Die Naturverjüngung gewinnt in Forstbetrieben und im Privatwald zunehmend an Bedeutung. Mehrere Vorlichtungen sind dafür notwendig, da bei einmaliger Räumung den Jungpflanzen der Schutz weggenommen wird. Nach Etablierung der Naturverjüngung erfolgt in der Regel der Räumungshieb, bei dem die jungen Bäumchen so wenig wie möglich beschädigt werden sollen. Teils sind sie dann schon mehrere Meter hoch.
Das Forstunternehmen Vieghofer aus Ottenschlag beschäftigte sich mit diesem Thema intensiv und lernte bei den Bayerischen Staatsforsten die Technologie zur Stehendentnahme von Stämmen über einer Naturverjüngung kennen. Nach deren Vorbild schaffte sich Vieghofer kürzlich ebenso einen Atlas Kern 40T-Raupenharvester an. Diese Maschine ist die erste ihrer Art in Österreich. Gebaut wird sie im bayerischen Steinach und ist neulich unter der Bezeichnung Atlas Kern HE93.1 erhältlich.
Vorliegendes Gutachten
Vieghofer gab am Institut für Forsttechnik an der Universität für Bodenkultur ein Gutachten in Auftrag, das den Atlas Kern 40T-Raupenharvester, im Einsatz bei den Bayerischen Staatsforsten, mit dem John Deere 1470E-Radharvester, im Einsatz bei Vieghofer, verglich. Der 40T ist mit 43 t um einiges schwerer als der Radharvester mit 24,3 t.
Die Ergebnisse brachten zwar für den Atlas Kern 40T um 6 % höhere Holzerntekosten, wobei die Effizienzsteigerung durch die bessere Lastvorbereitung für den Forwarder nicht berücksichtigt wurde. Klar im Vorteil war der Raupenharvester bei der Schonung der Naturverjüngung durch das Heben des Baumes aus dem Bestand. Während mit dem Radharvester 34 % der Verjüngung beschädigt wurden, waren es mit dem Atlas Kern 40T nur 5 %. Zudem hatte der Atlas Kern einen geringeren Treibstoffverbrauch und somit um 15 % weniger CO2-Ausstoß als die Vergleichsmaschine.
Jeder macht alles
Bereits 1986 gründete Franz Vieghofer das heutige Unternehmen für Holzhandel, -schlägerung, -bringung und -transport sowie Erdbau in Ottenschlag im Waldviertel. Bereits als Kind ging der Unternehmer damals mit seinem Vater in den Wald, um bei der Holzrückung mit Pferden zu helfen. Heute beschäftigt der Betrieb 25 Mitarbeiter. Neben der Holzwirtschaft baut Franz Vieghofer auf zusätzliche Standbeine in der Energietechnik sowie im Windmanagement.
Sein Schwiegersohn, Florian Berger-Vieghofer, arbeitet seit 11 Jahren im Unternehmen und verantwortet die Einsatzleitung für die Holzwirtschaft und den Erdbau. Als wahres Multitalent kann der gebürtige Mühlviertler jede Maschine im Betrieb bedienen und hilft aus, falls erforderlich. „Eigentlich macht bei uns jeder alles, nur so kann ein Familienbetrieb unserer Größe funktionieren“, erklärte Florian Berger-Vieghofer. Alle Angestellten kommen aus der näheren Umgebung und werden in Einsatzplanungen miteinbezogen.
Derzeit sucht Vieghofer einen Forsttechniklehrling, der als Maschinist eingesetzt werden kann. Ein Mindestalter von 18 Jahren ist erforderlich. „Wir bieten eine ganzjährige Beschäftigungsmöglichkeit und einen sicheren Arbeitsplatz, denn es geht unserer Firma gut“, ergänzte Franz Vieghofer.
Klar bekommt das Waldviertler Unternehmen die Borkenkäferkalamitäten zu spüren. Teils warten die Fahrer drei Stunden bei den Sägewerken mit der Holzfuhre. Erschwerend kommt der Import von Sägerundholz aus dem benachbarten Tschechien hinzu. „Der Markt ist derzeit von Borkenkäferholz überschwemmt. Wir fahren viele Sägewerke an, um das zu kompensieren“, so Berger-Vieghofer. Dennoch sieht der Jungunternehmer der Zukunft entspannt entgegen und es wird auch investiert.
