Der Klimawandel stellt Waldbewirtschafterinnen und -bewirtschafter vor zunehmende Herausforderungen bei der forstlichen Bestandesbegründung. Frühe forstliche Maßnahmen sind dabei entscheidend, um vitale Waldbestände zu erhalten. Die richtige Baumartenwahl, die Schaffung geeigneter ökologischer Bedingungen sowie Pflege- und Schutzmaßnahmen sind grundlegend für eine gute Bestandesentwicklung. Mindestens 44% der europäischen Wälder werden durch Bestandesbegründung künstlich verjüngt, auf der restlichen Fläche erfolgt Naturverjüngung. In Europa bieten die Wälder Lebensraum für 454 heimische Baumarten, von denen 100 bis 120 für die Forstwirtschaft relevant sind. Mit den nichtheimischen Baumarten ist dieses Spektrum noch breiter.
Im Kontext der Klimaerwärmung und hydrologischer Veränderungen ergeben sich wichtige Aspekte: Klima- und Vegetationszonen verschieben sich, die Niederschlagsverteilung verändert sich hin zu längeren Trockenperioden in der Vegetationszeit und überhaupt zu längeren Vegetationsperioden, die Forstkulturen anfälliger für Früh- und Spätfrost machen. Die österreichische Waldbewirtschaftung ist mit neuen Herausforderungen konfrontiert, für die auch Erfahrungswissen aus anderen europäischen Regionen genutzt werden kann.
Bestandesbegründungspraktiken in europäischen Wäldern
Im Rahmen des GUIDE-Projektes, finanziert von der Kooperationsplattform Forst Holz Papier (FHP), hatten die Fachexperten des Bundesforschungszentrums für Wald (BFW) ein Jahr lang Zeit, um einen ersten Überblick über die Gemeinsamkeiten, Unterschiede und Trends bei aktuellen Praktiken zur Bestandesbegründung auf europäischer Ebene zu gewinnen. Aufgrund der kurzen Projektdauer konzentrierte sich das Zwei-Personen-Team auf zehn europäische Länder, darunter Österreich. Diese repräsentieren die fünf biogeografischen Ökoregionen (siehe Tabelle unten), die auch durch ihre klimatischen Bedingungen charakterisiert sind.
Die Daten wurden mittels Fragebögen erhoben, um aktuelle Entwicklungen in den Praktiken zur Bestandesbegründung zu erfassen, die möglicherweise noch nicht veröffentlicht wurden. Praktiker und Experten veröffentlichen ihre Methoden oft zeitverzögert, wobei die erstere Gruppe dies eher in der Landessprache und nationalen Fachzeitschriften als in internationalen wissenschaftlichen Zeitschriften publiziert. Daher wurde der Fragebogen in mehrere Sprachen übersetzt und einige Länder sowie die Befragten persönlich besucht, um die Antwortquote zu erhöhen und sich mit den jeweiligen Maßnahmen vor Ort vertraut zu machen. Die vielfältigen und oft langen Antworten der Befragten wurden vereinfacht und in Kategorien zusammengefasst, um eine quantitative Auswertung zu ermöglichen.
Schlüsselaspekte und Probleme in der Gründungsphase der Bestände
Die meisten Befragten nannten waldbauliche Maßnahmen – hier unter anderem Baumartwahl, Baumartenmischung, Pflanzabstand, Pflege, Durchforstung, richtige Pflanzzeit und Auswahl eines geeigneten Standorts – als die wichtigste Maßnahme bei der Bestandesbegründung. Dann, mit schon etwas geringerer Priorität, folgten mechanische Standortvorbereitung, die Auswahl des richtigen Pflanzenmaterials und die Pflanzungsmethode. Diese drei wurden gleichzeitig als nachhaltige Methoden zur Bereitstellung von Wasser und/oder Nährstoffen identifiziert. Dürre erwies sich als die schwerwiegendste Bedrohung für die Bestandesbegründung, zwei Drittel der Experten gaben sie an. Die Bewässerung wird jedoch nur von wenigen als geeignete Gegenmaßnahme gesehen.
Die Auswertung verdeutlichte die Unterschiede zwischen den Regionen: In der borealen Region, vertreten durch Befragte aus Finnland und Norwegen, wurden die mechanische Standortvorbereitung und das geeignete Pflanzenmaterial (unter anderem Saatgut oder Setzlinge und Klone) als grundlegende Aspekte in der Gründungsphase identifiziert. Der problematischste Faktor waren Insekten und Pilze, was wahrscheinlich auf die aktuelle Borkenkäfer (Hylobius abietis L.)-Plage zurückzuführen ist, die aktuell in den Wäldern Skandinaviens herrscht. Die Verbreitung der Käfer wird durch die vorhandenen Monokulturen begünstigt, die heutzutage weitgehend durch Pflanzung aufgeforstet werden. Die geringe Baumartenvielfalt im Allgemeinen und insbesondere die geringe Anzahl von Baumarten, die in den nordischen Ländern in der Forstwirtschaft Verwendung finden, fördern die massenhafte Ausbreitung von Schädlingen. Im Gegensatz dazu wurden in allen anderen Regionen Europas, basierend auf den ausgewählten Ländern, waldbauliche Maßnahmen als entscheidend für eine erfolgreiche Bestandesbegründung angesehen, gefolgt von mechanischer Standortvorbereitung. Dabei bereitet Trockenheit, gefolgt von Wildschäden, die größte Sorge.
Welche Maßnahmen sind künftig relevant?
In Zukunft wird erwartet, dass Maßnahmen gegen Dürre in allen Regionen an Bedeutung gewinnen. Besonders im Rest Europas wird ihre Relevanz voraussichtlich stärker steigen als in der borealen Region. Gleiches gilt für Maßnahmen gegen Bodenverdichtung, die im Rest Europas als wichtig angesehen werden. Die boreale Region legt zusätzlich einen besonderen Fokus auf Düngung zur Wachstumsbeschleunigung im Gegensatz zum Rest Europas, wo Experten und Praktiker erwarten, dass Düngung in Zukunft sogar noch weniger wichtig sein wird als zuvor. In den skandinavischen Ländern sind Düngungspraktiken nach ihrer Einführung in den 1960er-Jahren allmählich in den Hintergrund gerückt, aber in den vergangenen 15 bis 20 Jahren hat das Interesse wieder zugenommen. Die positive Haltung gegenüber Düngung in dieser Region könnte durch die Förderung der Regierungen von Finnland und Norwegen motiviert sein, die die Verwendung von Düngemitteln zur Beschleunigung des Wachstums als Möglichkeit zur Erhöhung der CO2-Speicherung durch schnelleres Baumwachstum sehen.
Fazit: Ein immenses Spektrum unterschiedlicher Maßnahmen – gruppiert in die Hauptkategorien – wurde gesammelt, das die Lösungssuche und praktische Umsetzung im Kontext klimafitter Wälder widerspiegelt und sich mit den erwarteten Klimawandeltrends überlappt. Letztendlich identifizierten die für diese Studie befragten Experten drei Gruppen von Maßnahmen für die Bestandesetablierung, die den Kern einer klimafitten Waldstrategie bilden und dazu dienen, den Herausforderungen des Klimawandels zu begegnen: Auswahl des passenden Pflanzenmaterials, Standortvorbereitung und waldbauliche Maßnahmen.
Literatur: Eberhard et al. 2023, Early measures for forest stand establishment within the content of climate change in Europe, in Austrian Journal of Forest Science, Jahrgang 2023, Heft 3, Seite 151-188, https://doi.org/10.53203/fs.2303.1