümpelungsboom der zu Hause sitzenden Bevölkerung, andererseits die sprunghaft angestiegenen Besucherzahlen im Wald und der große Anteil „neuer und Wald unerfahrener Gruppen von Besuchern“ (siehe Forstzeitung 04/21, S. 30f) mit großen Defiziten im Bereich Umweltverständnis und -moral. Um dem gegenzusteuern, spielen Forstschutzorgane eine wichtige Rolle.

Unklare Begriffsdefinition
Zunächst ist zu beachten, dass das Forstgesetz 1975 (ForstG) den Begriff „Abfall“ zwar mehrfach sogar im Zusammenhang mit Straftatbeständen verwendet, aber nicht definiert. Die ständige Rechtsprechung stellt auf die Definition des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 (AWG) ab, wonach Abfälle bewegliche Sachen sind, deren sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat, oder deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich sind, um die öffentlichen Interessen nicht zu beeinträchtigen. Das ist gemäß § 1 Abs 3 AWG etwa der Fall, wenn Abfall die Gesundheit von Menschen gefährdet oder unzumutbare Belästigungen bewirkt, Gefahren für Wasser, Luft, Boden, Tiere oder Pflanzen und deren natürliche Lebensbedingungen verursacht, die nachhaltige Nutzung von Wasser oder Boden beeinträchtigt, die Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus verunreinigt oder das Orts- und Landschaftsbild sowie Kulturgüter erheblich in Mitleidenschaft zieht. Abfall liegt bereits dann vor, wenn einer dieser doch recht weitgehenden Abfallbegriffe erfüllt ist.
Abfall im Wald abzulagern (§ 16 Abs 2 lit d ForstG) oder wegzuwerfen (§ 174 Abs 3 lit c ForstG), ist aufgrund forstgesetzlicher Bestimmungen verboten. Unter Ablagerung versteht man üblicherweise, dass der Abfall mit einem Fahrzeug in den Wald transportiert wird, während beim Wegwerfen mit sich getragener Abfall entsorgt wird. Aus der Sicht des Forstschutzorgans ist wichtig, dass eine Ablagerung eine nach § 16 Abs 2 iVm § 174 Abs 1 lit a Z 3 ForstG strafbare Waldverwüstung darstellt, während man durch bloßes Wegwerfen keine Waldverwüstung begeht.

Waldverwüstung
Das ist deshalb wichtig, weil Forstschutzorgane aufgrund des § 112 ForstG zwar berechtigt sind, Personen, die eine Verwaltungsübertretung gemäß § 174 Abs 3 ForstG begangen haben, aus dem Wald zu weisen, im Fall des Wegwerfens von Abfall auch bei der Behörde anzuzeigen und erforderlichenfalls sogar festzunehmen. Von dieser Berechtigung ist aber der § 174 Abs 1 ForstG (Waldverwüstung, also auch Abfall ablagern) formal nicht umfasst. Der Gesetzgeber selbst relativiert diese Unschärfe in § 16 Abs 4 ForstG, indem er sowohl das Ablagern als auch Wegwerfen als Ablagerung bezeichnet.

 

Checkliste für Forstschutzorgan

Für das Forstschutzorgan zu
klären ist:

  • Ist das, was vor mir liegt, wirklich Abfall?
  • Liegt der Abfall in einem Wald?
  • War die Ablagerung des Abfalls ausnahmsweise zulässig?
  • Wer ist der „Entlediger“? (Wer hat den Abfall abgelagert oder weggeworfen?)
  • Ergeben sich Schadenersatzansprüche des Waldeigentümers? Welche Beweise habe ich dafür zu sichern?