Für alle Einsätze gerüstet
Vieghofer Holz verzeichnet einen stattlichen Fuhrpark. Insgesamt 5 John Deere-Harvester, 1 Atlas Kern 40T, 6 John Deere-Forwarder, Windenschlepper, Valtra T174E mit einem 14t-Kronos-Kranwagen sowie Freischneider, Mulcher und 2 Bagger werden im Forst eingesetzt. Für den Holztransport stehen noch 1 Zugmaschine, 2 Tieflader für Überstellungen, 2 Stehsattel sowie 4 Kran-Lkw zur Verfügung. Das meiste Rundholz wird an nahe liegende Sägewerke in Ober- und Niederösterreich geliefert. Schleifholz geht zum Großteil zu Lenzing Papier und Faserholz findet in den umliegenden Heizwerken Verwendung. Egal, ob Durchforstung, Vorlichtung, Naturverjüngung oder Kalamitätsholz, für alle Einsätze ist Vieghofer gewappnet.
Kraftvolles Raupenfahrzeug
Die jüngste Anschaffung im Betrieb ist der erwähnte Raupenharvester mit Baumhalter. Auf den Atlas Kern 40T wurde ein Ponsse-Aggregat H7 aufgebaut und die Kranreichweite liegt bei 15 m. Die Ausladung von der Mitte des Drehkranzes bis zur Aufnahme des Aggregates beträgt somit 15 m. Dadurch kann mit dem Raupenharvester weit in den Bestand gegriffen werden und die Rückegassenabstände können breiter gemacht werden. Das Hydrauliksystem des Atlas Kern leistet 2 x 320 l/min und schafft einen Betriebsdruck von 380 bar. Ein Tier 4 final-Motor (6 Zylinder) von Deutz mit 180 kW und einem Hubraum von 6.057 ccm treibt das Raupenfahrzeug an.
Inklusive Harvesterkopf wiegt die Maschine etwa 45 t. Aufgrund des Raupenfahrwerkes ist der Bodendruck pro cm² jedoch geringer als bei einem Radharvester. Gewicht und Abmaße erfordern eine behördliche Transportbewilligung für Überstellungen auf öffentlichen Straßen. Umsetzen auf eigener Achse vom einen zum anderen Waldort ist aufgrund der Fahrgeschwindigkeit von maximal 8 km/h und des Raupenfahrwerks nur auf kurzen Distanzen möglich. Im Bestand ist der 40T zur Schonung der Verjüngung jedoch ungeschlagen. „In unseren Einsatzgebieten hat ein Raupenfahrzeug an sich nur bei Kalamitäten seine Berechtigung, allerdings war uns die maximale Schonung einer etablierten Naturverjüngung das Wichtigste“, erklärte Florian Berger-Vieghofer. Es ist der erste Raupenharvester im Unternehmen.
Durch den zusätzlichen Baumhalter am Kran und die hochfahrbare Kabine können bis zu 2,2 t schwere Bäume stehend aus einer Verjüngung entnommen werden. Mit der Kranreichweite von 15 m werden Stämme bereits von der Forststraße aus geschnitten und herausgehoben. Die Aufarbeitung des Stammes erfolgt im Sichtbereich des Fahrers und die Sortimente werden in Längsrichtung zur Rücke-gasse abgelegt. Das wiederum erleichtert die Kranarbeit bei der Rückung mit dem Forwarder.
Österreichs erster Harvester seiner Art
Mit dem österreichweit ersten Raupenharvester mit Baumhalter für die Stehendentnahme ist das Waldviertler Unternehmen noch ein Stück schlagkräftiger. „Wir haben genug Mitbewerber und müssen uns ständig neu behaupten“, so Florian Berger-Vieghofer.
