Blick in die Krone einer dürregeschädigten Linde: Die Blätter sind teils braun und abgestorben, teils frühzeitig vergilbt. © Gernot Hoch / BFW
Die erste Jahreshälfte zeigte sich in Österreich wieder einmal sehr warm – im bundesweiten Flächenmittel lagen die Temperaturen + 1,8°C über dem Mittel 1981-2010 (das bekanntermaßen schon einige recht warme Jahr beinhaltet) – und es war vor allem sehr trocken. Bundesweit fielen 30% weniger Niederschlag als im langjährigen Mittel. In manchen Regionen, wie etwa um Wien, im Bregenzerwald oder im Innviertel lagen die Niederschlagsdefizite gar bei 50 bis 70 %, wie die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) berichtet.
Hohe Temperaturen und Sonneneinstrahlung verschärfen den Wassermangel, da die Verdunstung steigt. Es lohnt auch ein Blick auf die absoluten Niederschlagsmengen: Besonders dramatisch stellt sich die Trockenheit im Juli dar. Betroffen waren hier der Nordosten, Osten und Süden von Österreich, das westliche Oberösterreich und der Salzburger Flachgau sowie Vorarlberg. Der Niederschlag betrug beispielsweise für die Hohe Warte in Wien nur 26 mm und für Bregenz nur 90 mm (71 mm beziehungsweise 185 mm im langjährigen Mittel). Für mehr Details sei auf die Klimamonitoring-Webseite der ZAMG auf https://www.zamg.ac.at/cms/de/klima/klima-aktuell/ verwiesen.
Diese Witterungssituation bleibt nicht ohne Folgen für die Baumvegetation. Erste Symptome sind anhand von Verfärbungen des Laubes deutlich sichtbar. Bei Ahorn und Linde etwa sieht man – zuerst auffällig an Bäumen im städtischen Bereich – typische braune Nekrosen am Blattrand, bei Linden teils auch gelbe Blätter. Auffällig sind seit Ende Juli auch die Buchen, deren braun verfärbte Kronen auch in Waldgebieten schon von weitem sichtbar sind. In weiterer Folge kann früher Blattfall einsetzen.
Wie wirkt die Dürre auf den Baum?
Als akute Auswirkung können irreversible Embolien in den Leitungsbahnen des Baumes entstehen, die Wasserversorgung bricht oberhalb im betroffenen Bereich zusammen. Rascher hydraulischer Kollaps kann zum Absterben von Teilen der Krone, vom Wipfel oder sogar von ganzen Bäumen führen. Eine Studie an Fichten in der Schweiz im Dürresommer 2018 lieferte dazu sehr anschauliche Daten. Bleibt das Ausmaß der Embolien unter einem kritischen Bereich, kann sich der Baum wieder erholen. Prinzipiell versucht ein Baum, sich vor dem Versagen des Wassersystems zu schützen. Dazu schließt er bei Wassermangel die Spaltöffnungen der Blätter und stellt die Photosyntheseleistung ein. Dauert eine derartige Phase lange, gerät der Baum allerdings in eine Nahrungsmangelsituation. Auch dies beeinträchtigt die Vitalität. Darüber hinaus treten Schäden am Wurzelsystem auf.
Weiters kommt es zu einer erhöhten Anfälligkeit für sekundäre Schadorganismen (Organismen, die eine Vorschädigung des Wirtsbaumes benötigen, um diesen erfolgreich zu befallen), wie etwa Borkenkäferarten, andere rindenbrütende Insekten oder manche Pilze. Nicht selten sind es diese Organismen, die den dürregeschädigten Baum letztlich zum Absterben bringen.
Es ist anzunehmen, dass teils noch heuer, meist aber im kommenden Jahr auffällige Schäden durch manche dieser Insekten oder Pilze zu beobachten sein werden. Die Massenvermehrung des Buchdruckers (Ips typographus) und das dadurch verursachte großflächige Absterben von Fichten im Norden Österreichs sowie auch im angrenzenden Ausland in Folge des extremen Sommers 2015 hat uns diese Wirkung deutlich vor Augen geführt.
