Der Forstverein für Oberösterreich und Salzburg inmitten lichtbedürftiger Laubhölzer. © Christa Feichtner
Westungarn abseits touristischer Wege brachte für die Forstleute spannende Erkenntnisse. Unter der Leitung von Geschäftsführer Johannes Wall, Präsident Johannes Wohlmacher und in Zusammenarbeit mit Dr. Gyula Kovács, Mitarbeiter in der Forstsektion des BMLUK, und Dr. Péter Csépányi, stellvertretender Direktor der Pilis Forst AG und Präsident der Sektion Dauerwald des Ungarischen Forstvereins, konzentrierten sich die Waldbegehungen auf das Visegráder und Piliser Gebirge. Auch Ungarn sucht langfristige Antworten auf die Herausforderungen des Klimawandels.
Vor dem Ersten Weltkrieg bedeckten die ungarischen Wälder etwa 26% der damaligen Landesfläche. Nach dem Friedensvertrag von Trianon – 1920 verlor Ungarn 71% seines Territoriums – wurde die Waldfläche um 85 % auf 1 Mio. ha reduziert, sodass nur mehr knapp 12% der verbleibenden Landesfläche von Wald bestockt war.
Die Notwendigkeit, die Waldfläche zu vergrößern, ist daher in Ungarn seit einem Jahrhundert eine Konstante. Um die Holzwirtschaft anzukurbeln, auch in Hinblick auf den Naturschutz und die Erholungsfunktion, wurden erhebliche Aufforstungsanstrengungen unternommen, die bis heute andauern.
Der anfängliche Schwung wurde durch die Weltwirtschaftskrise und den Zweiten Weltkrieg gestoppt. Aber die in den 1930er-Jahren aufgestellten fachlichen Grundsätze führten dazu, dass die Aufforstungen in den 1950er- und 60er-Jahren weitgehend in staatlichem Besitz wieder aufgenommen wurden.
Waldanteil mit Aufforstungen erhöht
Nach der politischen Wende 1989 wurden verschiedene Aufforstungsprogramme auf dem wiederentstandenen Privatland fortgesetzt. Ungarn ist es gelungen, seine Waldfläche in den vergangenen hundert Jahren auf 2 Mio. ha zu verdoppeln, sodass heute etwa ein Viertel der Landesfläche mit Wald oder Verjüngung bedeckt ist. Aufnahmen aus 2021 ergaben 2,1 Mio. ha Wald. Davon sind 56% in staatlichem und 44% in privatem Besitz, nur 1% wird kommunal geführt. In der Baumartenzusammensetzung dominieren lichtbedürftige Laubbaumarten: 32% Eichen, 7% Buchen, 5% Hainbuchen, 2% Ahorne, 3% Eschen, 2% andere Hartlaubgehölze, 5% heimische Pappeln, 2% Erlen, je 1% Linden und Weiden, 6% Hybridpappeln, 24% Robinien und 10% Nadelhölzer. Nach Natürlichkeitskategorien entsprechen 0,01% natürlichen, 32% naturnahen Beständen, 21% sind semi-natürlich, 7% naturfern, 34% künstlich und 6% entsprechen Plantagenwald.
Die ungarische Regierung strebt bis 2030 an, den Anteil der Baumflächen gegenüber der Landfläche von 24 auf 27% zu erhöhen. Mit dem Paradigmenwechsel in der ungarischen Forstwirtschaft sind nun auch Naturschutz und Natürlichkeit in der Gesetzgebung verankert. Im Rahmen des Altersklassenwechselsystems ist die Naturverjüngung in geeigneten heimischen Baumbeständen gesetzlich vorgeschrieben. Die Regelung des CCF (Continuous Cover Forestry) wurde 2020 per Ministerialerlass veröffentlicht. Ein Leitfaden dazu gibt Hilfestellungen. Akkreditierte Schulungen für Fachpersonal finden regelmäßig statt.
Der Dauerwald nimmt 2023 bereits 32.942 ha ein. Privaten Personen gehören 3.771 ha (11%). Die Mehrheit mit 28.800 ha (88%) ist in staatlicher Hand. Davon verwaltet der Pilis Park Forst mit 41% den größten Anteil.
Eine Esche auf der Demonstrations- fläche von Pro Silva, 39 m hoch und mit 402 cm Umfang, die selbst Georg Frank imponierte. © Christa Feichtner
Der Traum vom Dauerwald im Piliser Gebirge
Das Waldgebiet rund um das Visegráder und Piliser Gebirge war im Mittelalter ein königliches Jagdrevier und hat sich seit dem vergangenen Jahrhundert zum Naherholungsgebiet entwickelt. Die Einnahmen durch Jagdgäste sind im Pilis Park Forst weiterhin wichtig, doch hat sich die Forstwirtschaft modern und naturnah weiterentwickelt. Die Wälder liegen auf einer Seehöhe von 200 bis 600 m. Der durchschnittliche Jahresniederschlag beträgt 593 mm, wovon nur 57% in der Vegetationsperiode fallen. Inzwischen werden auf der Pro Silva Demonstrationsfläche „Mexiko puszta“ seit 25 Jahren Erfahrungen in der Dauerwaldbewirtschaftung gesammelt.
