Unbestritten erfordern die Klimawandelfolgen eine kollektive Kraftanstrengung zur Sicherung gesellschaftlich gewünschter Waldwirkungen. Zur Bewältigung der Umwelt- und Klimakrise werden aktuell beachtliche öffentliche Mittel eingesetzt, um neues Wissen zu generieren. Das geschaffene Waldwissen muss auf der Fläche ankommen. Forstfachliche Beratung leistet einen wesentlichen Beitrag zum Wissenstransfer an die Basis. Neben den forstlichen Institutionen gibt es in den Reihen der forstlichen Ziviltechniker- und Ingenieurbüros die Expertise zur Entwicklung zukunftsfähiger Wälder.
Forstberatung: systemische Problemlösung mit Blick auf das Gesamtsystem Wald © Ch.Huber , F. Reiterer, Forstzeitung
Systemischer Ansatz
In der Forstberatung geht es zuallererst nicht um Wälder, sondern um Menschen. Hinter jedem Baum steht ein Mensch oder ein soziales System (Eigentümerfamilie, Besitzgemeinschaft, Körperschaft). Es gilt, mehrere Systeme in Einklang zu bringen. Das Ökosystem aus Boden, Klima und Biosphäre ist im forstwirtschaftlichen Betrieb Basis der Bewirtschaftung. Es soll langfristig zum Nutzen der Eigentümer gestaltet werden. In menschlichen Systemen wie Familien oder Betrieben gibt es vielfach ein komplexes internes Beziehungsgefüge. Neben Fachkompetenz ist in der Beratung Sozialkompetenz wichtig.
Ferner gibt es enge Verflechtungen mit dem System Gesellschaft: Zur Sicherung der sozialen Waldfunktionen sind der Flächennutzung enge (gesetzliche) Grenzen gesetzt. Überdies gibt es aktuell zwischen waldbewirtschaftenden Personen, Naturschützern und Wildnis-Befürwortern einen Diskurs um die Deutungshoheit im Wald. Marktfähige Produkte der Waldbewirtschafter sind bislang vor allem Holz- und Nichtholzprodukte. Für Ökosystemleistungen sind die Absatzmärkte derzeit noch sehr gering. Es sollten diese jedoch aufgebaut und etabliert werden. Beim Klimaschutz müssen wir vor allem an die Waldböden denken. Letztlich hängen alle gewünschten Waldwirkungen an der Produktivität intakter Böden.
Unabhängig von der Fragestellung sind Lösungen in diesem systemischen Gefüge zu suchen. Systemische Lösungen gehen vom Gesamtsystem aus. Wie in allen Branchen sind professionelle Beraterinnen und Berater grundsätzlich problemneutral. Beratung ist ein Prozess, bei dem die Beratenden zunächst die richtigen Fragen stellen müssen. Der Beratungsauftrag muss somit klar definiert sein.
Standortsangepasster Waldumbau durch Standortserkundung und Beratung vor Ort. Neue digitale Tools zur Baumartenwahl sind dabei hilfreich. © Ch.Huber , F. Reiterer
Erfolgspotenziale sichern
Das operative Waldmanagement ist oft geprägt von kurzfristigem Reagieren. Vor allem bei größeren betrieblichen Einheiten erfordert das adaptive Waldmanagement längerfristige Perspektiven. Strategie bedeutet, „das Richtige“ zu tun.
Strategisches Management erfordert Zielklarheit. Absehbare Entwicklungen müssen mitunter antizipiert werden. Beratung hilft, Betriebsziele zu klären, Chancen und Risiken aufzuzeigen, Zielkonflikte zu erkennen sowie mittelfristige Erfolgspotenziale aufzubauen. In der operativen Umsetzung geht es folglich darum, die Dinge richtig zu tun.
Strategische Ziele
Ein ausformuliertes betriebliches Leitbild gibt es selten. Wenngleich die Erwirtschaftung nachhaltiger Erträge meist ungeschrieben das vorrangige Betriebsziel ist, können mehrere strategische Ziele unterschieden werden. Bei der Entwicklung mittelfristiger Produktions- und Nutzungsstrategien geht es zumeist um den Ausgleich von Vermögenszielen und Ertragszielen. Das Produktionskapital sind die Waldbestände. Mitunter geht es um die Frage, ob Waldvermögen auf- oder abgebaut oder ob das Idealbild einer ausgeglichenen Altersklassenverteilung wie bisher verfolgt werden soll. Dabei ist insbesondere auch die Frage der Umtriebszeit zu erörtern.
Mitunter sind Modellrechnungen hilfreich: In der Forstökonomie wird unterschieden zwischen der Umtriebszeit des größten Massenertrages und jener des größten Geldertrages. Schließlich gilt es, den Aspekt der Sicherheitsziele einzubeziehen wie etwa die Bedeutung der sicheren Geldanlage. Risiko ist fixer Bestandteil jeder unternehmerischen Tätigkeit. In der Flächennutzung gibt es zumeist risikoreiche oder risikominimierende Bewirtschaftungsvarianten. Oft ist überdies die Erschließung noch ein wichtiges Thema. Letztlich müssen in Betrieben mit Eigenjagdrecht die jagdlichen Ziele geklärt werden.
