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„Waldmarkt“ vor der Dresdner Frauenkirche im Rahmen der Forstvereinstagung © J. Parschau

69. Tagung des Deutschen Forstvereins 

Aufruf zur Geschlossenheit

Ein Artikel von Jörg Parschau | 14.05.2019 - 15:11

Harvester und Forwarder auf den Plätzen der wiederaufgebauten Dresdner Altstadt, umringt von staunenden Bürgern, bleiben als eines der prägendsten Bilder aus dem Rahmenprogramm der Forstvereinstagung in Erinnerung. Der„Waldmarkt“ – organisiert vom Landesbetrieb Sachsenforst in enger Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung – brachte den Wald buchstäblich in die Stadt, um ihn dort anhand vielfältiger Exponate, Schautafeln, Produkte und Darbietungen als Lebensraum, Erholungsort und Wirtschaftsfaktor einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren.

Das Spektakel in der Altstadt stand ganz im Einklang mit dem diesjährigen Leitthema der Forstvereinstagung „Waldgesellschaft“. Unter dem Eindruck des zurückliegenden Katastrophenjahres trat dieses Thema am Seminartag der Veranstaltung (9. Mai) allerdings etwas in den Hintergrund: Von den Vorträgen, die parallel zueinander in fünf großen Themenblöcken gehalten wurden (Gesellschaftswald, Innovationswald, Katastrophenwald, Waldland und Waldeuropa) zogen jene im Block Katastrophenwald“ mit Abstand die meisten Forstleute an und füllten an der Tagungsstätte – dem Deutschen Hygienemuseum – den größten Saal.

 
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„Kein neues Waldsterben“: Prof. Dr. Hermann Spellmann von der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt betrachtet forstliche Hiobsbotschaften im Zusammenhang mit dem Klimawandel als unangebracht. © J. Parschau

Den Auftakt gab hier Prof. Dr. Hermann Spellmann von der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt (NW-FVA). In seinem Vortrag Waldsterben reloaded? Wie umgehen mit dem Klimawandel und seinen Begleitern? warnte der Forscher vor allzu einseitigen Hiobsbotschaften: Zwar seien die aktuellen Prognosen zur Klimaentwicklung mit großer Unsicherheit behaftet, dennoch gehe er davon aus, dass auch in Zukunft weiter mit derselben Baumartenpalette gearbeitet werden könne, die aktuell in Mitteleuropa genutzt wird. Was sich mit dem Klimawandel ändere, sei vor allem die räumliche Verteilung dieser Baumarten. Dies berge sowohl Chancen als auch Risiken, die differenziert betrachtet werden müssten. Spellmann untermauerte sein Argument mit fundierten Forschungsergebnissen und präsentierte übersichtliche Entscheidungsbäume zur zukünftigen Baumartenverwendung.

Dennoch blieb sein Vortrag nicht ohne Kritik. In der anschließenden Diskussion meldete sich Dr. Rudolf Freidhager, Vorstand der Österreichischen Bundesforste (ÖBf), zu Wort und warnte vor Verharmlosung: Angesichts von Klimaszenarien mit bis zu 4 °C Erwärmung sei im schlimmsten Fall mit mediterranen Verhältnissen in Mitteleuropa zu rechnen, die einen völligen Austausch der derzeitigen Baumartenpalette durchaus erforderlich machen könnten, so Freidhager. Dieser Schlagabtausch veranlasste wiederum einen Vertreter des Landesbetriebs Wald und Holz Nordrhein-Westfalen, auf die Notwendigkeit hinzuweisen, trotz divergierender fachlicher Meinungen als Forstbranche abgestimmt und mit einheitlicher Stimme an der öffentlichen Diskussion zum Klimawandel teilzunehmen. Andernfalls drohten die Stimmen der forstlichen Akteure in der Kakophonie der vielen Stimmen zu diesem Thema unterzugehen. Dies sei angesichts der wichtigen Rolle eines funktionierenden, multifunktional bewirtschafteten Waldes als „Rettungsanker“ im Klimawandel, die auch Spellmann in seinem Vortrag betont hatte, fatal.

Es war dieser Ruf nach Geschlossenheit, der auf der Tagung immer wieder geäußert werden sollte. Der volle Tagungsbericht wird in der Juni-Ausgabe der Forstzeitung zu lesen sein.