Geschlängelte, mit gestopftem Bohrmehl gefüllte Larvengänge unter der Rinde und D-förmige Käfer-Ausbohrlöcher des Prachtkäfers Agrilus viridis. © Gernot Hoch / BFW
Weitere Borkenkäferarten treten vermehrt auf
Nicht nur die Fichten sind nach Dürreperioden durch sekundäre Schädlinge gefährdet. Seit einigen Jahren sehen wir bei Kiefernarten hohe Schadholzvolumina durch verschiedene Borkenkäfer, hier besonders den Sechszähnigen Kiefernborkenkäfer (Ips acuminatus), die im Jahr 2019 Schäden von über 230.000 Vfm verursachten und danach wieder etwas zurückgingen. Beachtlich war auch die Vermehrung der Tannenborkenkäfer (Pityokteines spp.), die in Vorarlberg nach dem sehr trockenen Sommer im Jahr 2019 besorgniserregende Ausfälle bei alten Tannen verursachten. Die niederschlagsreicheren Folgejahre beruhigten die Situation wieder. Nunmehr muss aber mit einem neuerlichen Aufflackern dieser Borkenkäferprobleme in trockengestressten Wäldern gerechnet werden.
Auch an Laubbäumen werden sich sekundäre Schadinsekten einstellen, neben Borkenkäfern können hier auch eine Reihe von Bockkäfern oder Prachtkäfern bedeutend werden. Nach dem heiß-trockenen Jahr 2003 war etwa an Buchen ein verstärktes Auftreten des Buchenborkenkäfers (Taphrorychus bicolor) bzw. des Buchenprachtkäfers (Agrilus viridis) zu verzeichnen.
Diplodia-Triebsterben bei Schwarzkiefer und anderen Nadelbäumen
Zunehmende Temperaturen und Trockenstress begünstigen viele fakultative Krankheitserreger unter den Pilzen. Das Diplodia-Triebsterben, verursacht durch den Mikropilz Sphaeropsis sapinea, hat in den vergangenen 30 Jahren im gesamten Schwarzkiefernareal immer wieder und in geringer werdenden Abständen epidemische Ausmaße erreicht und zu großen Ausfällen geführt. Winter mit milden Temperaturen ermöglichen das Überleben großer Sporenmassen (Infektionspotenzial), wiederholte Regenperioden im Frühling fördern die Entwicklung neuer Sporen auf abgestorbenen Zweigen und Ästen. Folgen dem außergewöhnliche Trockenperioden, so kommt es zu besonders massiven Infektionen vor allem dann, wenn die Jahrestriebe nicht ausreichend ausreifen konnten. Das Infektionspotenzial hat sich im Osten Österreichs inzwischen so stark entwickelt, dass die Art auch am Absterben anderer Koniferen wie beispielsweise Douglasien beteiligt ist.
Auch Wurzelfäule-Pilze können Klimafolger sein. Der Spindelige Rübling (Gymnopus fusipes) ist ein Wurzelfäule-Erreger bei verschiedenen Eichenarten und als solcher auch in Österreich heimisch. In den vergangenen Jahren haben Fälle von Absterben vor allem von Roteichen durch diese Pilzart an Bedeutung gewonnen, was auf eine Kombination standörtlicher bedingter Probleme (kalkhaltige Böden) und zunehmendem Trockenstress zurückzuführen ist.
„Harmlose“ Pilze werden zu Krankheitserregern
Zu den Pilzarten, die durch Trockenheit und Hitze geschwächte Bäume befallen, kommen zunehmend solche, die sich direkt temperaturgesteuert von harmlosen Bewohnern abgestorbener Pflanzenteile oder symptomlos in lebenden Geweben überdauernden Pilzen (Endophyten) zu aggressiven Krankheitserregern wandeln. Der entscheidende Faktor hierbei sind nicht so sehr Extremwerte der Lufttemperatur, sondern die Wärmemenge, die bestimmte Grenzwerte überschreiten muss, damit dieser Prozess abläuft.
