Das Waldreservat Crna Poda befindet sich auf einer zwischen der Stadt Mojkovac und der Tara-Brücke gelegenen Erweiterung der Tara-Schlucht am linken Flussufer. Es besteht aus zwei Terrassen, deren untere auf einer Seehöhe von etwa 800 m, die obere zwischen 900 und 950 m liegt. Der Schwarzkiefern-Urwald stockt auf der oberen der beiden Terrassen. Die Gesamtfläche des Waldreservats beträgt aktuell etwa 80 ha, davon sind 14,86 ha Schwarzkiefern-Urwald. Seit dem Jahr 1954 verläuft die stark befahrene Regionalstraße Mojkovac – Žabljak mitten durch das Schutzgebiet.
Schutzgeschichte
Die Wälder von Crna Poda gingen nach der Befreiung Montenegros vom Türkischen Joch im Jahr 1878 ins Eigentum des im benachbarten Dobrilovina befindlichen Klosters über und blieben dort bis zur Nationalisierung des klösterlichen Waldes im Jahre 1945. Während dieser Periode wurde im Crna Poda kein Holz eingeschlagen. Dem Einrichtungsoperat für die Wälder des Klosters aus dem Jahr 1935 zufolge wurden die Bestände des Crna Poda in eine separate, 68,4 ha große Abteilung ausgegliedert, bei der es sich um einen „überreifen, ausgezeichneten Schwarzkiefernbestand mit Buche in der unteren Etage“ handelt. Nach dem Übergang ins öffentliche Eigentum 1945 bemühten sich auch die zuständigen Forstwirtschaftsbehörden, diese Wälder von der Holznutzung auszunehmen und in ihrer ursprünglichen Form zu erhalten.
Sämtliche Waldwirtschaftspläne aus jugoslawischer Zeit schließen eine Bewirtschaftung aus und stufen diese Bestände vielmehr als „Naturseltenheit“ ein – im Wirtschaftsplan des Jahres 1953 auf einer Fläche von 48,5 ha, in dem des Jahres 1976 auf 56,1 ha. Trotz allem ist es in dieser Periode aber nicht gelungen, diese Wälder vollständig zu schützen. Mit dem Bau der erwähnten, auch direkt durch den Urwald führenden Regionalstraße im Jahr 1954 kam es zu Trassenschlägerungen, aber auch zu einer viel leichteren Erreichbarkeit und damit Anfälligkeit der alten Baumriesen für illegale Holznutzungen. So wurden etwa im Jahr 1971 auf einer Fläche von 3 bis 4 ha – natürlich ohne Genehmigung – rund 950 Efm an Schwarzkiefern entnommen. Es kam aber auch zu legalen Nutzungsmaßnahmen: In den Fünfzigerjahren des vorigen Jahrhunderts wurde versucht, die Schwarzkiefer natürlich zu verjüngen und dafür eine Urwaldfläche von etwa 1 ha kahlgeschlagen. Einige der dicksten Schwarzkiefern weisen auch deutliche Stammschäden auf, die auf die früher übliche Gewinnung von Kienspan zurückzuführen sind.
Rechtlich geschützt sind die Wälder von Crna Poda seit dem Jahr 1971, als der gesamten Tara-Schlucht der Status eines Naturdenkmals verliehen wurde. Mit dem Nationalpark-Gesetz aus dem Jahr 1978 wurde dann der Schwarzkiefern-Urwald mit einer Fläche von 20 ha als „Strenges Naturreservat“ (IUCN-Kategorie Ia) ausgewiesenen.
Entstehung des Urwalds
Zur Entstehung dieses Urwaldes gibt es zwei Hypothesen. Der ersten und im Managementplan des Nationalparks Durmitor 2011–2015 gestützten Annahme zufolge sollte sich die Schwarzkiefer auf diesem Standort auf natürliche Weise – nach einem Brand – angesiedelt haben, was aufgrund der ökologischen Merkmale der Schwarzkiefer als ziemlich wahrscheinlich erscheint. Allerdings hätte sich ein solcher Großbrand auf beiden Terrassen mit ebenen Abschnitten und kleinen Dolinen auf relativ frischen Standorten entwickelt haben müssen, was wiederum auch angesichts des Verlaufs des letzten Brandes an der Grenze des Urwalds als nicht sehr wahrscheinlich erscheint.
Die andere, viel plausiblere Hypothese gründet sich auf sichtbare Geländemerkmale: Marković (2021) beschreibt ebene Flächen, die wie ehemalige Felder aussehen, und Haufen gesammelten Gesteins und schließt daraus, dass dieses Land einst kultiviert war und sich nach der Aufgabe der Kulturflächen die Schwarzkiefer als Pionierart angesiedelt hat.
