Mit ansprechenden 5,4 PS (0,7 PS mehr als die 562 XP Mark II) und im Vergleich dazu geringerem Gewicht (5,8 kg ohne Schneidausrüstung) hält man ein impulsives Kraftpaket (Hubraum von 62,4 cm3) in den Händen. Ihr Schwerpunkt hat sich durch die motorbezogene Bauweise etwas tiefer als gewohnt verlagert und ist zwischen dem vorderen Griffbügel und dem hinteren balancefreundlich austariert. Klein und wendig, wie eine 50 cm3-Kettensäge, bringt sie eine Leistung von 70 cm3-Modellen auf den Punkt. Die Neuheit reiht sich damit mit einem Quantensprung in die momentan meistgeschnittene Königsklasse ein.
Injektor statt Vergaser
Statt herkömmlicher Vergasertechnik sorgt ein funktionales Motorsteuergerät mit „Injektor“ für eine koordiniert gesteuerte Kraftstoffeinspritzung direkt in den Luft-/Kraftstoffkanal vor der Drosselklappe. Letztere regelt die dazu notwendige Luftzufuhr. Das für die Treibstoffversorgung verantwortliche Einspritzventil sitzt schräg vor dem Kurbelgehäuse. Die Zuleitung wird über einen kurzen, gerade verlaufenden Benzinschlauch garantiert. Sowohl der Zeitpunkt der Einspritzung als auch der Zündzeitpunkt werden alleinig vom Steuergerät in Millisekunden getaktet. Die Stromversorgung erfolgt über eine Spule unterhalb des Schwungrads. Hier sitzt auch ein Sensor, der den Funken für die Zündkerze freigibt. Von mehreren Sensoren werden zeitgleich Temperatur, Luftdruck (Höhenlage), Drehzahl und Last (über die Gasgriffstellung) abgefragt. Die ermittelten Signale sorgen dafür, dass der Kraftstoff stets präzise und bedarfsgerecht für eine optimale Verbrennung abgegeben wird. Dadurch kommt bei jeder Gasannahme die Leistungskraft direkt auf der Sägekette an, die auch unmittelbar benötigt wird. Nach kraftvoller Beschleunigung stellt sich, so auch beim Fällen oder Trennschnitt, ein gleichmäßigerer Lauf (stabile Drehzahl) ein. Das neue Flaggschiff kalibriert sich zu 100% selbst. Ein manuelles Einstellen für Leerlauf oder Volllast gibt es nicht mehr. Der Kraftstoffverbrauch lag beim Testen in etwa bei 1,5 bis 2 Litern pro Stunde bzw. zumindest 2 bis 3 Tankfüllungen, je nach Einsatzbereich. Für das Gemisch wurde das herstellereigene Zweitaktöl im Mischverhältnis 50:1 (für 5 Liter Kraftstoff = 100 ml Zweitaktöl) verwendet. Für die Kettenschmierung sorgte ein Markenprodukt.
Für hohe Drehzahlen gebaut
Herzstück der Säge ist ein Kurzhubmotor. Das spart Gewicht, Platz und ist auch für die Ergonomie vorteilhaft. Der Kolbenhub ist damit kürzer als der Zylinderdurchmesser (Bohrung). Durch das schnellere Auf und Ab sind höhere Drehzahlen möglich und in der verhältnismäßig größeren Bohrung kann auch mehr Luft-Benzin-Gemisch pro Arbeitstakt umgesetzt werden. Des Weiteren findet, als absolute Neuheit, ein Spezialkolben aus Aluminium seinen umtriebigen Einsatz. Dieses Material ist leichter und leitet die Wärme besser ab. Diese Vorteile werden für den Hochleistungsbetrieb vereint. Dem nicht genug, ist die Neuentwicklung auch mit einem Zweikolbenringsystem ausgestattet, was eigentlich untypisch für Husqvarna ist. Mit Ausnahme großer Sägen fand man bisher mit einem Kolbenring das Auslangen, vor allem deshalb, weil es damit weniger Reibung gibt und die Kolbenlänge kürzer ausfallen konnte. Das Umdenken könnte dem nun deutlich besseren Startverhalten geschuldet sein. Durch die doppelte Abdichtung hat sich auch die Wirkungskraft um einen Schlag erhöht.
