TU München

Patient Wald

Ein Artikel von Raphael Kerschbaumer | 25.01.2022 - 09:19

Um festzustellen, wie es aktuell um unsere europäischen Waldflächen bestellt ist, nutzt ein Forscherteam der TU München Satellitenbilder. Die hochauflösenden Aufnahmen aus dem All dienen vor allem dazu, die Farbe der Kronendächer in den Wäldern zu ermitteln. Durch unterschiedliche Grünabstufungen der Bäume lässt sich direkt ein Rückschluss auf die Baumgesundheit ziehen. Mit dem Waldzustandsmonitor (WZM) wurde ein Werkzeug entwickelt, das speziell inmitten des globalen Klimawandels entscheidend zur Vorsorge und zum rechtzeitigen Treffen von Schutz- und Erhaltungsmaßnahmen beitragen kann.

Extreme Bedingungen

Kiefernwald_TUM.jpg

Die Kiefernwälder im deutschen Bundesland Brandenburg wurden besonders hart von den anhaltenden Dürreperioden der vergangenen Jahre getroffen © TUM

Die vergangenen Jahre waren geprägt von riesigen Kalamitätsmengen. Dass dem Borkenkäfer in der jüngeren Vergangenheit vermehrt geschwächte neue Wirtsbäume zur Verfügung stehen, ist meist auf die extremen klimatischen Schwankungen zurückzuführen. Diese schwächen gemeinsam mit immer häufiger werdenden extremen Dürreperioden, Spätfrösten und Winterstürmen die Waldbestände und ebnen so den Weg für einen Gnadenstoß durch Pilz oder Käfer.

Schwierig zu prognostizieren

„Wo genau ein geballtes Baumsterben auftritt, ist oft schwer vorherzusagen. Neben den Bodeneigenschaften und der Bestandskultur beeinflussen auch ökophysiologische Prozesse, wie der Saftfluss oder das Blattwasserpotenzial, die Gesundheit der Bäume. Viele Diagnosen können nicht mehr sicher gestellt werden, sobald der Baum einmal abgestorben ist“, erklärt Anja Rammig, Professorin für Land Surface-Atmosphere Interactions an der TUM.

Zielgerichtetes Monitoring

In der neu überarbeiteten Onlineversion ist es den Nutzern der Plattform nun möglich, gezielt einzelne Länder und Zeiträume anzusteuern und so die Veränderung der Waldbestände zu beobachten und zu analysieren.

Durch die aktuellen Bilddaten können somit nun zeitnah die europäischen Hotspots des Waldsterbens ermitteln werden. Durch leichte Farbveränderungen in den Baumkronen lassen sich einzelne forstliche Gebiete, in denen die Bäume potenziell unter Stress stehen, ausmachen und die Besitzer können frühzeitig über mögliche Auswirkungen und Risiken informiert werden.

Bleibende Schäden werden sichtbar

Waldkarte_Deutschland_TUM_.png

Stand Juli 2021: Waldbestände mit guter Vitalität werden durch blaue Punkte dargestellt; rote Gebiete gelten als potenziell gefährdet © TUM

„Im vergangenen Jahr war der Zustand unserer Wälder vergleichsweise gut. Durch den niederschlagsreichen Sommer konnten sich einige Waldbestände von den langen Dürreperioden zwischen 2018 und 2020 teilweise wieder erholen“, erklärt WZM-Projektkoordinator Allan Buras. Dies ist ein Indiz dafür, dass die Wälder dazu in der Lage sind, sich zumindest teilweise wieder nach langen Stressperioden zu regenerieren. „Vor allem aber die Kiefernwälder Brandenburgs oder die Fichtenwälder im Harz waren von den Dürreperioden so stark betroffen, dass sie sich nicht mehr davon erholen konnten“, erläutert Buras weiter.

„Durch die zusätzlichen Informationen aus dem Waldzustandsmonitor können gemeinsam mit bodengestützten Untersuchungen die Gründe für das Baumsterben besser erforscht und somit kann unser ökophysiologisches Verständnis für Bäume unter Stress weiter verbessert werden“, ergänzt Rammig.