Buchenstandorte
In den Siebzigerjahren des vorigen Jahrhunderts durchgeführte Untersuchungen der Waldgesellschaften zeigten, dass die Urwaldbestände der Schwarzkiefer hier ausnahmsweise auf Buchenstandorten stocken. Voraussetzung dafür war nach Vučković (1987) eine großflächige natürliche oder auf menschlichen Einfluss zurückzuführende Störung des Ökosystems, die ein plötzliches Eindringen der Schwarzkiefer in den Buchenstandort und damit einen Austausch der Buche durch Schwarzkiefer ermöglichte. Mit fortdauernder Entwicklung der Bestände kehrt die Buche jedoch wieder auf ihre Standorte zurück.
Waldbauliche Charakteristik
Der Urwaldbestand von Crna Poda ist zweischichtig – Schwarzkiefer in der oberen, Buche (mit Bergahorn) in der mittleren Schicht. In den beleuchteten Bestandesteilen trifft man ziemlich reiche Verjüngung von Buche (manchmal auch Ahorn) in unterschiedlichen Entwicklungsstadien an. Die Schwarzkiefer verjüngt sich nur an den gut beleuchteten Rändern des Urwaldbestandes, im Bestand selbst oder auch auf größeren Lichtungen jedoch aufgrund des Lichtmangels gar nicht – am erwähnten Versuchskahlschlag stockt mittlerweile ein junger Bestand aus Ahorn und Buche.
Nach Angaben des Wirtschaftsplans von 1935 (zitiert nach Vučković, 1987 und Marković, 2021) zufolge stockten in diesem Wald damals 90 Schwarzkiefern und 178 Buchen pro Hektar, das entsprach 359 Vfm/ha Schwarzkiefer und 64 Vfm/ha Buche. Im Jahr 1975 wurde auf zwei ausgewählten Versuchsflächen ein Holzvorrat von 1439 bzw. 1645 Vfm/ha gemessen, davon 1242 bzw. 1440 Vfm/ha Schwarzkiefer und 197 bzw. 205 Vfm/ha Buche. Wenn diese Werte auch nur für ausgewählte Flächen des Urwalds repräsentativ sind, zeigen sie doch das außergewöhnlich hohe Produktivitätspotenzial dieser Schwarzkiefernbestände.
Im Jahr 1998 kam es zu einer Vollaufnahme des Urwaldbestands (Marković, 2021). Die Stammzahl der Schwarzkiefer blieb mit 92 pro Hektar gegenüber den Dreißigerjahren praktisch unverändert, was auf eine große Beharrlichkeit der alten Kiefernpopulation hinweist. Die Stammzahlen der anderen Baumarten haben sich in diesem Zeitraum fast verdoppelt (350 Stämmen pro Hektar, davon 327 Buchen). Buche (mit Bergahorn) erlebt also eine progressive Entwicklung. Der Gesamtvorrat im Jahr 1998 betrug 1008 Vfm/ha, davon 740 Vfm/ha Schwarzkiefer und 247 Vfm/ha Buche. Im Gesamten betrachtet hatte sich der Vorrat der Schwarzkiefer gegenüber den Dreißigerjahren verdoppelt, was auf ein überraschend hohes Produktionspotenzial der bereits alten Kiefernpopulation hinweist. Der Vorrat von Laubbaumarten war jedoch viermal so hoch wie in Dreißigerjahren, was die stark progressive Entwicklung der Buche (mit Ahorn) bestätigt. Da es sich um Buchenstandorte handelt, sind solche Entwicklungstrends kaum überraschend.
Die glockenförmige Verteilung der Stammzahl und des Holzvorrats der Schwarzkiefer nach Durchmesserstufen (siehe Grafik oben) ist charakteristisch für gleichaltrige Altbestände und deutet darauf hin, dass sich die Population der Schwarzkiefer in der Terminalphase befindet. Die Vitalität der meisten Kiefern ist schlecht, nichtsdestotrotz war im Zuge einer heuer durchgeführten Erhebung der Kiefernsterblichkeit ziemlich überraschend festzustellen, dass in den letzten 25 Jahren nur eine sehr geringe Anzahl von Schwarzkiefern (insgesamt 24 Bäume oder 1,6 pro ha) ausgefallen ist. Die stark expandierende Buche ersetzt allmählich fortschreitend die Population der Schwarzkiefer, sodass dieser Urwald in nicht allzu ferner Zukunft wohl überwiegend mit Buchen bestockt sein wird.
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