Kommentar
Die meiste Erfahrung mit einer Cockpitergonomie, die vom Fahrer als möglichst geschmeidig und ermüdungsarm empfunden werden soll, haben wohl Autoproduzenten. Dies dürften sich die John Deere-Leute vor der Konzeptionierung des Kabineninnenraums für die beiden Harvester der neuen H-Serie – den 1270H und den 1470H – auch gedacht haben. Und so wurde ein Unternehmen der BMW-Group zur Kooperation eingeladen. „Unsere in Zusammenarbeit mit BMW Designworks entwickelten Kabinen stellen das Wohlbefinden des Fahrers in den Vordergrund“, heißt es da im John Deere-Prospekt zur H-Serie. Weiters ist von „außergewöhnlichem Komfort“ und „maximaler Individualisierbarkeit“ die Rede. Eine kabellose Handy-Ladestation ist jetzt ebenso an Bord wie eine Kühlbox oder ein Premium-Soundsystem. Was gleich beim ersten Hinsehen auffällt: Ein „Head-up-Display“ kann ja auch ein Bildschirm sein, der am Holm auf Augenhöhe sitzt.
Ein williger Testpilot nach dem anderen erklimmt die Fahrerkabine der Präsentationsmaschine der neuen H-Serie – ein John Deere 1270H – und nimmt vor dem Instruktor des Österreich-Importeurs und Vertragspartners ÖForst Platz. Erste Vorwärts-Rückwärtsbewegungen des gewohnt in Gelb-Grün gehaltenen Harvesters sowie des neuen, mächtigen H7-Krans fallen wohl noch ein wenig vorsichtig aus. Aber sobald der Testfahrer sich daran macht, seinen ersten Baum in diesem Stück Wald am Loiblpass zu fällen, lässt nichts mehr darauf schließen, dass er den 1270H zum ersten Mal bewegt: Die Bewegungen sind geschmeidig und zielsicher. Natürlich sind die Probanden allesamt gestandene Forstunternehmer, viele von ihnen auch schon viele Jahre John Deere-Kunden. Und dennoch sind sie selbst überrascht, wie intuitiv die neue Bedienphilosophie im Zusammenspiel mit der intelligenten Kransteuerung IBC, die in der H-Serie in der Version 3.0 jetzt Standard ist, und der aktiven Rahmenverriegelung ist.
Automation steigert Produktivität
„Die H-Serie integriert neue Automatisierungs- und Konnektivitätsfunktionen, die die Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine noch intuitiver gestaltet und damit noch produktiver macht“, erklärt Christian Freitag, Geschäftsführer von ÖForst: Die hydraulisch gesteuerte „aktive Rahmenbremse“ am Mittelgelenk etwa, sie ist zweifellos das Herzstück der Maschine. Über zwei seitlich angeordnete Zylinder übt der Zylinder jeweils auf der gegenüberliegenden Seite etwa zu einem auskragenden Kran Gegendruck aus, sodass immer alle Räder Bodenkontakt haben. Diese Funktion ermöglicht Fahren und Arbeiten mit Kran bei voller Ausnutzung der Kranreichweite. „Die acht Räder auf den Bogie-Achsen sind daher immer am Boden. Das ist gut für die Lastverteilung und auch bodenschonend. All das geschieht völlig ohne Zutun des Piloten und entlastet ihn daher spürbar“, erklärt ein ÖForst-Techniker. Zudem dreht die Kabine bei Rückwärtsfahrt für bessere Sicht automatisch leicht ein. Die intelligente Kransteuerung der neuesten Generation – die IBC 3.0 – verhindert ebenso automatisch ein Überdrehen des Rotators sowie risikoreiche Fällbewegungen des Kranes in unmittelbarer Nähe des Harvesters. „Und dennoch kann der Fahrer einen Harvester der H-Serie nach wie vor schwarz-weiß steuern. Wer kann, der kann“, bestätigt der Techniker. Die Bedienknöpfe an den Mini-Joysticks können aber in jedem Fall frei konfiguriert werden.
Freilich setzt John Deere in der H-Serie eine nochmals verbesserte Version des TimberMatic-Steuerungssystems ein, die sich nahtlos in die Karten-Software des Hauses integriert. So können Produktion und Status der Zwischenlagerplätze der Holzbloche für Forwarderfahrer in Echtzeit hinterlegt werden. Diese wiederum können dann mit der Auto-Collect-Funktion beim sortimentsweisen Verladen des Holzes wertvolle Zeit sparen.
Mehr Dreh- und Schwenkmoment
Bei der H-Serie ist man auf ein Drei-Pumpen-System umgestiegen – es steht also je eine Pumpe für Kran, Aggregat und Fahren zur Verfügung. „Bei Bedarf können aber alle drei Pumpen auch zusammengeschlossen werden, um die Leistung bei einer dieser drei Funktionen zu maximieren“, ergänzt Christian Freitag. Im Vergleich zur G-Serie bieten daher die neuen H-Harvester eine bemerkenswerte Steigerung der Motorleistung und des Drehmoments um 10%. Auch der H7-Kran erzielt mit mehr Arbeitsdruck nun um 10% mehr Hubkraft und Schwenkmoment. „Durch dieses weiterentwickelte Hydraulikmanagement konnte diese Leistungssteigerung erreicht – und dennoch der Kraftstoffverbrauch insgesamt gesenkt werden.
Ebenso gesenkt wurden Wartungsintervalle: Im Rahmen eines Wartungsvertrags mit dem John Deere-Vertragshändler in Österreich, ÖForst, können sie nun bis zu 1000 Arbeitsstunden betragen.
Leisere Kabine, besserer Sound
Der ganze Motorblock sei bei den Harvestern der H-Serie um 180° gedreht eingebaut worden, die Kühlungseinheit sei jetzt hinten, verrät der ÖForst-Geschäftsführer weiter. Neben Vorteilen des Temperaturmanagements hätte das auch niedrige Geräuschpegel in der Fahrerkabine gebracht. „Da kommt dann auch die optionale Premium-Soundanlage noch besser zur Geltung“, lächelt der ÖForst-Techniker.
Aussteigende Testpiloten haben nach dem Trial und zwei, drei gefällten Bäumen meist einen verklärten Gesichtsausdruck. „Ja, ist schon geil“, sagt einer. „Nicht nur, weil es neu ist. Da hat mal jemand auf uns Fahrer gehört.“