Seit Juni ist der Atlas Kern 40T im Einsatz. Man bedenke, dass sich in manchen Revieren, die Vieghofer betreut, eine Naturverjüngung an den montanen Fichten- und Tannenstandorten sehr rasch einstellt. Manchmal wächst bereits nach der Zweitdurchforstung eine Verjüngung heran, wie es in einem Revier bei Gutenbrunn (Habsburg) beobachtet wurde. Gemeinsam mit Praktikern und der Wissenschaft tastet sich Vieghofer an angepasste Holzerntesysteme heran. Im Optimalfall verlaufe die Verjüngungseinleitung mit vier Eingriffen, hieß es. Diese beginnen mit einer Zielstärkennutzung, gefolgt von zwei Lichtungshieben und zuletzt dem Räumungshieb, bei dem die Vorzüge des Atlas Kern voll ausgeschöpft werden können. Auch die Rückung unterliegt der Bodenschonung. Vieghofer verlangt von seinen Forwarder-Fahrern, dass sie Astmaterial unterlegen und/oder Moorbänder auflegen, denn die Belastung des Bodens sei durch häufigere Fahrten nicht zu unterschätzen. Schon bei leichtem Regen bleiben die Maschinen stehen.
Zu Vieghofers Auftraggebern gehören zwei große Forstbetriebe: das Stift Göttweig und das Habsburg Lothringen´sche Gut Persenbeug. Jedoch hat das Ottenschlager Unternehmen auch einige private Auftraggeber. „Gute und saubere Waldarbeit spricht sich unter den Grundstücksnachbarn herum, so kommen wir zu vielen Aufträgen“, gibt Franz Vieghofer bekannt. Den Großteil der Einsätze hat das Unternehmen im Umkreis von etwa 60 km und die Hauptbaumart ist die Fichte, im Altholz sowie in der Verjüngung.
Der erste Eindruck zählt
Nach den ersten 3 Wochen im Betrieb ist Florian Berger-Vieghofer begeistert vom Atlas Kern 40T, denn er funktioniere besser, als geglaubt. Er findet die Wahl des Ponsse-Aggregates H8 mit dem 90 cm-Schwert genau richtig. Der Atlas Kern-Bagger verfügt über ausreichend Kraft, um das Aggregat mit dem langen Kran und dem Baumhalter zu bedienen. Interessierte Forstunternehmer kamen bereits auf Exkursion, um die neuartige Technologie in der Praxisanwendung zu sehen.
Christian Schuster ist der Fahrer des Atlas Kern 40T. Der gelernte Maurer fuhr zuvor mit einem John Deere 1170E und ist seit vier Jahren bei Vieghofer beschäftigt. „Man muss schon einen entsprechend geübten und lernwilligen Fahrer für den Raupenharvester mit Baumhalter haben. Noch vor der Anschaffung haben wir die Bereitschaft unserer Fahrer ausgelotet, denn es sind mehr Funktionen zu bedienen als bei einem gewöhnlichen Harvester, beispielsweise der zusätzliche Greifer, der Greifer-Tilt oder die Oberwagenbremse“, erklärte Berger-Vieghofer.
Einschulungen wurden von Atlas Kern sowie Ponsse vorgenommen. Christian Schuster, erklärte uns, dass er zwar schon seit drei Wochen mit der neuen Maschine fahre, aber immer noch jeden Tag etwas dazulerne. Fairerweise ist zu erwähnen, dass Schuster aus einer Forstmaschinenfahrer-Familie stammt und eine Affinität zu Forsttechnik mitbringt. Seine Erfahrungen mit dem Königstiger-Raupenharvester kommen Schuster auch zugute, denn dieser hatte dieselbe Steuerung.
App als Zusatzservice
Vieghofer hat noch große Pläne für die Zukunft: Er möchte für seine Kunden „gläsern“ werden. Von Latschbacher lässt das Holzernteunternehmen eine App entwickeln, die speziell auf die Bedürfnisse von Vieghofer Holz und seinen Kunden abgestimmt ist. „Unsere Kunden sollen in Zukunft jederzeit die Möglichkeit haben nachzusehen wo sich ihr Holz gerade befindet“, erklärte Franz Vieghofer. Mit Fotos des Abtransportes, Verfolgungsmöglichkeit bis zur Säge und vielen weiteren Funktionen möchte das Waldviertler Unternehmen zukunftsweisende Maßstäbe setzen.