CareforParis

Klima im Wandel

Ein Artikel von Philipp Matzku | 03.03.2020 - 15:57

Im Projekt CareforParis wurden in sechs Szenarien die Auswirkungen des Klimawandels und die Anpassung der Waldbewirtschaftung und Holznutzung bis zum Jahr 2150 für Österreich untersucht.

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Die beteilgten Forscher des Carefor-Paris-Projektes bei der Abschlussveranstaltung © Philipp Matzku

Der waldbasierte Sektor ist mit 2 % des BIP ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor in Österreich. Der zunehmende Temperaturanstieg durch den Klimawandel gefährdet die Schlüsselfunktion des Waldes bei der Speicherwirkung des Klimagases CO2. Damit die Klimaziele von Paris erreicht werden, haben die Vermeidung und Reduktion von Treibhausgas-Emissionen die oberste Priorität – unabhängig von der Leistung des waldbasierten Sektors. Das ist eines der zentralen Ergebnisse der Waldforscher. Stärkere Klimaeffekte und damit einhergehende Anpassungen im Wald verschlechtern die Treibhausgas (THG)-Bilanz des Waldes sowie die ökonomischen Rahmenbedingungen des waldbasierten Sektors.

Der österreichische Wald hat je nach Bewirtschaftungsszenario für 30 bis 100 Jahre eine CO2-Senkenwirkung, kann diese aber nicht dauerhaft erhalten und wird zur Quelle, gibt also CO2 ab. „Werden die Pariser Klimaziele, also eine Temperaturerhöhung von maximal 2° C, nicht eingehalten, ist durch die stärkeren Klimawandeleffekte mit zusätzlichen Emissionen aus dem Wald zu rechnen. Die vermiedenen Emissionen durch Holzverwendung im Vergleich zu Ersatzmaterialien können bis zum Doppelten der Waldsenke betragen, betont Peter Weiß vom Wiener Umweltbundesamt.

Holzprodukte statt fossiler Rohstoffe

„Die Klimakrise wird auch die ökonomischen Rahmenbedingungen der Forst- und Holzwirtschaft verändern“, stellt Peter Schwarzbauer, Universität für Bodenkultur (BOKU), Wien, klar. Der größte Hebel für den Klimaschutz und die Vermeidung von Emissionen ist der Ersatz fossiler Rohstoffe durch langlebige Holzprodukte. Die Holzprodukte mit ihrer Kohlenstoff-Speicherfunktion wirken dabei wie ein zweiter Wald. Stakeholder empfehlen Maßnahmen gemäß Befragungen von Alice Ludvig, BOKU, in der öffentlichen Beschaffung sowie monetäre Anreize, um den Einsatz langlebiger Holzprodukte zu erhöhen und die klimaangepasste Bewirtschaftung zu unterstützen. „Wird weniger Holz genutzt, stellt der Wald für einen beschränkten Zeitraum eine größere CO2 Senke dar. Dadurch werden aber auch mehr fossile Ersatzstoffe verwendet. Das führt zu mehr Emissionen und ist auch kontraproduktiv zur Dekarbonisierung“, macht Weiß deutlich.

Es droht Holzverknappung

„Beim Baumartenwechsel-Szenario mit steigendem Anteil von Laubholz stürzt die Holznutzung aufgrund des Säge- und Papierholz-Rückganges bei gleichzeitig erhöhtem Brennholzaufkommen ab“, wird Schwarzbauer deutlich. In Österreich ist bis 2050 mit einem vermehrten Angebot von Laubholz zu rechnen. „Ohne Innovation und Änderung der Technologie bei der Holznutzung kommt es langfristig zu einer Verknappung des nutzbaren Holzes“, so Schwarzbauer weiter. „Bei gleichbleibender Holzverwendung ersetzt Laubholz das Nadelholz nicht eins zu eins und wird daher weniger genutzt. „Zur Erzeugung von höherwertigen und langlebigen Laubholzprodukten müssen sich die Technologie und Holzverwendung anpassen“, schlussfolgert Weiß. Ausschließlich mit Aufforstungen die Klimakrise zu lösen, ist zu einfach gedacht. Wald allein kann nicht die Klimaprobleme der Welt lösen“, betont Martin Braun, BOKU.

Es kommt zu einer Abkoppelung des waldbasierten Sektors vom BIP und einer stärkeren Bedeutung des Tertiärsektors“, erklärt Braun. Bei einer klimaangepassten Waldbewirtschaftung (Baumartenwechsel, Vorratsaufbau) müsse, so Braun die Holzwirtschaft Maßnahmen treffen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Er rechnet mit negativen Exportdynamiken in den Produktportfolios – speziell in der Platten-, aber auch der Papierindustrie.

Methodik


An dem vom Klima- und Energiefonds finanzierten Projekt CareforParis nahmen das Umweltbundesamt, das Bundesforschungszenttrum für Wald (BFW), die Universität für Bodenkultur (BOKU) sowie das Kompetenzzentrum Wood K plus teil.
Anhand der beiden Referenzszenarien RCP 4.5 (moderater Klimawandel) und RCP 8.5 (extremer Klimawandel) wurde mithilfe von vier Modellen die Treibhausgas-Bilanz des waldbasierten Sektors simuliert. RCP 4.5 liegt mit einem Temperaturanstieg von 2° C und von 2,5° C bis 2150 leicht über dem Ziel des Pariser Abkommens von maximal 2° C. RCP 8.5 geht von einem Temperaturanstieg um 4° C bis 2100 und 7° C bis 2150 aus. Die Nachfrage nach Holz
und die Waldbewirtschaftung entsprechen in beiden Szenarien dem Trend der vergangenen Jahre bei gleichen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Das Verhalten der Marktteilnehmer bleibt über den gesamten Simulationszeitraum gleich. Ein technologischer Fortschritt wird nicht angenommen. Es handelt sich um Szenarien und nicht um Prognosen.
Im Falle des extremen Klimawandels wurden vier weitere Szenarien betrachtet. Beim Kalamitätenszenario Werden eine Zunahme von Schadholz durch Trockenheit und Windwurfereignisse sowie eine geringere Niederschlagsmenge angenommen. Im Falle der Umtriebszeitverkürzung erfolgt die Ernte älterer
Bestände früher (75 Jahre, max. 30 m Höhe). Nadel- wird durch heimische Laubhölzer (Buche, Eiche, Ahorn) im Baumartenwechsel-Szenario ersetzt. Der Vorratsaufbau erfolgt durch den Nutzungsverzicht bis 2100 von 5 % der Waldfläche und Nutzungsreduktion bis zu 15 % auf den sonstigen Ertragswaldflächen.