Vor großen Veränderungen

Ein Artikel von DI Gerd Ebner | 06.02.2009 - 07:39

20 % für immer aus dem Markt

Neuner spricht von bis zu 20 % der Produktionskapazität der mitteleuropäischen Holz-Weiterverarbeiter, die vom Markt verschwinden könnten. Die verbleibenden Unternehmen könnten mit einer besseren Auslastung der Kapazitäten den Output auf ein ähnliches Niveau bringen wie heute. Den Ball sieht Neuner nun zum Teil bei den Banken liegen: „Der Zwang zum Aufhören kommt über die Liquiditätsklemme. Wenn schlecht gewirtschaftet wird, hat kein Unternehmen das Recht, ewig zu existieren. Die Zeit, in der Unternehmen in Konkurs gingen, um dann wieder wie Phönix aus der Asche zu steigen, muss vorbei sein.“
Kurzfristig werden sich aber Unternehmen mit Kurzarbeit über die Konsumabflachung behelfen müssen. Neuner: „Auch bei der Stia werden wir drei Monate Kurzarbeit einführen, mit der Option auf weitere drei Monate.“ Danach hofft man, die Konjunkturflaute umschifft zu haben. Kurzarbeit ist für ihn die sozial verträglichste Form der Produktionsrücknahme.

Kein Einschlag zu diesem Preis

Angesprochen auf die österreichische Sägeindustrie kann sich Neuner der Meinung von Gerald Schweighofer anschließen, dass bis zu 30 % der Kapazität vom Markt genommen werden könnten (s. Link). Mit dem stetig verebbenden Rundholzimport und der dann höheren Auslastung der verbleibenden gesunden Betriebe hätte die heimische Forstwirtschaft einen ähnlich großen Abnehmer wie früher, lautet Neuners Vorhersage.
Auf den zurzeit verminderten Rundholzbedarf und das gesenkte Preisniveau reagiert sein 15.000 ha-Forstbetrieb faktisch mit einem Einschlagstopp: Der Einschlag wird heuer unter diesen Marktbedingungen wahrscheinlich nur noch 40 % des Hiebsatzes betragen - immer vorausgesetzt, dass keine Katastrophennutzungen notwendig werden. „Im Wesentlichen werden wir Schadholz aufarbeiten und in die Durchforstung gehen”, erläutert Neuner.
Der Bauernwald hat die Nutzung laut Neuner aufgrund des Preisniveaus eingestellt („Totalverweigerung”). „Der Groß-Privatwald wird immer gewisse Mengen nutzen, um die laufenden Kosten zu decken. Für eine nachhaltige Gebirgswaldbewirtschaftung müssen wir im Hauptsortiment 85 €/fm erhalten”, rechnet Neuner. Dieser Preis sei im Seilgelände die unterste Grenze. „Darunter sollten Forstbetriebe nichts nutzen, da es sich betriebswirtschaftlich einfach nicht rechnet und nur Vermögensabbau bedeuten würde.” Derzeit spricht die österreichische Sägeindustrie von einem Rundholzpreis von 65 €/fm, um auskömmlich wirtschaften zu können.

