Herr Michelitsch, wie beurteilen Sie die Marktlage für Forstunternehmer heute?
Peter Michelitsch: Durch die Stürme und Käferkalamitäten lastet ein immer höherer Druck auf uns. Gleichzeitig verfallen für unsere Kunden – die Waldbesitzer – die Holzpreise immer mehr. Das zieht freilich auch uns in Mitleidenschaft. Eine meiner wesentlichen Forderungen erhebe ich schon seit Langem: Man möge doch die Forstunternehmer entlasten. Wir sind auf wegelosem Gelände unterwegs, bezahlen aber die Mineralölsteuer in voller Höhe, die ja zur Straßenerhaltung herangezogen wird. Aber das betrifft nicht nur unsere Erntemaschinen, sondern auch die Motorsägen. Die Mineralölsteuer verursacht nach etwa 300 Arbeitstagen so viele Kosten, wie der Neupreis einer Motorsäge ausmacht. Das gibt es in keiner anderen Branche!
Mit Biotreibstoff würde man diesem Dilemma freilich entgehen, oder?
Ja, aber der ist dreimal so teuer! Für die Mitarbeiter ist laut Arbeitnehmerschutzgesetz die Verwendung von Biokraftstoff übrigens vorgeschrieben.
Die holzverarbeitende Industrie hat in den vergangenen Jahren ja recht gut von der Lage am Rundholzmarkt gelebt ...
Tatsache ist, dass sich die Säge- und die Zellstoffindustrie derzeit eine goldene Nase verdienen. Wir bekommen als Forstunternehmer und Waldbesitzer von dem Kuchen, den die Holzverarbeiter derzeit verdienen, überhaupt nichts ab. Denn mit den Rundholzpreisen kommen auch unsere Aufarbeitungspreise unter Druck. Die Landwirtschaftskammer und Vertreter der Waldbesitzer sind hier nicht bereit, irgendeine Art von Unterstützung zu initiieren. Ich verlange schon seit über einem halben Jahr einen Runden Tisch, an dem die Säge-, die Papierindustrie und die Landwirtschaftskammer mit uns Unternehmern nach Lösungen suchen. Dabei wäre es die Pflicht der Landwirtschaftskammer, ihre Klientel zu vertreten. Aber es passiert hier nichts! Sie haben alle Angst, etwas verändern zu müssen.
Wie sieht es etwa beim Sägerestholz und bei der Rinde aus?
Ja, das ist eine weitere Frage, die ich mir immer wieder stelle. Warum ist die Rinde ab dem Werkstor plötzlich nichts mehr wert? Die Sägewerke bekommen sie ja mehr oder weniger gratis von uns bereitgestellt! Auch der Frächter transportiert das Holz in Rinde – und auch er hat nichts davon. Die Rinde gehört endlich einmal abgegolten! Da müsste man darüber verhandeln, wie man das regeln kann. Und auch das Restholz wird nicht bezahlt! Das ist eine gewaltige Schieflage!
Welche Strategie gäbe es für die Forstseite aus dieser Sackgasse?
Wir benötigen neue Anwendungen für unser unterbezahltes Holz! Das neue Regierungsprogramm sieht die Möglichkeit der Gewinnung synthetischer Treibstoffe aus Holz vor. Das wäre von enormer strategischer Bedeutung, damit könnten wir auch bei Preisverhandlungen anders auftreten. Die Forstseite sollte diesen Zug nicht verpassen, denn diese Chance kehrt vielleicht nie wieder!
Gibt es eine ausreichende Anzahl seriöser Forstservice-Anbieter im Land, um den immensen Sturm- und Käferholzanfall zu bewältigen? Gibt es etwa in der Steiermark genug Aufarbeitungskapazität?
Ja, natürlich! Es ist nur immer die Frage, in welcher Größenordnung eine Kalamität auftritt. Wir haben freilich auch den „Schadenstourismus“. Das heißt, wenn eine größere Kalamität eintritt, kommen Unternehmen aus anderen Ländern und unterbieten oft die heimischen Firmen. Der wahre Flaschenhals aber sind immer die Sägewerke sowie die Papier- und Zellstoffindustrie! Bei den jüngsten Schadereignissen waren derart große Aufarbeitungskapazitäten vorhanden, dass die verarbeitende Industrie diese Mengen nicht termingerecht aufnehmen konnte. Die Sägeindustrie reagierte mit Aufnahmestopps und Zufuhrsperren. Die rasche Aufarbeitung ist im Prinzip gar nicht notwendig, weil die Säge und die Papierindustrie die Holzmengen nicht aufnehmen können.
Was sind, berufspolitisch gesehen, die größten Herausforderungen für den Verband der Forstunternehmer?