Doch der Grundgedanke der Dauerwaldbewirtschaftung beschäftigte schon viel länger die Forstingenieure. László Madas (1920–2009), der erste Direktor des Pilis Park Forstes, begann 1954 mit der Umwandlung eines 100 Jahre alten Buchenbestandes. Seine Inspirationen leben in einer nach ihm benannten Försterschule weiter. Zu den Leitprinzipien des Dauerwaldmanagements zählen die Z-Baumauswahl sowie Modellierung der Durchmesserstruktur, die Schaffung von Lücken, um Platz für die Verjüngung zu erhalten und ein Auge auf Biotopflächen, Totholzbäume und kleinere Schutzflächen (Trittsteine). Für die Z-Baumauswahl hat die Vitalität Vorrang vor Qualität, Stammzahl (40–60 Stück/ha) und Baumart. Vor der Z-Baumauswahl erfolgt die Markierung der Rückegassen.
Das Experiment
In einem 40 ha großen, 80 Jahre alten Eichen-Hainbuchenwald des Pilis Forstes werden die Auswirkungen von fünf waldbaulichen Behandlungsformen im Vergleich zu unbehandelten Kontrollflächen, Kahlschlag und Überhältergruppen untersucht. Femellöcher mit 14 und 20 m Durchmesser, gestreckte Femellöcher mit 7×21 m und 10×30 m sowie ein gestrecktes Femelloch, das sich nach Jahren zu einem Kreis vergrößert, werden unbehandelten Flächen gegenübergestellt. Das Interreg-Projekt mit Aufnahmen betreffend Mikroklima, Bodenvegetation, Moose, Verjüngung, Verbiss, Käfer, Würmer und Mikrobiom läuft noch bis zum Sommer 2027, doch Dr. Péter Ódor fasst schon ein erstes Fazit zusammen: „Die Kahlflächen führen zu stark ungünstigen abiotischen Bedingungen, die waldlebenden Lebensgemeinschaften verändern sich infolge der großen täglichen Temperaturschwankungen, der geringen Luftfeuchtigkeit und der stark erhöhten Lichtmenge. In den Femellöchern bleibt trotz des erhöhten Lichtes das Mikroklima gepuffert. Für die Baumverjüngung sind Femellöcher und Kahlschläge geeignet. Um jedoch eine angemessene Eichenentwicklung zu gewährleisten, ist eine schnellwachsende, schattentolerante Art in beiden Behandlungstypen zu kontrollieren. Überhältergruppen können die negativen Effekte von Kahlschlägen für bestimmte Organismengruppen wie Bodenvegetation abmildern.“
Egal, was passiert: Der Pilis-Forst wird auch nächsten Frühling wieder grün sein.
Waldregeneration nach Kahlschlag
Die Schwierigkeiten der Waldregeneration nach einem Kahlschlag im Jahr 2001 waren im Forstamt Valkó des Pilis-Parkforstes zu erleben. Der Umwandlung in heimische Bestände ging eine Bodenvorbereitung voraus. Einige Jahre wurde vergeblich mit Zerreiche aufgeforstet. Der bedeutendste Hemmfaktor war auf den Sandböden nicht nur die Trockenheit und die geringe Humusschicht, sondern die Engerlinge des Maikäfers mit dem Wurzelfraß. Ersatzpflanzungen brachten bis 2009 keinen Erfolg. Erst die Ergänzung mit Graupappelsämlingen in der Reihe ergab Fortschritte. Die Blattstruktur lässt genügend Licht für die Eichen durch, aber mit der Beschattung stört sie das Fressverhalten der Engerlinge, die Wärme lieben. Nun wird in der Pflege den Eichen geholfen, indem die Graupappeln durch Rindenverletzungen langsam absterben und inzwischen noch genügend Beschattung bieten.
Kontrollierte Waldbewirtschaftung
Alle ungarischen Waldflächen sind in Unterabteilungen eingeteilt. Darin sind sämtliche wichtigen Grundzahlen einer Forsteinrichtung online in einer Datenbank eingegeben. Sie bilden die Basis für die Vorschreibungen einer Bewirtschaftung der nächsten 10 Jahre. Eine staatliche Behörde, zehn Büros über ganz Ungarn verteilt, stellt diese Planungen auf, die von der Baumartenzusammensetzung über die Pflege bis zur Ernte reichen. Laufend müssen darin die Eingriffe vom Förster oder privaten Eigentümer aktualisiert werden. Die Planungsziele werden von der Behörde kontrolliert und bei Nicht-Einhaltung können auch Strafzahlungen verhängt werden. Mit dieser konsequenten Bewirtschaftung, um mehr Bestände in naturnahe Stufen umzuwandeln, Aufforstungen und Projekten auf Versuchsflächen möchte Ungarn seine Wälder auf klimafitte Beine stellen und sich vor dem Klimawandel rüsten.