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Harvestereinsatz © Günter Pichler/Pixabay

Holzernte

Kalkulation Harvester

Ein Artikel von Robert Spannlang | 31.01.2024 - 10:26
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Vollharvester - kurz vor Auslieferung im Komatsu-Werk Umea/SE © R. Spannlang/Forstzeitung

Vollernter zählen heute zu den gängigen Arbeitsgeräten für eine leistungsfähige Waldarbeit. Forstunternehmen sind auf diese Tätigkeiten spezialisiert und erbringen Dienstleistungen von der Forstpflege über die Durchführung der Ernte, den Abtransport zum Lagerplatz und – wenn vom Waldbesitzer gewünscht – auch die Vermarktung des geernteten Holzes. Zur rationellen Arbeitserledigung muss der Technikeinsatz logistisch optimiert sein. Der Kunde erwartet sich ein bestmögliches Arbeitsergebnis bei der Ausformung des Holzes, die Vermeidung von Beschädigungen am Boden und an angrenzenden Beständen. Spezielle Anforderungen an die Fahrer und zum Teil kaputte Preise kennzeichnen die Rahmenbedingungen dieser Sparte.

Nachfrage nach Harvesterarbeit
Kalamitätsschäden (Sturm, Borkenkäfer etc.) und geringere verfügbare Personalressourcen verstärkten in den vergangenen Jahren die Nachfrage nach Harvesterarbeiten. Der aktuell rückläufige Holzpreis setzt Schlägerungsunternehmen unter Druck. Entstehende Kosten für Arbeitserledigungen sind dem Kunden möglichst transparent zu vermitteln. Die Beauftragung von Forstunternehmern gilt auch als Vertrauensgeschäft für einen schonenden Umgang bei der Waldarbeit. Der einzelne Waldbesitzer setzt verstärkt auf Nachhaltigkeit. Dennoch sind die angebotenen Preise von hoher Bedeutung.
Wer in einen Harvester investiert, muss sich sein Vorhaben gut überlegen und eine professionelle Arbeit zum Ziel haben. Es wird dabei viel Geld in die Hand genommen, das über den Wertschöpfungsprozess erwirtschaftet werden muss. Die Qualifikation des Maschinenfahrers, entsprechende Sorgfalt und ein rationeller Arbeitsablauf sind hier entscheidende Kriterien. Aus den Beratungsgesprächen mit Forstunternehmern geht hervor, dass eine langjährige Erfahrung mit Waldarbeiten und ein überdurchschnittlicher Einsatz des Unternehmers und der Mitarbeiter gefordert sind.
Die Ernteeinsätze erstrecken sich meist über einen größeren Umkreis vom Standort des Betriebes. Mit größerer Entfernung kommen Anforderungen an die Flexibilität der Mitarbeiter und des Unternehmers hinzu. Für jeden Einsatz müssen Sie eine Einsatzleitung berücksichtigen, die der Unternehmer selbst wahrnimmt oder ein beauftragter Mitarbeiter ausführt. Auch im Kleinunternehmen entstehen dafür anfallende Arbeitszeiten, die nicht vernachlässigt werden dürfen. Ein massiver Wettbewerb führt immer wieder zu Preiskämpfen, die zulasten des Forstunternehmers, der Mitarbeiter und in der Folge der Arbeitsqualität stattfinden. Eine hochwertige Arbeit braucht einen vernünftigen Preis und eine solide Geschäftsabwicklung.

 

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Harvestereinsatz bei -15°C in Nordschweden © R. Spannlang/Forstzeitung

Harvester mit 200 kW/272 PS
Für unser Beispiel kommt ein 272 PS (200 kW) Harvester mit einem 60 cm-Schneidkopf zur Verarbeitung von Stämmen bis zu einem Durchmesser von 60 cm zur Anwendung. Von zentraler Bedeutung ist auch die logistische Abstimmung mit der Bringung. Die einzelnen Arbeitsaufträge bei den Kunden werden meist in Kombination aus Schlägerung und Bringung durchgeführt. Weiter steht dem Fahrer ein Einsatzfahrzeug (z.B. Servicewagen oder Klein-Lkw) zur Verfügung. Die jährliche Fahrleistung wird mit 25.000 km und 500 Fahrstunden (Durchschnitt 50 km/h) angenommen und auf die Einsatzstunden des Harvesters umgelegt. Die gewählte Lösung wird in Forstunternehmen mit guten Auslastungen als Grundausstattung eingeordnet. Das Erntegerät ist flexibel einsetzbar und gut geeignet.

Daten und Fakten
Die Jahresauslastung der Maschine in der Fällarbeit liegt bei durchschnittlich 1.400 Stunden. Als Nutzungszeitraum sind sechs Jahre angesetzt. Die Motorstunden bewegen sich aufgrund von Überstellungsfahrten und anderen Nebenzeiten bei 1.600 Stunden. Der Harvester wird großteils mit dem Tieflader überstellt. Dazu werden Überstellungskosten kalkuliert, die an den Kunden gesondert verrechnet bzw. im Auftrag eigens in Abzug gebracht werden. Aufgrund des vorherrschenden Preisdrucks können die Kosten für Überstellungen aus dem Leistungspreis (fm-Preis) nicht abgedeckt werden. Hier ist den Waldbesitzern ein Bewusstsein für Überstellungskosten zu vermitteln.
Bei der Berechnung konzentrieren wir uns wieder auf die variablen, fixen, personal-, auftrags- und unternehmensbezogenen Kosten. Aufgrund der hohen Unterschiedlichkeiten ist es hier wichtig, möglichst viele Daten aus der Praxis einfließen zu lassen.

