Werner Wutscher, ÖbF

Ein klug errichtetes Firmenkonstrukt

Ein Artikel von Robert Spannlang | 19.10.2017 - 19:58
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Zog zufrieden Bilanz: Werner Wutscher (li.) neben Eigentümervertreter BM Andrä Rupprechter © Österreichische Bundesforste/C.Fürthner

Die Sektkorken haben ordentlich geknallt anlässlich des Festaktes zum 20. Jubiläums der Ausgliederung der Österreichischen Bundesforste (ÖBf) aus dem Staatshaushalt. Die Freude und der Stolz über das Erreichte waren auf Schloss Eckartsau nicht zu übersehen. Wie es zur „erfolgreichsten Ausgliederung“ in Österreich kam und wie schwer sie erkämpft worden war, dazu stand Werner Wutscher der Forstzeitung Rede und Antwort.

Wie lange begleiten Sie die Bundesforste schon als Aufsichtsratsvorsitzender?

Erst seit drei Jahren. Aber als Projektleiter für die Ausgliederung der Bundesforste war ich auch acht Jahre Gründungsaufsichtsrat. Ich war seinerzeit im Büro Wilhelm Molterers zuständig für die Forstwirtschaft – das war dann mein erstes großes Projekt.

Was war denn 1997 die größte Herausforderung bei der Ausgliederung?

Da gab es zunächst einmal die forstpolitische Dimension. Es war die Nationalparkfrage zu klären: Wie sollte etwa der Grundeigentümer entschädigt werden? Und das war damals ja eigentlich vollkommen offen. Die Länder wollten selber eigene Ranger einführen und in Wahrheit die Bundesforste auf diesen Flächen loswerden. Dann war die Frage zu klären: Sollten die Bundesforste so behandelt werden wie ein privater Waldeigentümer? Das musste alles vor der Ausgliederung gelöst werden. Das war sicherlich ein großes Verdienst von Richard Ramsauer, der damals vor allem in Oberösterreich und Niederösterreich kontroversielle Diskussionen geführt hat, um hier die Entschädigungsfragen zu klären. Es hat sich dann bald herausgestellt, dass es forstpolitisch gewollt war, dass die ÖBf der Vorkämpfer – eine Firewall, wenn Sie wollen – sein sollten und sich die private Forstwirtschaft dahinter aufstellen konnte. Kurz davor wurden die ersten Nationalparks eingerichtet und da war es ganz entscheidend, dass die ÖBf entschädigt werden sollten und dass auch Forstleute in der Nationalparkverwaltung tätig wurden. Es war auch beabsichtigt, dass in die Forstnovelle 2003 bereits Erfahrungen aus der vorher erfolgten Ausgliederung einfließen konnten. Wilhelm Molterer hat hier immer sehr strategisch gedacht.

Warum hat man sich für die Aktiengesellschaft entschieden?

Früher war der Einschlag noch bei 2,2 Mio. fm. Dabei bilanzierte man knapp positiv. Es war klar, dass man eine Ausgliederung und eine neue Rechtsform brauchen würde, um den Bestand langfristig zu sichern. Molterers Vorgänger, Franz Fischler, hat sich bei dem damaligen Finanzminister, Ferdinand Lacina, und bei Franz Vranitzky aber regelmäßig eine blutige Nase geholt. Erst bei Viktor Klima als Finanzminister ging da ein Fenster auf. Zuerst versuchten wir es mit einer Stiftungsvariante. Das wurde aber von der Politik abgelehnt, weil sie dabei de facto kein Durchgriffsrecht mehr gehabt hätte. Das Finanzministerium schlug eine GmbH vor. Wir haben dann eine AG ins Spiel gebracht, die per Definition ja weisungsfrei ist. Damit war der Handlungsspielraum für das Unternehmen von Anfang an sehr hoch. Und das ging auch tatsächlich durch.

Wie haben Sie die Verhandlungspartner davon überzeugen können?

Indem wir uns bereit erklärten, bestimmte ökologische Auflagen zu erfüllen, die weit über das Forstgesetz hinausgingen. Wir haben im ÖBf-Gesetz etwa den Schutz besonderer strategischer Wasserressourcen zu beachten, aber auch der ungehinderte Zugang zu Seen und ökologische Themen sind hier geregelt.

