Der Tagungsort der Forsttagung des österreichischen Forstvereins vermittelte Würde und Erhabenheit: Die als Veranstaltungsort und Kunstfläche genutzte Burg Taggenbrunn gewährt nicht nur einen beeindruckenden Ausblick auf St. Veit/Glan, von hier aus wurde Kärnten tatsächlich auch einmal regiert. Hehre Gedanken und tiefschürfende Fragen begleiteten dann auch die Präsentationen.
Keine Zurückhaltung mehr
„Vornehmes Schweigen bringt uns als Forstleute nicht weiter“, konzidierte Johannes Wohlmacher in seinen eröffnenden Grußworten. Der Präsident des österreichischen Forstvereins verglich denn auch den Umgang der materialistisch geprägten Menschen der Gegenwart mit Plünderern eines Supermarktes, die sich wenig Gedanken über das Morgen machen. „So gehen wir allzu häufig mit den Ressourcen unsere Erde um“, warnte er. Doch das Pendel könne auch ins andere Extrem ausschlagen, unterstrich der Forstmann und Geistliche: Jenen, die das Heil im Außernutzungstellen von Waldflächen sehen, warf er „naturromantische Naivität“ vor.
Diese Art von „Waldschutz“ als Reflex von Teilen der Gesellschaft sei fehlgeleitet, sekundierte Johannes Thurn-Vasassina in seinen Einleitungsworten. „Jetzt ist ganz im Gegenteil Kompetenz und enormes Engagement nötig“, fügte der Präsident des Kärntner Forstvereins hinzu.
Biodiversität als schlüssel
„Der Klimawandel zählt neben Luftverschmutzung, biologischen Invasionen und Landnutzungsänderungen zu den größten Gefährdungen der Biodiversität“, betonte Dr. Katharina Lapin vom Bundesforschungszentrum für Wald (BFW). Die Außernutzungsstellung des Waldes sei in großen Teilen der Sukzession aus Biodiversitätssicht sogar kontraproduktiv. Sie sprach sich vielmehr für die geschickte Verquickung von bewirtschafteten Wäldern und unbewirtschafteten Bestandesteilen („Trittsteinbiotopen“) aus. „Waldbiodiversität ist die Grundlage für eine Vielzahl von Ökosystemleistungen der Wälder“, stellte die absolvierte Landschaftsplanerin fest.
Die Existenz längerer Trockenperioden sei erdgeschichtlich gesehen nicht neu. Die Kombination mit steigenden Mitteltemperaturen sowie mit der veränderten Häufigkeit von Spätfrostereignissen machten Trockenheit heute aber gefährlicher denn je, hob Dr. Silvio Schüler, Waldbau- und Waldwachstumsforscher am BFW, hervor. Er präsentierte Studienergebnisse, denen zufolge die gestiegene Temperatur den Jahreszuwachs der meisten Baumarten fördere, aber gleichzeitig auch deren Lebenserwartung absenke. Andere Forschungsprojekte zeigten, wie durch die Auswahl bester Herkünfte („Assisted Migration“) im Vergleich zur Naturverjüngung lokaler Herkünfte bei unterschiedlichen Szenarien der Erderwärmung die Kohlenstoffaufnahme signifikant gesteigert werden könne – bei Laub und Nadelbäumen. „Waldbewirtschafter besitzen bereits ein breites Portfolio aktiver Anpassungsmaßnahmen. Wir müssen aber daran arbeiten, besser darüber zu informieren und aufzuklären“, appellierte Silvio Schüler an seine Zuhörer.
Führen Sie Biologielehrer*innen durch Ihren Wald, sprechen Sie mit regionalen Redakteuren. Das sind Meinungsmultiplikatoren! Wir haben uns lange genug hinterm Baum versteckt!
Klimaschutz durch Wald- und Holznutzung
Zu einem leidenschaftlichen Plädoyer für die Holznutzung geriet die Präsentation von Prof. Dr. Hubert Röder. „Kohlenstoff, aus dem unser Holz großteils besteht, ist der Baustein des Lebens – nicht etwa Stahl oder Stein!“, rief der Nachhaltigkeitsökonom an der Hochschule Weihenstephan auf der großen Forsttagungsbühne. Vor allem gegen den Klimawandel nehme der Holzzuwachs im Wald und die Verwendung von Holz im Kohlenstoffkreislauf eine Schlüsselrolle ein. Es gelte daher, nicht Vorrats-, sondern Zuwachsmaximierung in unseren Wäldern anzustreben. „Nachhaltige Waldbewirtschaftung und die Verwendung von Holz leisten einen wesentlich größeren Klimaschutzeffekt als der Waldvorrat und die Humusbildung zusammen. Stilllegung von Wäldern ist deshalb schlicht die schlechtere Alternative. Mit – nicht trotz – der verantwortungsvollen Nutzung unserer Wälder erreichen wir Artenvielfalt und Klimaschutz“, bestätigte der Bayer. In Schweden betrage der Holzbau-Anteil im Wohnbau 55% – „und das nicht erst seit gestern“. Und auch in unseren Breiten solle bald der Grundsatz gelten: „Wer heute bauen will und dabei nicht Holz als hauptsächlichen Baustoff verwendet, sollte das begründen müssen.“ Zukunftsorientierte Energieanbieter würden die Erzeugung von Bioenergie mit der Produktion von Biokohle verbinden, nannte der Wissenschaftler ein Beispiel für den Begriff „Negative Emission Technologies“. „Wir können, was wir in den vergangenen 250 Jahren falsch gemacht haben, durch Biokohle und Holzbau wieder korrigieren“, schloss er.
Herausforderungen sportlich nehmen
Die komplexe Wirkungsvernetzung von Arbeitskräftemangel sowie Klima- und gesellschaftlichem Wandel skizzierte Willibald Ehrenhöfer, Leiter des Forstbetriebs Franz Mayr-Melnhof Saurau, in seiner Präsentation über Herausforderungen in der Branche. Höhere Laubholzanteile in unseren Wäldern werde mehr Know-how und Aufmerksamkeit bei den forstlichen Arbeitskräften brauchen. „Wo haben wir aktuell über 90% Fichte stehen, wo sie heute schon am Rande ihres standörtlichen Potenzials ist?“, fragte Willibald Ehrenhöfer. Baumartenwahl und Genetik seien aber ebenso entscheidende Zukunftskriterien wie Initiativen, unser Handeln für „die anderen“ nachvollziehbarer zu machen. „Führen Sie Biologielehrer*innen durch Ihren Wald, sprechen Sie mit regionalen Redakteuren. Das sind Meinungsmultiplikatoren! Wir haben uns lange genug hinterm Baum versteckt! Von der Biodiversität alleine werden wir nicht leben können!“