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Tab. 1: Variable Maschinenkosten: Harvester mit 200 Kw/272 PS Motor, Harvesteraggregat bis 60 cm Fälldurchmesser, Einsatzfahrzeug – alle Werte netto ohne USt. © Helmut Scherzer, VLÖ

Ermittlung variable Maschinenkosten
Zu den variablen Maschinenkosten zählen die Betriebsmittelkosten wie Diesel, Öle, Schmierstoffe, Reparaturen, Reifen, Ketten, Hilfs- und Verbrauchsstoffe. Für die Reparaturen und Schmiermittel beim Harvestereinsatz werden Tabellenwerte aus ÖKL, KTBL und Erfahrungswerte aus der Praxis herangezogen. Für Großschäden wurde eine Maschinenbruchversicherung mit hohem Selbstbehalt kalkuliert. Die angeführten Werte beziehen sich auf einen Nutzungszeitraum des Harvesters von sechs Jahren und verstehen sich netto ohne USt. Das Harvesteraggregat wird ebenfalls sechs Jahre genutzt, nach vier Jahren wird ein Generalservice vorgenommen.

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Tab. 2: Fixe Maschinenkosten: Harvester mit 200 Kw/272 PS Motor, Harvesteraggregat bis 60 cm Fälldurchmesser, Einsatzfahrzeug – alle Werte netto ohne USt. © Helmut Scherzer, VLÖ

Ermittlung fixe Maschinenkosten
Als fixe Maschinenkosten bezeichnet man nutzungsunabhängige Kosten. Sie fallen auch an, wenn die Maschinen nicht oder nur in sehr geringem Umfang genutzt werden. Die fixen Maschinenkosten setzen sich aus der Abschreibung (AFA), dem Zinsansatz, den Kosten für Versicherungen, Kfz-Steuern und Gebühren und für die Unterbringung zusammen.

a) Berechnung der Abschreibung (AFA)
Die jährliche Wertminderung einer Maschine wird in Form der AFA (Absetzung für Abnutzung) ermittelt. Die Höhe richtet sich nach dem Anschaffungswert, der wirtschaftlichen Nutzungsdauer und dem Restwert. Die Nutzungsdauer der Maschine wird einerseits durch die Leistung (in Festmeter oder Stunden), andererseits durch das Alter (in Jahren) bestimmt. Vereinfachend wird vielfach die lineare Abschreibung nach der Nutzungsdauer angewendet. Dabei werden die Anschaffungskosten abzüglich des voraussichtlichen Restwerts gleichmäßig über die geplante Nutzungsdauer verteilt. AFA je Jahr = (Anschaffungswert – Restwert)/Nutzungsdauer.

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Tab. 3: Zinsen © Helmut Scherzer, VLÖ

b) Berechnung des Zinsansatzes
Beim Zinsansatz handelt es sich um die Kosten der Kapitalnutzung und dieser entsteht mit dem Kauf der Maschine. Der Zinsansatz kann aus Fremdkapitalzinsen für Darlehen, aber auch aus Nutzungskosten für das eingesetzte Eigenkapital ermittelt werden. Aus den Erfahrungen in Lohnunternehmen wird hier ein gemischter Zinsansatz aus Eigen- und Fremdkapital von derzeit durchschnittlich 4,5% für die gesamte Laufzeit zugrunde gelegt. Bei der Berechnung der Zinsen wird aus Vereinfachungs-gründen der mittlere Zeitwert aus Anschaffungs- und Restwert der Maschine gebildet.

Zinsansatz je Jahr = (Anschaffungswert + Restwert) / 2 x Zinssatz / 100

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Tab. 4: Kosten Versicherung, Kfz-Steuern und Gebühren © Helmut Scherzer, VLÖ

c) Kosten für Versicherung, Kfz-Steuern und Gebühren
Zu den Versicherungskosten zählen alle Aufwendungen, die direkt einer Maschine zugeordnet werden können (Kfz-Haftpflicht, Feuerversicherung, Kasko, Maschinenbruch und Ähnliches). Für den Harvester inklusive Aggregat wurde eine Kaskoversicherung inklusive Feuer mit einem Selbstbehalt von 2.500 € zu einer Prämie von 0,7% des Neuwerts kalkuliert, für das Einsatzfahrzeug wurde eine Kfz-Haftpflicht inklusive Kasko mit einem Selbstbehalt und einer Jahresprämie von 1.200 € zuzüglich motorbezogener Versicherungssteuer von 700 € berechnet. Zu den Gebühren zählen bspw. jährlich wiederkehrende Begutachtungen (Pickerl-Überprüfung) oder Routengenehmigungen.