Vor jedem Start bitte pumpen
Der bisher gewohnte, kombinierte Start-/Stoppschalter mit Choker von früheren Generationen wurde durch einen einfachen Stoppschalter ersetzt. Wichtig ist vor dem Starten, immer einen kurzen „Weckruf“ mit Hilfe der auf der linken Seite sitzenden Kraftstoffpumpe zu tätigen. Egal, ob die Säge noch kalt oder schon warmgelaufen ist, sollte man diese immer fünfmal gut drücken, erst dann ist das System luftfrei und ausreichend mit Kraftstoff versorgt. Sobald man das Starterseil zieht, bewegt sich das Schwungrad mit einem dahinter sitzenden Aggregat. Dieses versorgt die Sensoren mit Strom zur Initiierung des ersten Arbeitstakts. Die Säge kann mit dem roten Stoppschalter prompt wieder abgestellt werden. Nach dem Runterdrücken springt dieser wieder automatisch in seine Ausgangsstellung zurück.
Präventive Hitzeableitung
Blickt man unter die mit Clips zu öffnende Zylinderabdeckung, so sticht eine Verbesserung des Kühlsystems ins Auge. Die zylinderseitige Hitzeableitung ist aufgrund eingesparter Komponenten (Vergaser, Zündung) freizügiger und offener geworden. So kann deutlich mehr Frischluft vom Schwungrad über die zahlreichen Kühlrippen des Zylinders entlang des Auspuffs transportiert werden. Die vom Schwungrad herbeigeschaufelte Kühlluft strömt von aufnahmefähigen Lufteinlassschlitzen am Starterdeckel aufwärts über den Zylinder und wird durch verbundene Lüftungskanäle im Kurbelgehäuse auch zur gegenüberliegenden Kupplungsseite hindurch geleitet. So werden „Hotspots“ auch unterhalb des eigentlichen Hitzeherds stets gut durchgekühlt. Das im Starterdeckel befindliche Luftleitblech ist anscheinend anders befestigt worden, es fällt beim Runterschrauben des Bauteils nicht mehr heraus.
Vibrationen im Griff
Optimiert wurde auch das Vibrationsdämpfungssystem ausgehend vom Motor bis zu den Handgriffen. Kräftige AV-Stahlfeder-Dämpfungselemente sowie zahlreiche Gummielemente absorbieren diese höchsteffizient, sodass sich auch die am Boden abgestellte Säge im Leerlauf so gut wie nicht bewegt. Nicht nur zwischen dem Schwungrad und den mechanischen Komponenten ist damit eine hervorragende Abstimmung gelungen, auch die durch die zusätzlichen Hube und Resonanzen des Kurzhubmotors befeuerten Störkräfte konnten damit sehr gut ausgeglichen werden. Auffällig war beim Sichten der Bauteile auch ein etwas kleiner ausgeführter Schalldämpfer. Dieser ist vibrationshemmend auch zentraler verschraubt und am Sägekörper flächig abgestützt.
Für routinierte Arbeit
Mit Hilfe der Kraftstoff-Füllanzeige lässt sich in der Praxis auf einen Blick gut einschätzen, welche Arbeiten in einem bestimmten Zeitfenster noch machbar sind. Die aufklappbaren Tankdeckel sind einfach zu öffnen und zu schließen. Der Mengenfluss der Ölpumpe ist über eine Stellschraube auf der Unterseite der Säge in Plus- und Minusrichtung einstellbar. Für die Abnahme des Kupplungsdeckels mit verlustsicheren Schienenmuttern und die Kettenspannung genügt der altbewährte Kombischlüssel. Der Auswurf erscheint etwas breiter – Holzreste, Späne oder Schmutz haben bei der Arbeit keine Probleme gemacht. Lediglich bei probeweise längsseitig durchgeführten Schnitten im frischen Holz ist es durch zusammenklebende, schwere Fracht das eine oder andere Mal zu viel geworden. Die Verstopfung konnte aber nach dem Abstellen schnell wieder gereinigt werden. Die eingeschaltete Griffheizung wärmt nicht nur die Hände, sondern trocknet auch nass gewordene Handschuhe wieder gut ab. Sicherheitskomponenten, wie Kettenbremse und der Handschutz (vorne und hinten), sind praxisgerecht und funktional ausgeführt. Alles in allem geht die Arbeit dynamisch-spritzig und leicht von der Hand. Der Sägekörper ist sehr gut manövrierbar und in jeder Lage sicher zu handhaben. Die optisch hervorstechenden Fällmarkierungen sind in den Kunststoff eingegossen. Die ergänzte, horizontale Linie, die parallel zur Führungsschiene verläuft, bietet eine zusätzliche Orientierungshilfe für horizontale Schnitte.