Klimaanpassung braucht Wald(bau)-Wissen
Vor allem in Betrieben mit regelmäßiger Nutzung sollten Beratungen zur mittelfristigen Strategiefindung auf Fakten basieren. Grundlage dafür ist eine aktuelle Waldinventur, aus der wesentliche Strukturdaten wie Altersklassen- und Baumartenverteilung hervorgehen. Die Informationsgewinnung ist mittels Fernerkundungsdaten mittlerweile wesentlich erleichtert. Eine Befundaufnahme vor Ort ist jedoch unabdingbar. Idealerweise sollten die Strukturdaten mit einer standörtlichen Information verknüpft sein, denn zumeist gibt es eine standörtliche Vielfalt. Pflege- und Nutzungskonzepte sollten nach Standortsbetriebsklassen gegliedert sein. Im Rahmen der betrieblichen Beratung sollte ein Waldbaukonzept nach standörtlichen Betriebsklassen formuliert werden. Dieses ist in der Folge die Grundlage für ein mittelfristiges Bewirtschaftungskonzept zur betrieblichen Klimaanpassung.
Perspektiven
Künftige Arbeitsgebiete und Perspektiven selbständiger Forstberaterinnen und Forstberater könnten sein:
- Projektförderung und Waldfachplan: In Gebieten mit erhöhter Bedeutung der sozialen Waldfunktionen (etwa in Gebieten mit der Ziffer 2 und 3 laut Waldentwicklungsplan) besteht ein erhöhter Bedarf zur Nutzungskoordination. Wenn es eine zunehmende gesellschaftliche Nachfrage nach Schutz-, Wohlfahrts- und Erholungsfunktionen gibt, sollten diese Ökosystemleistungen fair abgegolten werden. Das aktuelle Fördersystem trägt dem ansatzweise Rechnung. Die ehemalige Projektförderung hat die Möglichkeit geboten, betriebsübergreifend und koordiniert Maßnahmen zur Waldverbesserung umzusetzen. Dies wäre auch künftig hilfreich. Mitunter würden Waldfachpläne den geeigneten forstgesetzlichen Rahmen dafür bieten.
- Coaching und Mentoring: Coaching und Mentoring sind in der freien Wirtschaft fixer Bestandteil der Unternehmensberatung. Coaching, insbesondere systemisches Coaching, ist meist thematisch definiert, zeitlich begrenzt und stark zielorientiert. Beim Mentoring geht es meist um einen längerfristigen Erfahrungsaustausch und Wissenstransfer zwischen zwei Personen (Mentor und Mentee). Vor allem in betrieblichen Übergangsphasen sowie insbesondere in waldbaulichen Spezialfragen könnten damit neue Wege in der Beratung beschritten werden.
- Gruppenberatung: Der zwischenbetriebliche Erfahrungsaustausch bietet Chancen für zusätzlichen Informationsgewinn. Eine Community of Practice (CoP) ist eine praxisbezogene Gemeinschaft von Personen, die ähnlichen Aufgaben gegenüberstehen und voneinander lernen wollen. Waldwirtschaftsgemeinschaften oder Waldpflegevereine verfolgen mitunter diese Ziele. Für externe Wissensdienstleister gäbe es ein Arbeitsfeld in der Koordination und Moderation regionaler Kooperativen.
- Biodiversität und Klimaschutz: Waldbewirtschaftung erfolgt im Schaufenster der Öffentlichkeit. Betreffend Biodiversität und Klimaschutz mit Wald ist die Zivilgesellschaft sensibilisiert. Greenwashing und Ökopopulismus sind verbreitet. Integrative Waldbewirtschaftung schließt Arten- und Klimaschutz ein. Faktenbasierte Beratung ist zunehmend gefragt.
- Förderungen: Waldberatung ist zumeist auch Förderberatung. Selbständige Beraterinnen und Berater mit aufrechter Befugnis oder Konzession sind gewerberechtlich zur Vertretung vor Behörden befugt. Dies betrifft auch die Einreichung von Förderanträgen.
- Waldwissen laufend verbessern: Beratungsqualität erfordert laufende Weiterbildung. Innerhalb der professionell beratenden Berufsgruppen gibt es zur Qualitätssicherung die Weiterbildungspflicht. Zum Wissensaustausch sollten nationale Netzwerke und internationale Kontakte verstärkt genutzt werden. Es könnte die Einführung von Beratungsschecks diskutiert werden. „Train the Trainer“- Angebote sind in vielen Branchen üblich. Eine Anregung wäre, selbständige Waldberaterinnen und Waldberater in den Kreis der Waldbaureferenten zu integrieren.
Klimaanpassung braucht Motivation und Innovation. Waldwissen schafft Vorsprung, wenn es um den Aufbau zukunftsfähiger Wälder geht.
Webtipp: www.zt-forst.com und www.forstbuero.at