Beispiel Obstbaumschnitt
Wie sieht es beispielsweise mit der Ablagerung von Obstbaumschnitt in einem Wald aus forstrechtlicher Sicht (unter Außerachtlassung anderer gesetzlicher Bestimmungen) aus? Grundsätzlich wird man von einer Entledigung ausgehen können, dass also der Obstbaumschnitt in erster Linie deshalb weggegeben wurde, um ihn loszuwerden. Die Ablagerungen könnten aber auch als Zwischenlagerung oder in direktem Zusammenhang mit der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung gesehen werden, da es sich bei Obstbaumschnitt um zulässigen Abfall für die Grünschnittkompostierung handelt.
Es reicht jedoch nicht, dass Abfälle grundsätzlich zur Düngung des Bodens geeignet sind. Die Abfalleigenschaft endet nicht einmal mit dem Abschluss des Aufbereitungsprozesses (Herstellung von Kompost nach den Vorgaben der Kompostverordnung 2001), sondern erst mit einer zulässigen Verwendung für den vorgesehenen Zweck. Die Ablagerung von Obstbaumschnitt in einem Wald ist daher jedenfalls verboten, auch wenn man ihn als Ausgangsmaterial für Kompost verwenden möchte.

Art des Delikts
Im Hinblick auf die Beweissicherung ist es für das amtshandelnde Forstschutzorgan wichtig zu wissen, ob es sich beim anzuzeigenden Delikt um ein Ungehorsams- oder um ein Erfolgsdelikt handelt.
Bei Ungehorsamsdelikten kommt es zu einem bloßen Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder zu einer Nichtbefolgung eines Gebotes, der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr ist nicht vorgesehen. Bei Erfolgsdelikten ist hingegen zusätzlich zur Tathandlung der Eintritt eines bestimmten verpönten Erfolgs erforderlich.
Beim Ablagern von Abfall handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt. Der Täter hat glaubhaft zu machen, dass ihm die Einhaltung der objektiv verletzten Verwaltungsvorschriften ohne sein Verschulden unmöglich war, ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift „kein Verschulden trifft“. Der Täter hat dabei von sich aus alles, was für seine Entlastung spricht, darzulegen und zu beweisen.
Bei allen anderen Fällen der Waldverwüstung (eben mit Ausnahme des Ablagerns von Abfall!) ist der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr erforderlich (etwa durch wesentliche Schwächung der Produktionskraft des Waldbodens, durch Rutsch- oder Abtragungsgefahr; vgl. § 16 Abs 2 ForstG). Die Waldverwüstung (ausgenommen das Ablagern von Abfall) ist daher ein Erfolgsdelikt, die Behörde hat das Verschulden nachzuweisen. Der Beweissicherung kommt deswegen besondere Bedeutung zu.
Wird Abfall im Wald abgelagert oder weggeworfen, hat also die Behörde die Person festzustellen, die die Ablagerung des Abfalls vorgenommen hat oder die dafür verantwortlich ist, und ihr die Entfernung des Abfalls aus dem Wald aufzutragen. Lässt sich eine solche Person nicht feststellen, so hat die Behörde der Gemeinde, in deren örtlicher Zuständigkeit die Ablagerung des Abfalls im Wald erfolgt ist, die Entfernung des Abfalls auf deren eigene Kosten aufzutragen.
Wird die Person nachträglich festgestellt, so hat ihr die Behörde den Ersatz dieser Kosten vorzuschreiben. Wurde eine Waldverwüstung festgestellt, hat die Behörde die erforderlichen Maßnahmen zur Abstellung der Waldverwüstung und zur Beseitigung der Folgen derselben vorzukehren.

Privatrechtliche Ansprüche
Privatrechtliche Ansprüche des Waldeigentümers bleiben davon jedenfalls unberührt. Grundsätzlich hat die Behörde nämlich in einem Straferkenntnis, womit jemand einer nach dem Forstgesetz strafbaren Übertretung schuldig erkannt wird, auf Antrag des Geschädigten auch über die aus dieser Übertretung abgeleiteten privatrechtlichen Ansprüche des Geschädigten an den Beschuldigten zu entscheiden (§ 174 Abs 3 ForstG).
Auch dafür kommt einer umfänglichen Beweissicherung bereits in der Anzeige besondere Bedeutung zu. Dem Anspruchsberechtigten steht gegen die im Straferkenntnis enthaltene Entscheidung über seine privatrechtlichen Ansprüche kein Rechtsmittel zu. Es steht ihm aber frei, diese Ansprüche, soweit sie ihm nicht im Verwaltungsstrafverfahren zuerkannt worden sind, im ordentlichen Rechtsweg geltend zu machen (§ 57 Abs 2
VStG).