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Fichten-Einklon-Versuch: Wie beeinflusst die Pflanzweite die Entwicklung? © D. Holley

BFW

Der Fichten-Einklon-Versuch

Ein Artikel von Dr. Thomas Ledermann, BFW | 01.12.2021 - 10:46

Sinkende Holzpreise und daraus resultierender Kostendruck führten Anfang der 1990er-Jahre dazu, dass in der forstlichen Praxis über noch geringere Begründungsstammzahlen diskutiert wurde. Gleichzeitig etablierte sich in der Waldwachstumsforschung und im forstlichen Versuchswesen ein Forschungsansatz, der nicht den Bestand, sondern den Einzelbaum als Untersuchungsobjekt in den Vordergrund stellte. Beide Entwicklungen führten zur Anlage von Dauerversuchen, deren Begründungsstammzahlen noch deutlich unter 2.500 Pflanzen/ha lagen. Darüber hinaus versuchte man damals bei der Anlage von ertragskundlichen Versuchen, die genetische Variabilität durch Verwendung von geklontem Pflanzenmaterial auszuschalten. Auch das Bundesforschungszentrum für Wald (BFW) in Wien hat Anfang der 1990er-Jahre einen derartigen Klon-Versuch angelegt, bei dem an fünf verschiedenen Versuchsorten drei verschiedene Pflanzweiten mit Ausgangsstammzahlen von 2.564, 1.282 und 321 Pflanzen/ha untersucht werden.

Geschichte und Vorbereitung des Versuchs
Erste (informelle) Diskussionen und Beratungen über die Anlage eines im Rahmen der Sektion Ertragskunde koordinierten, mit Klonmaterial von Fichte angelegten Pflanzweiteversuchs dürfte es Mitte der 1970er-Jahre gegeben haben. Aus einer Aktennotiz von 1977 geht hervor, dass ein Koordinierungsgespräch mit deutschen Versuchsanstalten über einen geplanten Einklon-Versuch geführt wurde. Allerdings konnte man sich auf kein gemeinsames Konzept einigen. Daraufhin legten einige Versuchsanstalten Versuche nach eigenen Konzepten mit ein- und mehrklonigem Pflanzmaterial an.
Das nunmehrige BFW Wien (ehemals Forstliche Bundesversuchsanstalt (FBVA) Wien) hat sich zu dieser Zeit ebenfalls entschlossen, einen Pflanzweiteversuch mit Fichtenklonen anzulegen. Für die Produktion der Klonpflanzen wurde 1978 aus zehn verschiedenen Fichtenherkünften jeweils eine Mutterpflanze ausgewählt und diese anschließend im Versuchsgarten Tulln verschult. 1981 wurden von ausgewählten Mutterpflanzen erstmals Stecklinge geschnitten und im Folienhaus in Kiessubstrat abgesteckt. Mit den angewachsenen Stecklingen wurde 1984 im Versuchsgarten Mariabrunn ein neues Stecklingsquartier angelegt, 1988 und 1989 von diesen Stecklingen wiederum Stecklinge geschnitten und abgesteckt. 1990 stand dann eine ausreichende Anzahl an Stecklingspflanzen zur Verfügung, sodass in den folgenden Jahren mit der eigentlichen Versuchsanlage begonnen werden konnte.
Der gesamte Fichten-Einklon-Versuch des BFW umfasste ursprünglich 58 Versuchsparzellen an sechs verschiedenen Versuchsorten: Weitra, Sandl, Königswiesen, Ottenschlag, Ottenstein und St. Bernhard. Allerdings musste der Versuch in St. Bernhard wegen hoher Ausfälle aufgegeben werden. An anderen Versuchsorten wurden einzelne Parzellen aufgelöst oder Varianten mit hohen Ausgangsstammzahlen in solche mit niedrigeren umgewandelt, um damit Pflanzen zur Nachbesserung auf den restlichen Versuchsparzellen zu gewinnen.

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Versuchsfläche in Sandl/OÖ © BFW

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Unterschiedliche Ausgangsstammzahlen beim Fichten-Einklon-Versuch © BFW

Versuchskonzept mit drei Ausgangsstammzahlen
Das Versuchskonzept sah drei verschiedene Ausgangsstammzahlen mit 2.564, 1.282 und 321 Bäumen/ha vor, wobei es sich bei der letzten Variante bereits um die Endbaumzahl handelt. Die dichteste Variante sollte in zwei Eingriffen, jene mit mittlerer Dichte in einem Eingriff auf die Endbaumzahl von 321 Bäume/ha abgesenkt werden. Dabei war vorgesehen, bei der dichtesten Variante den ersten Eingriff bei einer Oberhöhe von 15 m, den zweiten Eingriff bei 21 m durchzuführen. Bei der mitteldichten Variante sollte der erste und einzige Eingriff bei einer  Oberhöhe von 21 m erfolgen.
Die Pflanzverbände und die vorgesehenen Entnahmen waren so konzipiert, dass sich bei allen drei Varianten nach den Eingriffen eine Endbaumzahl von 321 Bäume/ha in einem Dreiecksverband mit jeweils 6 m Abstand zu allen Nachbarbäumen ergibt. Darüber hinaus sah der Versuchsplan vor, das gesamte Konzept mit handelsüblichen Forstpflanzen zu wiederholen.

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Fichten-Einklon-Versuch: Unterschiede in der Jahrringbreite zeigen sich früher, als der Kronenschluss vermuten ließe. © T.Ledermann / BFW

Erste Ergebnisse: Konkurrenz setzt früh ein
Vor einigen Jahren durchgeführte Bohrkernanalysen zeigen, dass unter den Bäumen die Konkurrenz um (unterirdische) Ressourcen wesentlich früher einsetzt, als man dies von der rein visuellen Beobachtung der oberirdischen Entwicklung vermuten würde. Die Radialzuwächse der weitständigen Variante (P16) und der mitteldichten Variante (P14) entwickelten sich bereits ab 2002 auseinander, obwohl der Kronenschluss auf der Parzelle P14 erst ab 2008 gegeben war.
An vier Versuchsorten wurden im Winter 2020/21 die Durchforstungseingriffe entsprechend dem Versuchsplan durchgeführt, beim fünften Versuch soll dies im kommenden Winter geschehen. Weiters ist  geplant, eine erste Gesamtauswertung durchzuführen.
Das ursprüngliche Versuchsziel war es, mithilfe des Fichten-Einklon-Versuchs die Wachstumsreaktion auf arteigene Konkurrenz unter Ausschaltung der genetischen Variabilität zu untersuchen, aber auch Fragen zur Beastung und Holzqualität zu beantworten. Darüber hinaus soll anhand dieses Versuchs auch der Frage nachgegangen werden, welchen Einfluss die Pflanzweite auf die Kohlenstoffspeicherung hat. Das umfangreiche Datenmaterial lässt dazu sicher interessante Ergebnisse erwarten.