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Automatisch entdeckte Stämme in der Punktwolke. © Jakob Seywald, Pixabay

Laserscanning

TLS-Vermessung liegender Stämme

Ein Artikel von Jakob Seywald (BOKU), Christoph Gollob (BOKU), Dr. Tim Ritter (BOKU), Univ.-Prof. Dr. Arne Nothdurft (BOKU) | 28.02.2022 - 09:45

Terrestrisches Laserscanning (TLS) wird im Rahmen von Waldinventuren bereits erfolgreich zur automatischen Erfassung von Baumpositionen, zur BHD- und Höhenmessung sowie zur Vorratsbestimmung eingesetzt. Im Gegensatz dazu steckt die automatisierte und TLS gestützte Vermessung von im Wald liegenden Stämmen noch „in den Kinderschuhen“, obwohl diesbezüglich aus drei Gründen ein großer Bedarf besteht:

  • Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass durch Schadensereignisse – sei es Sturm oder Schnee – große Kalamitätsflächen mit liegendem Holz anfallen können. Eine schnelle und präzise Abschätzung des dadurch entstandenen Schadholzes ist für die weitere Aufarbeitungsplanung von zentraler Bedeutung.
  • Liegendes Totholz spielt eine wichtige Rolle in den Stoffkreisläufen von Waldökosystemen und bildet wichtige strukturelle Elemente mit entscheidenden ökologischen Funktionen wie Bodenschutz, Biodiversität und Kohlenstoffbindung. Im Rahmen von multifunktionalen Waldinventuren wird daher eine präzise Abschätzung der Totholzvolumina angestrebt. 
  • Bei regulären Nutzungen ist es äußerst hilfreich, eine genaue Schätzung der Position und Dimension des gefällten Holzes zu erlangen, um beispielsweise Seillinien optimal zu planen.

 

Entwicklung eines automatischen Algorithmus

Im Rahmen einer Masterarbeit am Institut für Waldwachstum der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) wurde daher ein neues lasergestütztes Verfahren zur automatisierten Vermessung des liegenden Rohholzes entwickelt. Dazu wurde ein Hiebsort mit einem TLS gescannt und so ein digitaler Zwilling des Hiebsortes in Form einer 3D-Punktwolke erstellt.

Mit einem Filterungsalgorithmus wurden alle Bodenpunkte aus der 3D-Punktwolke entfernt. Da neben den liegenden Stämmen auch noch andere Objekte wie Äste, Bodenvegetation und der verbleibende Bestand im Gelände vorhanden waren, wurden mehrere zusätzliche Filterungs- und Clusterungsschritte notwendig, um schließlich Einzelstämme aus der 3D-Punktwolke zu separieren. Die somit erhaltenen Einzelstamm-Cluster stellten die Stämme allerdings nur teilweise dar, da viele Punkte anfangs fälschlicherweise als Boden klassifiziert und entfernt wurden. Daher wurde jeder Einzelstamm-Cluster mittels einer Kreissuche entlang seiner Stammachse so lange erweitert, bis das obere beziehungsweise untere Ende des Stamms erreicht wurde. Mithilfe der so bestimmten Kreisflächen und der Stammlängen konnten schließlich Einzelstammvolumina errechnet werden.

Am Ende dieser automatischen Prozedur steht eine grafische und tabellarische Ergebnisdarstellung der Positionen, Durchmesser, Längen und Volumina der liegenden Einzelstämme. Zum Abgleich des automatisierten Vermessungsverfahrens mit Referenzdaten wurden Stammlängen mittels eines Maßbands gemessen sowie sektionsweise Kreuzkluppierungen der Durchmesser durchgeführt. 

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Hiebsort, im Hintergrund der Autor mit dem TLS. © Jakob Seywald

Hohe Entdeckungsrate und Genauigkeit

Von 43 gefällten, entasteten und abgezopften Fichten und Tannen am Hiebsort konnten 39 Stämme automatisch entdeckt werden; das entspricht einer Entdeckungsrate von 90,7%. Es gab keine falsch-positiven Entdeckungen, das heißt es wurden keine anderen Objekte fälschlicherweise als Stamm klassifiziert. Die Durchmesser konnten mit einer durchschnittlichen Ungenauigkeit von 12,3% pro Messung und einer mittleren Abweichung von insgesamt -0,4% im Vergleich zu den händischen Referenzmessungen ermittelt werden. Die Längenmessungen hatte eine durchschnittliche Ungenauigkeit von 21,1% pro Messung und eine mittlere Abweichung von -14,5% vom Referenzwert.

Obwohl der Fehler der automatischen Längenmessung relativ hoch war, konnte das Volumen dennoch sehr genau erfasst werden, da die Stämme vor allem im oberen, dünnen Stammbereich nicht richtig erkannt wurden und diese Stammabschnitte ob ihrer geringen Durchmesser nur sehr wenig zum Gesamtvolumen beitrugen. Die automatische Volumsbestimmung hatte eine durchschnittliche Ungenauigkeit von 24,1% pro Einzelbaum und eine mittlere Abweichung von -2,8% vom Referenzwert. Das bedeutet, dass vom Gesamtvolumen der 39 automatisch entdeckten Stämme (20,27 fm) ein Anteil von 97,2 % (19,69 fm) automatisch erfasst werden konnte. Durch die vier nicht automatisch gefundenen Stämme erhöht sich das Gesamtvolumen des Hiebs auf 22,16 fm, hiervon wurden 88,1 % automatisch erfasst. 

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Tabelle: Hohe Genauigkeit des automatisierten Prozesses - 39 von 43 Stämmen wurden erkannt. © Jakob Seywald

Ausblick

Die Entwicklung dieser neuen Methode zur Vermessung liegender Bäume und Stämme stellt eine wichtige Grundlagenarbeit zur Automatisierung und Digitalisierung der Waldinventur und des Kalamitätsmanagements einerseits und der forsttechnischen Planung andererseits dar. Die Vermessung der automatisch entdeckten Einzelstämme ist bereits jetzt mit sehr hoher Genauigkeit möglich (mittlere Abweichung von -2,8%).

Weiterer Forschungs- und Entwicklungsbedarf besteht darin, die automatische Entdeckungsrate (derzeit 90,7%) weiter zu erhöhen und Programmanpassungen für komplizierte Situationen vorzunehmen, insbesondere wenn die Stämme vom Schlagabraum bedeckt sind, oder wenn die Schlagordnung nicht eingehalten ist. Bereits die hier vorgestellten Ergebnisse aus der ersten Studie zeigen jedoch eine hohe Genauigkeit der automatischen und digitalen Vermessungsmethode. Es ist damit zu rechnen, dass sowohl die Totholzinventur als auch die Abschätzung von Kalamitätsholz und Erntemengen für die forsttechnische Planung in Zukunft lasergestützt und „per Knopfdruck“ funktionieren werden.

Durch die zunehmende Miniaturisierung von Laserscannern und deren Integration in digitale Endgeräte (seit 2020 verfügen beispielsweise das iPad Pro und das iPhone Pro über einen integrierten Laserscanner) ist es denkbar, dass Forstarbeiter in Zukunft von einer Smartphone-App bei der optimalen Ausformung von Stämmen unterstützt werden, indem deren Maße automatisch erfasst und eine wirtschaftlich optimale Entscheidung zur Sortimentseinteilung getroffen wird.