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Waldwissen, Wir-Gefühl und Selbstbewusstsein in die Branche bringen: Waldmontag-Mastermind und Moderator Maximilian Handlos © www.lunghammer.at

Interview Maximilian Handlos, Waldverband Stmk

Mon-Talk am Forststammtisch

Ein Artikel von Robert Spannlang | 05.01.2022 - 09:18
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Der Waldverband Stmk geht bei Forstberatung völlig neue Wege: Waldmontag-Ankünder online © Waldverband Stmk

Seit einem Jahr macht der „Waldmontag“ als kurzweilige Informationsveranstaltung im Netz Furore. Dessen freundliches Gesicht nach außen ist jenes von Maximilian Handlos – ehemaliger Waldbauer, Holz-Lkw-Fahrer und Erwachsenenbildner, heute Forstwirtschaftsmeister, Agrarpädagoge und beim Waldverband Steiermark zuständig für öffentlichkeitswirksame Auftritte.

Herr Handlos, welche Vorteile bietet diese moderne Art der Wissensvermittlung über Waldbewirtschaftung?
Es ist niederschwellig und unterhaltsam. Alles, was ich benötige, um dabei zu sein, ist eine E-Mail-Adresse. Da kann ich live teilnehmen oder ich sehe etwas aus dem Archiv oder auch öfter an, wenn mich etwas speziell interessiert. Es gibt eine breite forstliche Themenpalette, die als „Waldmontag“ auch regelmäßig angeboten werden muss. Ich konnte nicht mit der Vorstellung leben, es etwa nur jeden zweiten Montag zu übertragen. Ein Schlüssel zum Erfolg war: immer die gleiche Zeit, immer der gleiche Zugangslink.

Inwieweit hat die Corona-Pandemie dieses Online-Angebot inspiriert?
Bis November 2020 hat von uns keiner geahnt, wie sehr Corona und die Lockdowns persönliche Stammtische landauf, landab lahmlegen würden. In der Nacht hatte ich dann den spontanen Einfall zu unserem „Waldmontag“. Ich dachte sofort an Martin Krondorfer, Leiter der FAST Pichl, als meinen Partner dafür. Mit ihm habe ich mich über dieses Projekt drübergetraut. Gemeinsam haben wir das Konzept dazu geschrieben und die PR-Agentur des Waldverbandes Steiermark beauftragt, das Sujet dafür zu entwickeln.

Wie stark ist der Publikumszuspruch?
Die ursprüngliche Verbandslizenz war auf 100 Teilnehmer begrenzt. Am Vormittag des ersten „Waldmontags“ hatten wir durch unsere Rückmeldungen bereits das etwas flaue Gefühl, dass sich das nicht ausgehen würde. Im Laufe des Tages haben wir sicherheitshalber noch aufgestockt auf eine 500er-Lizenz. Und am ersten „Waldmontag“ hatten wir tatsächlich 380 Liveteilnehmer. Heute haben wir uns bei 200 bis 250 Teilnehmern pro Folge eingependelt.

Es kommen bei den Waldmontagen Expert*innen zu unterschiedlichen Themen zu Wort. Haben Sie auch schon Vorführungen aus dem Wald übertragen?
Das haben wir uns zwar schon oft überlegt, aber bisher noch nicht durchgeführt, weil der Aufwand doch ungleich höher ist als im Studio. Aber wir spielen immer Videos aus dem Wald ein. Außerdem ist es zu unserer Sendezeit um 19 h die meiste Zeit des Jahres über im Wald schon zu dunkel für Aufnahmen. Aber die nachträglichen Zugriffe sind beträchtlich. Auf YouTube liegt der Spitzenwert beim Waldmontag über fremdländische Baumarten bei 2.375 Aufrufen. Wir werden heuer insgesamt auf etwa 30.000 Videoaufrufe kommen.

Haben Sie mit diesem Erfolg gerechnet?
Wir bespielen den ganzen deutschsprachigen Raum und haben sogar Zuseher in den Benelux-Ländern. Ich glaube aber, wir haben das Potenzial noch nicht völlig ausgeschöpft. Ursprünglich wäre ich mit 50 Teilnehmern zufrieden gewesen, weil wir das Projekt anfangs doch ressourcenarm betrieben haben. Aber man wird mit der Zeit anspruchsvoller (lacht).

Wir brauchen als forstlich Tätige ein Wir-Gefühl. Das ist ein wesentliches Anliegen des Waldmontags.


Maximilian Handlos, Medienbeauftragter Waldverband Steiermark

Wie stark ist dieses Format interaktiv ausgerichtet? Werden Fragen über die Chat-Funktion oder auch direkt gestellt?
Wir haben Themen, wo extrem viele Fragen hereinkommen, ja. Oft kriegen wir das vor der Kamera gar nicht so mit, weil unser Expertenteam im Hintergrund diese Fragen meist gleich direkt beantwortet. Fragen erreichen uns aber auch über unsere Waldverband-E-Mail-Adresse und über den Feedbackbereich auf YouTube und über Facebook, die wir dann hinterher beantworten.