Sie haben sich also mit der AG mehr Eigenständigkeit erkämpft?

Ja. Immerhin wird hier der Vorstand vom Aufsichtsrat bestellt und nicht vom Eigentümer. Bei späteren Ausgliederungen hat die Politik dann auf der GmbH bestanden. Unser Aktionär ist der Landwirtschaftsminister. Spätestens jetzt war auch klar, dass die ÖBf die Rolle einer Firewall übernommen hatten und auch die privaten Forstbetriebe bei der Einrichtung von Nationalparks für ihre eingebrachten Bestände entschädigt werden würden.

Beim Festakt hat ein Vertreter der Post in Schloss Eckartsau eine Sondermarke aus Eichenholz vorgestellt. Auch die Post wurde ausgegliedert und ist heute eine AG ...

Ja, aber die Post wurde vollständig privatisiert und notiert heute an der Börse. Das ist ein großer Unterschied. Die Bundesforste-Ausgliederung war deshalb so erfolgreich, weil es gelungen ist, alle ökologischen Auflagen zu erfüllen und dabei wirtschaftlich überaus erfolgreich zu sein. Nach der Ausgliederung haben wir 90% des Ertrages im Holzgeschäft erwirtschaftet. Heute sind es nunmehr 60%, weil wir uns andere lukrative Einkommensquellen erschlossen haben. Wir haben im Aufsichtsrat festgelegt, dass wir bis 2020 den Hiebsatz bei 1,5 Mio. fm halten werden.

Es war schon in den vergangenen Jahren der Trend festzustellen, dass die Nicht-Holzerträge bei den ÖBf im Verhältnis zunehmen. Wird das so weitergehen?

Die Forstwirtschaft hat in der Vergangenheit ziemlich defensiv reagiert auf neue Forderungen der Gesellschaft. Aber wir sollten offensiv neue Dienstleistungen anbieten und uns damit Einkommensquellen erschließen. Ich denke hier etwa nur an die Waldbestattungen. Die Gesellschaft heute ist sehr hungrig nach Naturraum. Wie kann der Forst diese Bedürfnisse befriedigen und dabei auch noch Geld verdienen? Oder: Wie kann ich Rinde noch anders verwerten? Da wird man noch ganz intensiv nachdenken müssen. Das fängt klein an und kann später durchaus lukrativ werden. Die Vermietung von Naturraum als Filmkulisse bei den ÖBf ist etwa so ein erfolgreiches Beispiel.

Wird man bei diesen Überlegungen nicht auch angetrieben von steigenden Anteilen an Sturm- und Industrieholz am Gesamteinschlag?

Nun, da wird waldbaulich und jagdlich vermehrt vorzusorgen sein, dass wir unsere Bestände stabil halten und dem Klimawandel geeignete Maßnahmen entgegensetzen können. Wir haben bei den ÖBf etwa die permanente Stichprobeninventur eingeführt. Die Vorgaben des Aufsichtsrates sind nicht mehr alleine an Geldziele gebunden wie in der Vergangenheit, sondern zunehmend an qualitative Ziele. Und wir achten sehr darauf, dass sie trotz der Kalamitäten auch eingehalten werden.

Sie haben bei den ÖBf auch die Forsttechnik ausgelagert – eine Antwort auf die sinkende Bedeutung der geregelten Nutzung?

Wir brauchen in Zukunft mehr Flexibilität bei den Ressourcen. Aber wir müssen uns ein Mindestmaß an Know-how in diesem Bereich erhalten.

Zum Schluss noch das Thema Energie: Wie werden Sie reagieren, wenn es bis 2019 nicht gelingt, die große Ökostromnovelle durchzubringen? Damit wäre Ihr Einkommen aus Biomasseenergie infrage gestellt.

Wenn das wirklich eintritt, würde das den Markt für Energieholz grundlegend ändern. Wir betreiben auch Aufklärungsarbeit in Sachen Energie aus Biomasse und zeigen die Folgen dieser Entwicklung auch für den ländlichen Raum auf. Aber wie immer letztlich die Entscheidung fällt – wir werden gut darauf vorbereitet sein.

Herr Wutscher, vielen Dank für das Gespräch!