Das Wichtigste ist wohl, die Sicherheit im Wald zu steigern! Wir haben leider jedes Jahr viele Tote und Schwerverletzte im Wald! 80% der Personen, die im Wald an einer Seilbahn arbeiten, sind Ausländer. Eine adäquate Ausbildung sollte Voraussetzung sein! Die Sicherheitskultur gehört auch überarbeitet. Im Kollektivvertrag ist geregelt, dass der Forstarbeiter bis zu 12 Stunden pro Tag arbeiten darf. Bei den großen Gefahren während der Aufarbeitung von Kalamitätsflächen ist ein Acht-Stunden-Tag mit der Motorsäge ausreichend. Alles andere wäre fahrlässig!
Sie haben mit dem Unternehmerverband ja auch schon einiges durchgesetzt: Kranführerprüfung ab 10 t Hub für Forstunternehmer abgewandt, Übergangsfrist von 10 Jahren für Bioöl durchgesetzt, Ausschreibungsbedingungen für Bundesforste modifiziert. Womit können wir noch rechnen?
Vorerst möchte ich betonen, dass nicht ich, sondern wir als Team des Forstunternehmerverbandes unter dem Vorsitz von Peter Konrad schon viele Lösungen initiiert und umgesetzt haben. Wir haben uns auch bei der Entwicklung und Auslegung der Standards für PEFC eingebracht und nach praxistauglichen Lösungen gesucht. Was ich hingegen noch nicht erreicht habe, ist eine Lösung für die Kostenentlastung der Mineralölsteuer. Obwohl wir dieses Thema immer in der Politik zur Sprache bringen, hat sich bei den letzten beiden Finanzministern überhaupt nichts getan. Für eine Seilkrananlage im Wald bezahlt man im Jahr etwa 15.000 € an Mineralölsteuern! Es kann doch nicht sein, dass wir mit so hohen Kosten belastet werden, wo wir keine Gegenleistung in Anspruch nehmen!
Könnte man nicht daran arbeiten, dass man Teilprozesse beim Seilkran oder Harvester elektrifiziert? Beim jetzt vorgestellten Syncro 45 UE von MM Forsttechnik und beim Hybrid-Harvester von Logset wird ja schon viel elektrische Energie eingesetzt.
Ja, es gibt hier zweifelsohne vielversprechende technische Entwicklungen. Ein großer Kopfhersteller für Harvester experimentiert schon damit, die Vorschubwalzen und die Kettensäge elektrisch anzutreiben. Hier müssen Harvester und Kopf auch energetisch gut zusammenspielen. Aber dabei sind wir noch Jahre bis zur Praxistauglichkeit entfernt.
Wie viele Mitglieder wird der Forstunternehmerverband in zehn Jahren haben?
Hoffentlich mehr (lacht)! Wir sind ja in der misslichen Lage, dass wir eine freiwillige Vereinigung sind, die die Vorteile zwar für alle Forstunternehmen in Österreich erkämpft, aber nur etwa 60 Mitglieder finanzieren diesen Verein. Die Leistungen, die wir ausverhandeln, kommen also auch allen anderen Unternehmen (rund 3800) zugute. Die Anzahl der Trittbrettfahrer ist leider sehr hoch.
Wie lange gibt es den Unternehmerverband jetzt schon?
Seit Juli 2010. Wir waren ein paar mutige, visionäre Unternehmer, als wir den Verband gegründet haben. Und jetzt müssen wir die anderen dafür begeistern, auch mitzumachen! Weil sie sehen: Es zahlt sich aus! Wir haben ja alle ähnliche Probleme! Je mehr wir werden, desto mehr Gewicht wird unsere Stimme haben. Forstunternehmerverbände gibt es ja auch in anderen Ländern – teilweise auch schon viel länger. Noch ein weiterer Punkt ist wichtig: Wir sind in der Erntebranche und dieses ist ein freies Gewerbe. Das heißt, es kann hier jeder ein Gewerbe anmelden – ganz egal, ob er Fachkenntnisse nachweisen kann oder nicht. Vielleicht könnte man festlegen, dass zumindest der Ausbildungsstand eines Forstfacharbeiters vorhanden sein muss, damit er hier ein Gewerbe anmelden kann. Und wenn jetzt andere Unternehmer Angst kriegen, dass sie vielleicht nachträglich eine Prüfung nachmachen müssen: Man kann hier ja Übergangsfristen schaffen! Wenn er schon fünf Jahre in dieser Branche tätig ist, dann entfällt die Konzessionsprüfung. Es sind leider so viele Abenteurer in unserem Gewerbe unterwegs, die kurzzeitig aktiv sind und dann wieder verschwinden. Das ist nicht richtig! Und da ist auch das Berufsbild eines Forstmaschinentechnikers eine ganz tolle Sache! Dadurch soll gewährleistet sein, dass auch die Unternehmer gut ausgebildete Fachleute bekommen.
Vielen Dank für das Gespräch!