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Die Beratung durch die Waldhelfer vor Ort ist für die Waldbesitzer unverzichtbar und wird auch gerne in Anspruch genommen. © R. Spannlang

MARTIN KISLINGER, WALDVERBAND OBERÖSTERREICH

Waldhelfer: Fachberater vor Ort

Ein Artikel von Robert Spannlang | 07.01.2020 - 11:21
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Martin Kislinger gibt Einblicke in die täglichen Herausforderungen der Waldhelfer. © privat

Der gemeinnützige Verein aus Waldbesitzern unterstützt vor allem Waldbauern bei der Holzproduktion, Holzvermarktung und Waldbetreuung. Martin Kislinger, Vorstandsmitglied des Waldverbandes Oberösterreich, gibt Einblicke in die tägliche Arbeit der Waldhelfer.

Wann wurde die Funktion des „Waldhelfers“ eingeführt und seit wann sind Sie selbst Waldhelfer?
Der Waldhelfer „wurde in der bis heute bestehende Form“ Mitte der 1960er-Jahre von Forstberater Dr. Felix Benz erfunden. Es gab schon einige Versuche vorher, aber nicht in der umfassenden Weise der gesamten Beratung vom Waldbau bis zur Holzvermarktung. Die bäuerlichen Waldbesitzer bekamen in fast jeder Gemeinde einen eigenen „Forstberater“ vor Ort. Ich selber wurde im Jahre 1978 von Felix Benz – damals Forstberater für die Bezirke Schärding und Grieskirchen – als Waldhelfer geholt. Ich war damals 19 Jahre alt und hatte die Landwirtschaftsschule Otterbach absolviert.

Mit welchen Zielen ist das Waldhelfersystem seinerzeit eingeführt worden?
a) Der Waldhelfer soll die bäuerlichen Kleinwaldbesitzer in der gesamten Waldbewirtschaftung unterstützen. Die Bauern hatten vorher niemanden vor Ort, der ihnen mit Rat und Tat zur Seite stand. Ein einziger Forstberater im Bezirk mit ca. 3000 Kleinwaldbesitzern ohne örtliche Multiplikatoren kann nicht flächendeckend arbeiten. Es kommt auf die richtige Baumartenwahl, den richtigen Pflanzverband und die nachfolgende Pflege an, um erfolgreich Waldwirtschaft betreiben zu können.
b) Beratung bei Inanspruchnahme von Förderung, Durchführung von Veranstaltungen, Versammlungen und Lehrfahrten, um den Bauern immer wieder gute Beispiele vor Augen zu führen. Ganz wichtig waren Durchforstungsbeispiele, die immer wieder besichtigt werden. Das ist besonders wichtig, weil das in der konsequenten Art in den Bauernwäldern meist nicht ausgeführt wurde.
c) Vorführen von neuen Techniken und Unterstützung beim Ankauf von Werkzeug und Sicherheitskleidung (Helm, Schnittschutzhose, Forstmaßband usw.) durch die Werkzeugaktionen. Dadurch haben die Waldhelfer beigetragen, die Arbeit effizienter und sicherer durchzuführen. Es wurden dadurch sicher viele Unfälle verhindert. d) Ganz entscheidend war die gemeinschaftliche Holzvermarktung über den neu gegründeten Waldbesitzerverband. Dadurch hat sich in vielen Gebieten des Landes, der Käufermarkt vervielfacht. Dies wiederum ermöglichte den Waldhelfer ein Einkommen. Erstmals stand mit dem Waldhelfer ein „neutraler“ Holzübernehmer für die Bauern zur Verfügung, dessen Abmaß vom Käufer und Verkäufer anerkannt wurde.