Dazu gehört der Erreger der Ahorn-Rußrindenkrankheit, Cryptostroma corticale, der als „Schläfer“ im Kernholz von Ahornbäumen ein stilles Dasein fristet und nur in sommerlichen Hitzewellen im Holz Richtung Rinde wächst und diese großflächig zum Absterben bringt. Ein weiterer Rindenzerstörer, der Rotbuchen-Rindenkugelpilz (Biscogniauxia nummularia), ein weit verbreiteter, normalerweise nur an toten Zweigen und Ästen lebender Pilz, befällt in sommerlichen Hitzeperioden Stämme von Buchen und verursacht dort ebenso großflächige Stamm-Läsionen mit Todesfolge für den Baum. Beide Pilzarten nehmen seit einigen Jahren vor allem in außeralpinen Waldbeständen Österreichs zu.
Einen speziellen Bezug zur Klimaänderung kennzeichnet die ansteigende Häufigkeit von Infektionen durch den Zweigkrebs der Buche (Neonectria parasitica). Diese Art ist ein Wundparasit, der Zweige und Äste unterschiedlicher Größe infiziert, dort Wucherungen auslöst, was bei Altbuchen zu starker Verlichtung der Kronen und damit zur generellen Schwächung führen und die natürliche Verjüngung der Buchen nahezu gänzlich unterbinden kann. Der entscheidende, Infektionen fördernde Faktor ist dabei die Zunahme der Häufigkeit (und Stärke) von Hagelereignissen. Die dabei entstehenden Wunden begünstigen Infektionen durch den Zweigkrebs. So werden stark verlichtete Buchen vor allem in Gebieten, in denen häufig Gewitter auftreten, immer zahlreicher.
Flächige Sporenproduktion von Cryptostroma corticale auf einem absterbenden Ahornstamm (Rußrindenkrankheit an Ahorn). © Thomas Cech / BFW
Befallene Bäume rasch entnehmen
Gegen die Dürre können Waldbewirtschafterinnen und -bewirtschafter kurzfristig nichts unternehmen. Lang- und mittelfristig ist die Entwicklung klimafitter, artenreicher Wälder weiter voranzutreiben. Gehandelt werden kann und muss allerdings beim Auftreten von Schadorganismen. Beim Buchdrucker und der Fichte ist allgemein bekannt, dass nur rasche Gegenmaßnahmen eine Massenvermehrung eindämmen können. Ebenso sollen bei Borkenkäfern an Kiefer und Tanne befallene Bäume rasch entnommen werden, um eine Vermehrung der Käfer und eine Ausweitung des Befalls zu unterbinden oder zumindest zu dämpfen.
Mischen, mischen, mischen
Bei den pilzlichen Krankheitserregern steht die Förderung von baumartenreichen Waldbeständen gegenüber jeglichen Monokulturen im Vordergrund der vorbeugenden Strategie zur nachhaltigen Vermeidung klimatisch ausgelöster Epidemien. Gerade bei diesen Pathogenen kann der Befallsdruck zum ausschlaggebenden Faktor werden und dieser kann nur durch Reduktion des befallsfähigen Pflanzenmaterials wirkungsvoll reduziert werden. Daraus resultiert auch als Folge der Durchmischung möglichst vieler nicht verwandter Baumarten die Herabsetzung des Infektionserfolges als weiterer epidemiologisch bedeutender Effekt. Darüber hinaus ist sowohl bei der Begründung als auch Sanierung von Beständen der Auswahl geeigneter Standorte unter Berücksichtigung auch lokalklimatischer Gegebenheiten mehr Augenmerk zu widmen. Hygienische Maßnahmen sind bei Pilzkrankheiten nur in spezifischen Fällen erfolgversprechend, wobei hier vor allem das Entwicklungsstadium des Befallsherdes zu berücksichtigen ist.