Zur Schneidausrüstung
Für Vergleichszwecke wurde die Säge mit den zwei gängigsten Schienenlängen (X-Force, 45 und 50 cm) abwechselnd ausprobiert. Waren Vorgängermodelle der 500er-Klasse, wie die 550 XP Mark II, noch mit der kleineren .325 Zoll-Aufnahme ausgestattet, setzt man hier, wie schon bei der größeren 562 XP (um 300 g schwerer), auf 3/8 Zoll mit einer größer dimensionierten Kette. Ausgestattet mit Husqvarna X-Cut Vollmeißelsägeketten C85 (3/8 Zoll, 1,5 mm, mit 68 bzw. 72 Treibgliedern) sorgten rasierscharfe, vierkantige Eckschneider für hohe Schnittleistung mit hoher Durchzugskraft. Die Ketten sind werkstechnisch vorgedehnt, nach Strapazen muss dennoch nachgespannt werden. Die Hochleistungskette ist mit einer Öltasche und Richtungspfeilen ausgestattet. Eines der Treibglieder ist goldfarben und dient auch als Hilfsmarkierung, um zu sehen, wo man mit dem Schärfen (Nachfeilen) begonnen hat. Instandgesetzt wurde mit einer 5,5 mm Feile im Wald bzw. zu Hause am Automaten zum gleichmäßigen Nachziehen. Mikrostrukturierter Stahl und eine spezielle Hartchrombeschichtung sind materialtechnisch für die Schnittleistung und Standfestigkeit verantwortlich. Der Rest liegt in der Hand des Bedieners und dem jeweiligen Objekt der Begierde. Nadelholz ist nicht gleich Laubholz und ein Sommerbetrieb, anders als im Winter (auch gefrorenes Holz), aber das ist eine andere Geschichte.
Wartung und Service
Die Säge kann trotz mehr elektronisch verbauter Komponenten in herkömmlicher Weise gut gereinigt und mit Druckluft ausgeblasen werden. Heikle Teile sind wasserfest verbaut. Serienmäßig ist ein etwas kleinerer, aber großflächig ausgelegter, fest zu verschraubender Hochleistungsfilter auf dem Motor aufgesetzt. Dieser kann ausgeklopft oder mit Druckluft gereinigt werden. Über einen Kontrollstecker, gleich neben dem Stoppschalter, können im Servicefall alle wichtigen Daten und Fehlercodes zur weiteren Diagnose abgerufen werden. Eine regelmäßige und sorgsame Wartung der kompletten Sägegarnitur ist unabdingbar für Produktivität und die generelle Lebensdauer.
Fazit
Mit der 564 XPG werden neue Maßstäbe in Technologie und Effizienz gesetzt. Vergaserlos und ohne das Erfordernis manueller Einstellungen passt sich die Säge mit Hilfe elektronischer Sensorik und koordinierter Direkteinspritzung zügig an die herrschenden Bedin-
gungen umweltbelastungskonform an. An heißen Sommertemperaturen traten glücklicherweise nur beim Bediener Hitzeprobleme auf. Beim Kaltstart musste im Nachhinein gesehen ein- bis zweimal öfter gezogen werden als beim Warmstart. Der Hersteller hat aus Fehlern der Vergangenheit gelernt. Mit dieser Premiere beweist man Zeitgeist und Mut zu Neuem. Es werden damit aber auch immer strengere Umweltauflagen (Emissionen etc.) erfüllt. Paradetrümpfe von hoher Leistung, Dynamik, Kompaktheit und perfekter Schwerpunktlage werden auch bei diesem Modell ausgespielt. Verschlankt und hocheffizient ist man damit für den Profi-Einsatz, gleichermaßen in Laub- und Nadelholz bestens gerüstet. Die 45 cm-Schiene leistete bei der Entastung etwas mehr, dafür ist man mit einem längeren Schwert im Starkholz beim Fäll- und sauberen Trennschnitt im Vorteil. Der Einsatz moderner Technik fiel beim Reinigen nach dem Testlauf nicht ins Gewicht. Mit der getesteten XPG-Ausführung steht ein zusätzlicher Komfort (Griffheizung) zur Verfügung. Ihr UVP wird mit rund 1.759 € (Modell mit Griffheizung, inkl. MwSt.) bzw. 1.699 € (Modell ohne Griffheizung, inkl. MwSt.) beziffert. Die Bewertung im Praxistest fällt äußerst positiv aus. Anzumerken ist, dass in einem mehrwöchigen Testzeitraum nicht alle Aspekte umfassend und im Detail geprüft werden können.
Webtipp: www.husqvarna.com/at/lernen-und-entdecken/professionelle-motorsaegen/