Haben sich diese Ziele über die Jahre verändert?
Natürlich hat sich im Laufe der Zeit einiges verändert. Die Technik änderte sich rasant, die Kommunikation durch Mobiltelefon und Internet kann man natürlich sehr gut nutzen. Natürlich können sich heute die Waldbesitzer über Fachzeitschriften und Internet viele Informationen besorgen. Aber letztlich ist der Waldhelfer unentbehrlich. Jeder hat in seinem Wald andere Voraussetzungen, z.B. Bodenverhältnisse, Höhenlage, Hanglage und -ausrichtung usw. Da ist Beratung vor Ort unersetzlich. Die Vermarktung und Holzmessung geschieht heute fast ausschließlich auf Basis eines elektronischen Werksabmaßes. Bei der Klassifizierung des verkauften Holzes erfolgen die meisten Parameter schon über elektronische Eingabe. Und der Waldhelfer hat hier eigentlich keinen Einfluss mehr. Natürlich gibt es immer wieder große Unzufriedenheit bei den Bauern in Zeiten wie diesen, wo es so viel Überangebot durch Schadereignisse gibt. Aber die Ziele selbst ändern sich nicht. Durch die Abwanderung der Arbeitskräfte und dem bäuerlichen Nebenerwerb besteht die Gefahr, dass der Wald, die Pflege und Endnutzung wieder mehr auf der Strecke bleiben.

Was sind heute die größten Herausforderungen für Waldhelfer?
Dass die Waldhelfer noch Zeit finden, um sich selbst weiterzubilden, Schulungen zu machen und an Lehrfahrten teilzunehmen. Die Waldhelfer sind durch die Katastrophen teilweise sehr überbeansprucht und bräuchten dringendst mehr Unterstützung durch die Forstberatung vor allem in der Waldbauberatung. Das Personal in der Forstberatung der Landwirtschaftskammer wurde in den ergangenen Jahren immer weniger. Es ist völlig unverständlich, dass in der jetzigen Situation nicht wieder konsequent Personal eingestellt wird, um die Waldbauern zu unterstützen. In dieser Zeit der Klimaänderung gibt es für uns gewaltige Herausforderungen in Hinsicht auf Baumartenwahl und nachhaltige Waldbewirtschaftung. Die Öffentlichkeit muss Mittel dafür zur Verfügung stellen, wenn die Gesellschaft einen gesunden und stabilen Wald will. Vor allem muss der persönliche Kontakt mit den Waldbesitzern gepflegt werden, um die Motivation für die Waldwirtschaft zu erhalten.

DER WALDHELFER IST DER ENTSCHEIDENDE MULTIPLIKATOR DER FORSTBERATUNG.


Martin Kislinger, Vorstandsmitglied Waldverband Oberösterreich

Wie viele Waldhelfer gibt es derzeit in Oberösterreich? Wie hat sich die Zahl der Waldhelfer entwickelt?
Es gibt derzeit ca. 170 Waldhelfer in Oberösterreich: Diese Zahl wird sicher noch abnehmen, es wird sich zwischen 100 und 120 einpendeln. Die meisten haben das bis jetzt im Nebenerwerb gemacht, neben der landwirtschaftlichen Arbeit am Hof. In Zukunft wird für viele der Waldhelfer zum Hauptberuf werden und die Landwirtschaft zum Nebenerwerb. Die Waldhelferarbeit wird immer anspruchsvoller, schon bedingt durch ständige Katastrophen und Schäden im Wald und die Erwärmung unseres Klimas. Heute sind die meisten Waldhelfer schon ausgebildet als Forstwirtschaftsmeister oder haben eine Försterschule besucht. Man sieht, dass die jungen Waldhelfer fachlich schon sehr gut ausgebildet sind. Wie sich das in Zukunft weiterentwickeln wird, liegt vielleicht auch in der Politik der Landwirtschaftskammer. Immerhin hat sich die bäuerliche Forstwirtschaft schon sehr professionalisiert, Die Zuwachsnutzung hat sich auch dank des Waldhelfersystems stark verbessert.

Welche persönliche/qualifikatorische Voraussetzungen braucht der Waldhelfer?
Der Waldhelfer der Zukunft soll, wie bis jetzt üblich, aus einer Waldbauernfamilie kommen, wo schon gute Waldgesinnung gelebt und erlebt wurde. Er soll bereit sein, den Wald und die Waldbauern aktiv zu betreuen, und beratend zur Seite stehen. Die ständige Weiterbildung ist Pflicht. Das Beobachten des Waldbodens und der natürlichen Vegetation muss gelernt und berücksichtigt werden, sonst ist die Gefahr weiterer Fehlentwicklungen und Katastrophen groß. Überaus entscheidend ist die menschliche Qualifikation, Menschenkenntnis, eine reife Persönlichkeit, Konsequenz im Denken und Handeln, Einsatz und Opferbereitschaft, Fähigkeit und Wille zum grundsätzlichen Denken. Nicht zuletzt sind ein christliches Menschenbild und ein entsprechender Charakter entscheidend. Bei der Auswahl von Personen ist die Einbindung bäuerlicher Funktionäre wichtig. Seine Nachbarwaldhelfer soll er als Kollegen und Partner und nicht als Konkurrenten sehen. Denn nur das gemeinsame Ziel, die Einhaltung der gemeinsamen Richtlinien und sehr wohl auch konstruktive Kritik, hat das Waldhelfersystem so stark gemacht.

