WALDFONDS 

Der Waldfonds – näher betrachtet

Ein Artikel von Robert Spannlang | 02.04.2021 - 11:15
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Dr. Johannes Schima steht im BMLRT der Abteilung III/3 vor und ist damit für die Agenden des Waldschutzes, der Waldentwicklung und der forstlichen Förderung zuständig. © BMLRT / P. Gruber

Was ist das primäre Ziel des Waldfondsgesetzes (WFG)?
Der österreichische Wald steht durch die Auswirkungen des Klimawandels unter hohem Druck: Extremwetterereignisse, Trockenheit und Schädlingsbefall führen zu hohen Schadholzmengen. Rund 62% der gesamten österreichischen Holzernte waren 2019 Schadholz. Durch die Corona-Pandemie ist zusätzlich die Nachfrage nach dem Rohstoff Holz eingebrochen. Der Waldfonds ist eine Investition in eine nachhaltige und zukunftsfitte Forstwirtschaft. Die Maßnahmen des Waldfonds zielen auf die Entwicklung klimafitter Wälder, die Förderung der Biodiversität im Wald und auf eine verstärkte Verwendung des Rohstoffes Holz als aktiver Beitrag zum Klimaschutz ab. Im Rahmen des Waldfonds wird WaldbesitzerInnen eine Entschädigung für den durch Borkenkäfer verursachten Wertverlust gewährt. Um den weiteren Befall österreichischer Wälder durch Borkenkäfer zu reduzieren, werden Wiederaufforstungen mit umwelt- und klimaangepassten Baumarten, Pflegemaßnahmen, die Errichtung von Nass- und Trockenlagern für Schadholz sowie die mechanische Entrindung als Forstschutzmaßnahme gefördert. Der Waldfonds umfasst zudem Maßnahmen zur Waldbrandprävention, Forschungsmaßnahmen zum Thema „Holzgas und Biotreibstoffe“ und Maßnahmen zur Förderung der Biodiversität.

Stimmt der immer wieder zu hörende Vorwurf, dass der Waldfonds zu sehr auf Reparatur und zu wenig auf Prophylaxe abstelle?
Nein. Die nachhaltige Sicherstellung der Waldfunktionen nach Schadereignissen ist ein wesentlicher Punkt. Ziel ist unter anderem Wiederaufforstung mit möglichst qualitätsgesichertem sowie an den Standort und an die zu erwartenden Klimaveränderungen bestmöglich angepasstem Pflanzenmaterial unter bestmöglicher Beachtung der natürlichen Waldgesellschaft. Der Waldfonds setzt sehr wohl auch auf entsprechende vorbeugende Maßnahmen, wie etwa in der Maßnahme 5: Hier können konkret Vorbeugende Forstschutzmaßnahmen wie Mulchen, Hacken, Häckseln, Legen von Fangbäumen, Hygienemaßnahmen und Monitoring gefördert werden. Zudem liegt im Bereich der Forschungsmaßnahmen ein Schwerpunkt auf klimafitten Wäldern mit dem Ziel der Schaffung von Grundlagen und der Umsetzung praxisorientierter Forschungsprojekte zur Erhaltung und Verbesserung klimafitter Wälder.

Belohnt das WFG diejenigen Waldbesitzer, die in der Vergangenheit wenig vorausschauenden Waldbau betrieben haben?
Das spricht Maßnahme 3 an: Die österreichische Forstwirtschaft hat österreichweit infolge des Klimawandels zahlreiche Stressfaktoren zu bewältigen und die bestehenden forstlichen Zielsetzungen und standörtlichen Beurteilungen sind grundlegend zu revidieren. Seit 2017 breitet sich im Norden Österreichs eine Borkenkäferkalamität von enormem Ausmaß aus, die durch eine extrem trockene und niederschlagsarme Witterung hervorgerufen wurde. Der extreme Borkenkäferbefall war mit herkömmlichen Bekämpfungsmethoden nicht zu stoppen und ist als Ereignis höherer Gewalt einzustufen. Alle Maßnahmen außer Maßnahme 3 sind in die Zukunft gerichtet. Der Waldfonds zielt auf die Förderung und Entwicklung klimafitter zukunftsfähiger Wälder ab.

Ab wann sind Förderungsanträge im Waldfonds möglich und wann wird ausgezahlt?
Förderungsanträge für die Maßnahmen 1 bis 6 können seit 1. Februar eingebracht werden. Förderungsansuchen für die Maßnahmen 7 bis 10 können ausschließlich im Rahmen von Aufforderungen zur Einreichung von Projektvorschlägen (Calls) eingebracht werden. Diese werden auf der Homepage des BMLRT veröffentlicht. Gemäß §6 WFG gilt, Förderungen nach diesem Bundesgesetz können binnen zwei Jahren ab Inkrafttreten der Richtlinien genehmigt und binnen vier Jahren ab Inkrafttreten der Richtlinien ausgezahlt werden.