Viel abgenommen, aber billig …

Anerkennung zollt Neuner der österreichischen Sägeindustrie für die Anstrengungen im Vorjahr, die angefallenen Sturmholzmengen bestmöglich aufzunehmen. „Man konnte sehen, dass sich alle bemühten, für den größtmöglichen Absatz zu sorgen“, sagt Neuner. Er hinterfrägt allerdings, „ob es notwendig war, den Rundholzpreis in einer solchen Radikalität abzusenken, wie es passierte. Viele hätten einen Schnittholzpreisverfall in Kauf genommen, weil sie wussten, dass sie den Erlösentgang eins zu eins wieder beim Rundholz auffangen konnten. So wird unser toller Werkstoff unter Wert verschleudert“. Selbst bei einer sehr engen Marge und hohen Rohstoff-Kostenanteilen in der Produktion wäre das nicht notwendig gewesen. Marktchancen wurden verspielt: „Es ist schwieriger, die Preise rauf zu bekommen als vorher runter.“
Als dann im IV. Quartal 2008 endgültig die Exportchancen schwanden, war für 2009 ein weiterer verminderter Schnittholzabsatz programmiert, meint Neuner. Er sieht die hölzerne Pipeline immer noch übervoll. Da aber die Sägewerke angekündigt haben, im I. Quartal 35 % weniger zu nutzen, erkennt Neuner die Möglichkeit einer Marktentlastung.
Doch selbst die Rundholzversorgung dieser stark eingeschränkten Produktion sieht Neuner aufgrund des harten Winters und der derzeitigen Preissituation infrage gestellt. „Im Süden könnte es während und nach den Straßensperren zu einer deutlichen Unterversorgung kommen“, fürchtet er.

Respekt für Nasslager-Betreiber

Danken müssten alle in der Holzbranche denjenigen, die im Vorjahr den Markt mit Nasslagern entlasteten, fordert Neuner. „Sie haben wesentlich geholfen, den Mengenfluss halbwegs über die Bühne zu bringen.” Doppelt bitter sei nun, dass es diese schwer haben werden, die Mehrkosten für die Einlagerung im nunmehrigen Preis unterzubringen. „Es wäre aber falsch, für die Zukunft anzunehmen, dass das immer so sein muss”, erläutert Neuner, der als Obmann der Waldwirtschaftsgemeinschaft (WWG) Bergwald ebenfalls versucht, zumindest drei Standorte für Nasslager genehmigt zu bekommen.
Neuner bedauert sehr, „dass im Vorjahr viele potenzielle Flächen für Nasslager wegen nicht zu erfüllender Auflagen und der Verfahrenslänge nicht zur Verfügung standen”. Nasslager in Normaljahren anzufahren, hält Neuner für nicht möglich: „Zu teuer.”

USA zuerst

Teurer wurden laut Neuner auch die Aufschläge der Banken bei der Kreditvergabe. „Als gutes Unternehmen bekommt man aber noch Kreditzugang zu akzeptablen Bedingungen“, berichtet er. Mit größeren Investitionen will er vorerst zuwarten, bis die mögliche Strukturbereinigung abgeschlossen ist und sich der Konsum wieder erholt hat. Als erster Markt könnten die USA wieder anspringen. „Die erholen sich mentalitätsbedingt rascher als wir Europäer. Ich fürchte, Europa steckt noch länger in der Krise.“

… AUF DEN PUNKT GEBRACHT

„Momentan geht ja kaum einer in den Wald - außer um Schadholz aufzuarbeiten.” „Ab der Zeit der Straßensperren könnte es in Österreich zu einer deutlichen Rundholz-Unterversorgung kommen.” „Um im Gebirgswald nachhaltig wirtschaften zu können, benötigen wir 85 €/fm im Hauptsortiment.”
„Die Importmöglichkeiten werden beim Rundholz weiter sinken - die Sägeindustrie wird sich mit dem österreichischen Angebot abfinden müssen.”
„Wir werden heuer etwa 40 % des Hiebsatzes nutzen. Es wird 2009 in Admont keine Normalnutzung geben.”
„Derzeit ist dem Betriebsvermögen am Besten gedient, die Bäume stehen zu lassen. Wir warten, bis Rundholz deutlich mehr erlöst.”
„Wenn ein Unternehmen wie die Klausner-Gruppe wegbrechen sollte, würde das den europäischen Markt nicht erschüttern - die Produktionskapazität muss noch weiter runter.” „Ich kenne ein Unternehmen mit 1 % Eigenkapitalquote. Das genügte der Bank, solange die Rentabilität des Gesamtkapitals höher war als die Kreditzinsen. Für solche Unternehmen gibt es in dieser Wirtschaftskrise keine Existenzberechtigung.”
Helmuth Neuner