Könnte das Waldhelfersystem in OÖ auch als Modell für andere Bundesländer gelten?
Natürlich! Aber dazu ist es natürlich nötig, dass von Land und Gemeinde dienliche Strukturen geschaffen werden, wo sie nicht vorhanden sind. Es müssen je nach Gegebenheiten für eine oder mehrere Gemeinden die geeigneten Personen gefunden werden. Eine starke Forstberatung in der Landwirtschaftskammer ist Voraussetzung für gut ausgebildete und geführte Waldhelfer. Im Vermarktungsbereich muss eine gut funktionierende Vermarktungsorganisation, wie in OÖ der Bäuerliche Waldverband (BWV), vorhanden sein. Ein Waldhelfer aus der Bauernschaft deswegen, weil er auch der verlängerte Arm der gesetzlichen Interessenvertretung ist. Und gerade bei den großen Schadflächen der vergangenen Jahre ist die Aufforstungsberatung und die Beratung bei der Durchführung der Maßnahmen direkt auf der Fläche unverzichtbar. Noch einmal: Der Waldhelfer ist der entscheidende Multiplikator der Forstberatung.

Ihr Sohn scheint nun auch als Waldhelfer tätig zu sein ...
Mein Sohn ist zurzeit nicht als Waldhelfer tätig. Er ist als sehr aktiver Akkordant mit anderen Waldhelfern oft im Einsatz und er hat auch sehr viel WaldhelferBlut geerbt. Er ist mittlerweile selber leidenschaftlicher Waldbauer und weiß, wie wertvoll der Wald ist. Und Waldhelfer kann er ja noch immer werden – wer weiß. Aber in unserer Gemeinde habe ich mir schon vor Jahren einen guten Nachfolger gesucht, der seine Sache versteht und gute Arbeit leistet. Es macht mir schon große Freude, wenn ich die Beratungsarbeit der vergangenen 30, 40 Jahre in den Wäldern sehe. Es ist gelungen, doch eine Anzahl Waldbesitzer zum Aufbau von Mischwäldern zu bewegen, lange vor den derzeitigen Katastrophen.

Wie sehen Sie die Zukunft dieser Form der forstlichen Beratung?
Wenn es die Landwirtschaftskammer als gesetzliche Interessenvertretung ernst meint mit der Vertretung des bäuerlichen Kleinwaldes, dann muss man das Waldhelfersystem bestmöglich unterstützen. Man hat vor Ort in OÖ mit dem bestehenden Waldhelfersystem in Verbindung mit der LK-Forstberatung das beste Instrument, um eine Qualitative hochwertige Betreuung zu gewährleisten. Die Arbeit soll über die Holzvermittlung und forstliche Förderung bezahlt werden. Denn Waldberatung ist sehr zeitaufwendig. Die Einbindung und Zusammenarbeit mit der Forstbehörde wären für die Zukunft auch wichtige Themen. Ich denke da auch an einen ehrlicheren Umgang mit der WaldWild-Frage. Angesichts verschiedener Widersprüchlichkeiten der jetzigen Regelungen scheint es mir unabdingbar, hier neue Wege zu gehen. Unter „Widersprüchlichkeiten“ meine ich: a) fast durchwegs beste Ergebnisse bei der Waldbegehung im Frühjahr um die Naturverjüngung zu bewerten, b) 50 bis 100 km Wildschutzzaun pro Jahr, um Mischwald zu ermöglichen, c) zu viele Einschränkungen bei Jagdvergaben – etwa durch die Abschussplanverordnung in Oberösterreich. Das alles bindet zu viel wertvolle Zeit der Forstberatung. v