Wird es die Möglichkeit für Feinjustierungen geben – etwa Fördermittelverschiebungen zwischen den Fördertöpfen? 
Die Mittel wurden so kalkuliert, dass der bestehende Bedarf mittelfristig gut abgedeckt werden kann. Im Zuge der Abwicklung wird auch der Umsetzungsstand der einzelnen Maßnahmen evaluiert. Nach zwei Jahren ist laut Waldfondsgesetz ein Kassasturz durchzuführen und die Richtlinien sind entsprechend zu modifizieren und zu verlängern. 

Wäre es unter Umständen denkbar, die Reduktion überhoher Wildstände durch das WFG besser zu fördern anstatt Zäunungen?
Ein ausgewogenes Wald-Wild-Verhältnis ist ein wichtiger Bestandteil klimafitter und widerstandsfähiger Wälder. Wie wir im Forst & Jagd-Dialog zeigen, können befriedigende Lösungen nur gemeinsam von Forst und Jagd erreicht werden. Die Wildschadensprävention ist eine wesentliche Verantwortung der Jagdausübungsberechtigten. Es liegt aber auch im öffentlichen Interesse, dass die nachhaltige Wirkung von Fördermaßnahmen gesichert wird. Im Waldfonds werden daher erstmals – vorsichtig dosiert – Maßnahmen gegen Wildschäden gefördert. Neben mechanischem Einzelschutz, Kontrollzäunen und Zäunungen von Naturverjüngungskernen können auch jagdbetriebliche Konzepte und deren Umsetzung gefördert werden.

Der Waldfonds zielt auf die Förderung und Entwicklung klimafitter zukunftsfähiger Wälder ab.


Dr. Johannes Schima

Förderungen für Verwendung von Holz sind insgesamt mit mehr Mitteln dotiert als die Erreichung von Klimafitness und Biodiversität. Stimmt hier die Balance?
Die Maßnahme 9 setzt auf die verstärkte Verwendung des Rohstoffes Holz als Grund- und Baustoff zur Substitution von CO2-intensiven Stoffen und zur Speicherung von CO2 in Holzbauten und dies wirkt sich positiv auf das Klima aus. Dafür stehen Mittel des Waldfonds in Höhe von 62 Mio. € zur Verfügung. Neben Maßnahmen 8 und 10 zielt auch Maßnahme 2 auf die Entwicklung klimafitter Wälder und die Stärkung der Biodiversität ab – durch Schaffung von stabilen Mischbeständen unter bestmöglicher Beachtung der natürlichen Waldgesellschaft sowie Erhaltung und Verbesserung der genetischen Ressourcen des Waldes. Dazu stehen Mittel des Waldfonds in Höhe von 28 Mio. € zur Verfügung. Das Ziel der Maßnahme 8 ist Schaffung von Grundlagen und die Umsetzung praxisorientierter Forschungsprojekte zur Erhaltung und Verbesserung klimafitter Wälder. Dazu stehen Mittel des Waldfonds in Höhe von 30 Mio. € zur Verfügung. Die Ziele der Maßnahme 10 sind: Erhaltung, Verbesserung und Wiederherstellung von naturschutzfachlich wertvollen Flächen, Erstellung wissenschaftlicher oder praxisorientierter Grundlagen, die im Zusammenhang mit der Erhaltung, Verbesserung und Wiederherstellung von schützenswerten Lebensräumen und Arten oder zu sonstigen biodiversitätsrelevanten Themen stehen. Dazu stehen Mittel des Waldfonds in Höhe von 13 Mio. € zur Verfügung. Alleine bei den angeführten Maßnahmen 2, 8 und 10 liegt der Schwerpunkt auf Klimafitness und Biodiversität diese umfassen in Summe 71 Mio. Euro. Die Maßnahme 9 „Verstärkte Verwendung des Rohstoffes Holz“ ist mit 62 Mio. Euro dotiert und übersteigt daher nicht jene Maßnahmen, die auf Klimafitness und Biodiversität abzielen. Zudem wird festgehalten, dass Bauten aus Holz ob ihrer in allen Lebenszyklus-Phasen geringen Treibhausgas-Emissionen ein wertvoller Beitrag zum Klimaschutz sind.

Wie kann verhindert werden, dass es zu einem Wettlauf um WFG-Fördergelder kommt?
Die Mittel wurden so kalkuliert, dass der bestehende Bedarf mittelfristig gut abgedeckt werden kann. Für die Flächenmaßnahmen (1-6) stehen ausreichend Mittel zur Verfügung, sodass davon ausgegangen werden kann, dass alle Förderungsprojekte, die den geltenden Bedingungen entsprechen, auch realisiert werden können.  Bei der Maßnahme 3 (Abgeltung durch Borkenkäferschäden verursachtem Wertverlust) gilt der spätestmögliche Einreichtermin 1. Oktober 2021. Bei den Maßnahmen 7 bis 10 sind die jeweiligen Aufrufe (Calls) für die fristgerechte Einreichung zu beachten. Im Zuge von Auswahlverfahren werden die nötigen Objektivierungen nach fachlichen Kriterien vorgenommen. Lediglich in jenen Fällen, wo die qualitative Umsetzung als gleichwertig bewertet wird, kann der Antragszeitpunkt zum Tragen kommen.