„Die sich aus der Benützung der Weganlage durch Radfahrer ergebende Haftung des Wegehalters und des jeweiligen Grundeigentümers der angrenzenden Flächen wird zur Gänze vom Tourismusverband übernommen. Der Tourismusverband übernimmt gegenüber den fahrberechtigten Radfahrern die Funktion eines Halters im Sinne des § 1319a ABGB und ist verpflichtet, die Straße, jedoch nur für Radfahrzwecke, im Sinne dieser Bestimmungen instand zu setzen und instand zu halten. Er wird die [in einer forstlichen Bringungsgenossenschaft zusammengefassten] Wegbenützungsberechtigten und deren Dienstnehmer in Ausübung des Dienstes gegen alle Ansprüche der Radfahrer und Dritter im Zusammenhang mit dem Radfahren schadlos halten. Die Forststraße wird von der Bringungsgenossenschaft nur insoweit erhalten, als dies für die forstbetrieblichen Zwecke erforderlich ist.“
So oder ähnlich steht es österreichweit in fast allen Mountainbike- und Radfahr-Gestattungsverträgen, die im Zusammenhang mit der Freigabe von Forststraßen zur Mitbenützung durch Radfahrer in den letzten Jahren auf Grundlage entsprechender Musterverträge ausgehandelt und abgeschlossen wurden. Die Bedenken, dass eine derartige Haftungsübernahme durch den sehr kompakt gehaltenen Inhalt dieser Musterverträge allein nicht möglich sein würde, haben sich durch eine jüngst ergangene Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (OGH 3Ob 90/23s) bestätigt. Ein Urteil dazu hat klargestellt, dass die in den jeweiligen Musterverträgen formulierte, vollständige Haftungsübernahme durch einen Projektträger (wie etwa Tourismusverband oder Gemeinde) rechtlich so nicht möglich ist und die Bringungsgenossenschaften diesfalls weiterhin mithaftende Mithalter der Forststraße bleiben.
Für Schäden, die durch den mangelhaften Zustand eines Weges verursacht werden, haftet der für den ordnungsgemäßen Zustand verantwortliche Halter des Weges (§ 1319a ABGB). Halter eines Weges ist derjenige, der die Kosten für die Errichtung und / oder Erhaltung des Weges trägt sowie die Verfügungsmacht hat, erforderliche Maßnahmen zu setzen.
Überschneidungen von Instandhaltungspflichten
Eine forstliche Bringungsgenossenschaft wird jedenfalls bereits mit der Errichtung ihrer Forststraße zur Wegehalterin. Die Errichtung und grundsätzliche Erhaltung der Forststraße zu forstwirtschaftlichen Zwecken bildet sachlich wie auch rechtlich die grundlegende Voraussetzung für deren Mitbenutzung als Mountainbike‑Strecke – ohne Forststraße keine (darauf aufbauende) Radroute. Da jedoch die für die Nutzung als Mountainbike‑Strecke erforderliche Instandhaltung grundsätzlich über die rein für die forstwirtschaftliche Nutzung nötige hinausgeht, kommt es zwangsläufig zu einer Überschneidung der Instandhaltungspflichten der Bringungsgenossenschaft und des Projektträgers, was eine vertragliche Regelung erforderlich macht.
Wird nun die Instandhaltung, etwa in Bezug auf die Nutzung durch Radfahrer, vertraglich durch einen Projektträger (beispielsweise Tourismusverband oder Gemeinde) übernommen, so wird dieser Projektträger zum Mithalter der Forststraße. Im Außenverhältnis – etwa verunfallten Radfahrern gegenüber – hafteten die Bringungsgenossenschaft und der Projektträger damit zur ungeteilten Hand. Die im Nutzungsvertrag vereinbarte Haftungsübernahme betrifft nämlich nur das Innenverhältnis. Die Mithaltereigenschaft der Bringungsgenossenschaft und des Projektträgers ergibt sich insbesondere auch daraus, dass beide die Verfügungsmacht haben, Instandhaltungsarbeiten durchzuführen, und zwar die Bringungsgenossenschaft hinsichtlich der forstwirtschaftlichen Nutzung der Forststraße, der Projektträger hingegen hinsichtlich der Nutzung durch Radfahrer. Es ist daher im Innenverhältnis eine ganz klare und ausführliche vertragliche Regelung darüber erforderlich, welche Instandhaltungsarbeiten konkret von wem durchzuführen und auch im Haftungsfall zu verantworten sind, damit im Schadensfall eindeutig festzustellen ist, in wessen Verantwortungsbereich die Unfallursache gelegen ist.
Auf Mitspracherecht achten
Eine ganz klare, detaillierte vertragliche Regelung ist auch schon deshalb unabdingbar, weil auf die hier gegebene Rechtsbeziehung zwischen der Bringungsgenossenschaft und dem Projektträger – was also den Gebrauch und die Nutzung der Forststraße als „gemeinsame Sache“ betrifft – für alle nicht vertraglich besonders geregelten Fälle die für Eigentumsgemeinschaften geltenden Regeln der §§ 825 ff ABGB analog anzuwenden sind (OGH 1Ob210/19t). Das bedeutet vor allem, dass bei geplanten wichtigen Veränderungen zur Erhaltung oder besseren Benützung der Forststraße die Bringungsgenossenschaft nicht mehr allein entscheidet, sondern Einstimmigkeit mit dem Projektträger erreicht werden muss. Falls dies nicht zustande kommt, ist eine Gerichtsentscheidung erforderlich.
Keinesfalls anzuraten ist eine auf den ersten Blick verlockend erscheinende, vollumfängliche Übertragung der Haltereigenschaft und damit Wegehalterhaftung auf den Projektträger. Damit würden nämlich die Bringungsgenossenschaft wie auch die Grundeigentümer, über deren Grundstücke die Forststraße verläuft, auf ihr Mitspracherecht verzichten, wenn es um irgendeine über das Betreten zu Erholungszwecken hinausgehende Benützung der Forststraße geht: Diese Zustimmung erteilt nämlich allein jene (natürliche oder juristische) Person, der die Erhaltung der Forststraße obliegt.
Webtipp: www.waldrecht.at
Wie bleibt oder wird man Mithalter einer Forststraße?
- Mithaltereigenschaft wird jedenfalls durch die vertragliche Übernahme der Instandhaltung hergestellt
- ein bloßes Interesse am Bestehen einer Verkehrsfläche (etwa: Bedeutung eines Weges für den Tourismus in einer Gemeinde) begründet die Haltereigenschaft hingegen noch nicht
- Mithaltereigenschaft kann auch ohne vertragliche Vereinbarung, durch stillschweigende Handlungen / Duldungen entstehen.
Mithalter einer Forststraße hafteten im Außenverhältnis (dem durch den mangelhaften Zustand der Straße zu Schaden Gekommenen gegenüber) zur ungeteilten Hand.