Wie ist so ein Waldmontag aufgebaut? Läuft das immer gleich ab?
Als Konsument von digitalen Formaten war mir von Anfang an klar, dass es darauf ankommen würde, abwechslungsreich zu sein. Inhaltlich kann man nicht wirklich sehr in die Tiefe gehen, aber man kann Überblickswissen gut vermitteln. Zu Beginn jeder Folge zeigen wir immer einen professionellen Trailer mit eingängiger Musik und beeindruckenden Filmsequenzen aus dem Wald. Dann folgen Ausführungen von Persönlichkeiten aus der Wissenschaft oder Praxis. Am Anfang stellten wir uns die Frage, ob unser Waldmontag etwa der forstlichen Ausbildungsstätte Pichl potenzielle Teilnehmer wegnehmen würde. Aber es stellte sich bald heraus: Es ist eher eine Werbung für die FAST. Letztlich soll unser Format neugierig machen auf Themen, mit denen sich Waldbesitzer*innen dann noch tiefer auseinandersetzen wollen oder die sie bisher noch zu wenig am Radar hatten.

Inwiefern lassen sich über diesen modernen Weg der Forstberatung auch hof- und forstferne Waldbesitzer erreichen?
Es ist nach meiner Erfahrung gar nicht so leicht, diese hoffernen Waldbesitzer zu erreichen, weil sie sich unter Forstfachleuten oftmals ein wenig bedrängt fühlen. Der Waldmontag erlaubt aber auch eine gewisse Anonymität. Damit lernen sie Themen, Organisationen und Leute aus der Branche kennen. Das verringert die emotionale Distanz. Der Klimawandel ruft ja selbst bei „alteingesessenen“ Waldbesitzern oft Verunsicherung hervor, weil etwa sogar die tiefwurzelnde Lärche im Mürztal schon Trockenschäden zeigt, wo hingegen die flachwurzelnde Fichte seltenere Niederschläge oft rascher aufnimmt.

Lässt sich auch der Effekt feststellen, dass Leute selbst auch mal mitmachen wollen?
In dem Sinne, dass Experten aus der Praxis oft auch waldbäuerlichen Hintergrund haben und sich andere aus dieser Gruppe ermutigt fühlen, auch einmal vor die Kamera zu treten: ja. Das wiederum erhöht den Grad der Akzeptanz und Identifikation in der Zielgruppe.

Hat Ihre Arbeit in anderen Landesorganisationen Aufmerksamkeit erregt, gibt es Nachahmer – oder schließt man sich dem steirischen Waldmontag an?
Unsere Bundesorganisation unterstützt unsere Idee voll. Mit dem Waldverband Oberösterreich habe ich für kommenden Januar und Februar einige gemeinsame Waldmontage vereinbart. Immerhin geht es ja um Themen, die nicht nur die Steirer betreffen. Und natürlich freuen wir uns, wenn sich auch andere einbringen. Ich denke, unser Format ist ziemlich einzigartig im deutschsprachigen Raum. Dafür sind wir immer noch relativ ressourcenarm unterwegs, könnten aber mit diesem Aufwand auch wesentlich mehr Adressaten mit wertvollen Inhalten erreichen. Im Prinzip geht es ja auch darum, die Leistungen von Forstleuten sowie von Waldbauern und Waldbäuerinnen noch mehr in der Öffentlichkeit wahrnehmbar zu machen. Auch die Wirkung nach außen ist uns wichtig.

Niederschwellig, sympathisch, interaktiv, fachlich fundiert, ohne zu überfordern – ist das die Forstberatung der Zukunft?
Ich würde das als Ergänzung der schon bestehenden Fachberatung etwa durch die Landwirtschaftskammer sehen. Schon allein deshalb, weil wir mit unserem Angebot Zielgruppen erreichen, die wir sonst nicht erreichen würden. Wir animieren viele Waldbesitzer*innen dazu, überhaupt den ersten Schritt zu setzen und sich mit forstlichen Themen auseinanderzusetzen. Es soll weiters dazu führen, dass sich die Leute für forstfachliche Ausbildungen anmelden oder individuelle Beratungen in Anspruch nehmen. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass selbst in einer Zeit nach Corona dieses Online-Angebot weitergeht. Idealerweise lege ich an einem Waldmontag eine Basis theoretischen Wissens etwa über Forstseile und veranstalte zwei Tage später – vielleicht als „Waldmittwoch“ – an fünf Standorten in der Steiermark oder an 50 Standorten in der DACH-Region jeweils Praxistage dazu. Das wäre dieser berühmte duale Zugang, der für alle gemeinsam professionell beworben wird.

Es gibt also noch Ideen für den Ausbau des Projekts. Kommen Anregungen für Themen auch aus dem Publikum selber?
Ja! Ich plane etwa am kommenden Waldmontag, die Teilnehmer über eine Chat-Umfrage oder über Mentimeter nach erwünschten Themen zu befragen.

Was sehen Sie als Herausforderung in der Waldberatung?
Die größte Aufgabe wird sein, uns einen guten Status in der Gesellschaft zu erarbeiten. Zwar sagen wir oft: „Wir haben die Nachhaltigkeit erfunden“ – aber unsere Botschaften kommen vielfach nicht an! Jede(r) in der Forstwirtschaft Tätige – ob in der Praxis, bei den Behörden oder in der Wissenschaft – muss dieses positive Bild der Forstwirtschaft in die Gesellschaft tragen. Ich kann mich heute nicht mehr allein darauf verlassen, dass das der Waldverband oder der Forstverein macht. Denn sonst werden wir unsere Wälder irgendwann nicht mehr bewirtschaften dürfen. Wir brauchen dieses gesellschaftliche Gewicht, damit wir politische Rahmenbedingungen schaffen können. Wir brauchen als Waldbauern und -bäuerinnen ein Wir-Gefühl und auch das ist ein wesent­liches Anliegen des Waldmontags.