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Tab. 5: Kosten Unterbringung in Halle © Helmut Scherzer, VLÖ

d) Kosten für Unterbringung
Für die Berechnung der Unterbringungskosten werden in der Regel pauschale Ansätze herangezogen. Bei Neubauten kann man von Gebäudekosten in Höhe von 30 bis 35 €/m² und Jahr ausgehen. Eine andere Variante kalkuliert mit einem prozentualen Anteil (von 0,4 bis 1%) der Anschaffungskosten. Im vorliegenden Beispiel wird für den Harvester inklusive Aggregat eine Unterbringungsfläche von 35 m², für das Einsatzfahrzeug von 18 m² beansprucht.

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Tab. 6: Zusammenfassung fixe Maschinenkosten © Helmut Scherzer, VLÖ

Werden die einzelnen Positionen aus Abschreibung (AFA), Zinsansatz, Versicherung/Kfz-Steuern/Gebühren und Unterbringung addiert, erhält man die fixen Maschinenkosten in Summe:

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Tab. 7: Maschinenkosten für Harvestereinsatz © Helmut Scherzer, VLÖ

Die Maschinenkosten (variable und fixe Maschinenkosten) für den Harvestereinsatz betragen rund 143 €/h netto. Hier sind aber der Fahrer, die Organisationskosten mit der Berücksichtigung einer Einsatzleitung, die Unternehmenskosten, das Unternehmerrisiko und ein Gewinnaufschlag noch nicht enthalten!

Ermittlung der Verfahrenskosten
Wird daraus der Kostensatz für das Arbeitsverfahren ermittelt, müssen die Aufwendungen für den Fahrer (Personalkosten), Regie- und Lehrzeiten wie z.B. Anfahrt, Stehzeiten von Maschinen sowie die Organisations- bzw. Auftragskosten und die Unternehmenskosten hinzugerechnet werden. Bei der Waldarbeit sind Zeiten für eine eventuelle Auszeige, für die Abfuhrkoordination von verkauftem Holz oder andere Aufgaben zu berücksichtigen.

Kosten für Fahrerpersonal, Organisations- und Unternehmenskosten sowie kalkulatorisches Wagnis
Die Kosten für das Fahrerpersonal sind, umgelegt auf die produktiven Einsatzzeiten beim Kunden, mit mindestens 42 €/h zu kalkulieren. Aus Arbeitszeitaufzeichnungen in Forstunternehmen und den Erfahrungen der Praxis sind für Organisations- bzw. Auftragskosten rund 16 € (= anteilige Personalkosten für die Einsatzleitung inkl. Einsatzfahrzeug) je Maschineneinsatzstunde und für die Unternehmenskosten pauschal 13% bis 15% der Selbstkosten als Richtwert anzustellen. Bei laufenden Überstellungen der Maschinen – etwa im bäuerlichen Wald – werden 10% bis 15% der Selbstkosten als Aufschlag benötigt. Im Ansatz kalkulatorisches Wagnis für das übernommene Unternehmensrisiko ist ein Wert von mindestens 3% (besser 5%) zu berücksichtigen.

Umrechnung auf Leistungspreis
Der errechnete Dienstleistungssatz für den Harvestereinsatz liegt bei 244 €/h netto. Bei einer durchschnittlichen Ernteleistung von 15 fm Holz je Stunde ergibt das 16,28 €/fm netto, bei durchschnittlich 12 fm Holz je Stunde sind das 20,35 €/fm, bei durchschnittlich 18 fm Holz ergibt das 13,56 €/fm netto zuzüglich 20% Umsatzsteuer. In der Durchforstung werden erfahrungsgemäß Arbeitsleistungen von 8 bis 13 fm, bei der Starkholzernte von 15 bis 20 fm je Stunde erreicht.

Anfahrten und Überstellungen
Für die Berechnung von Anfahrten sind als Mindestwert die variablen Maschinenkosten + Personal- + Unternehmenskosten heranzuziehen. Überstellungen mit dem Tieflader müssen zu Vollkosten inkl. fixer Maschinenkosten für den Tieflader kalkuliert werden. Werden diese nicht gesondert verrechnet, dann sind sie vom Arbeitspreis zu tragen und das kann teuer werden. Ermitteln Sie für Ihr Unternehmen den erforderlichen Aufschlag für die Durchführung von Überstellungen in Abhängigkeit der geschlägerten Holzmenge. Das Ziel ist immer die Erreichung einer schwarzen Null und der gewünschte Arbeitsverdienst für ihre eingebrachte Arbeitszeit, das Engagement und übernommene Risiko.
Die angeführte Musterkalkulation ist eine unverbindliche Berechnungsgrundlage und gilt daher als Beispiel zur Ermittlung von Verfahrenskosten in Lohnunternehmen.


Die Erstveröffentlichung dieses Beitrages erfolgte in der Mitgliederzeitung des VLÖ, Ausgabe 87, vom August 2023. Abdruck mit freundlicher Genehmigung von Helmut Scherzer.