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Gebirge im Nationalpark Kalkalpen © W. Simlinger

Österreichische Bundesforste

Waldmetamorphose: ein Wald wird zur Wildnis

Ein Artikel von Stefanie Hilberer (für forstzeitung.at bearbeitet) | 04.12.2019 - 14:45
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Mischwald mit Naturverjüngung im Nationalpark Kalkalpen © J. Haijes

Die Wälder des Nationalparks Kalkalpen in Oberösterreich dürfen sich seit der Gründung 1997 frei von menschlichen Eingriffen entwickeln. Eine Studie der ÖBf und der Nationalparkverwaltung zeigt, dass sich der Wirtschaftswald ohne menschlichen Einfluss rasch zu einer Waldwildnis entwickelt. Vier Jahre lang wurde eine umfassende Waldkartierung von den ÖBf-Forstexperten mit mehr als 100.000 Baumdaten erstellt. Mit der Hilfe der Waldbewirtschaftungspläne aus der Vorzeit des Nationalparks konnte ein Vorher-Nachher-Vergleich der Waldgesellschaften durchgeführt werden, so berichten die ÖBf in einer Pressemitteilung.

Gewinner und Verlierer
Die Fichte stellt mit rund 45% den Hauptanteil der Baumarten im Nationalpark, obwohl sie seit über 20 Jahren weder aufgeforstet wurde noch Waldpflegemaßnahmen durchgeführt wurden. In den Regionen unter 1.000 m Seehöhe ist bei der Fichte allerdings ein Rückgang zu verzeichnen. Auch die Lärche wird im Nationalpark weniger, dafür erobert aber die Rotbuche den Waldboden zurück. Eine Sonderstellung nimmt die heimische Weiß-Tanne ein, deren Anteil sich von einem ohnehin sehr niedrigen Ausgangsniveau auf 0,7 % halbiert hat. Von Natur aus sollte sie in der Nationalparkregion zumindest 10 Mal so häufig vorkommen. Die Gründe dafür gehen noch auf die großflächigen Kahlhiebe während der Zeit der Holztrift zurück. Waldweide bzw. der Verbiss durch Wildtiere haben ebenso Einfluss auf die Bestände genommen.

Tannen-Baumriesin entdeckt
Neben den 100.000 erfassten Baumdaten konnten die Experten ebenso seltene Baumarten oder herausragende Baumpersönlichkeiten vermerken und entdeckten dabei eine besonders eindrucksvolle Baumriesin: „Stolze 54 m Höhe sowie 165 cm Stammdurchmesser weist die stattlichste Weiß-Tanne des gesamten Nationalpark-Gebiets auf“, berichtet Rudolf Freidhager, Vorstand der Bundesforste. Sie zählt damit wohl auch zu den größten Tannenbäumen Österreichs.

Artenreiche Wald-Wildnis
Knapp 21.000 ha umfasst die Wald-Wildnis des Nationalparks Kalkalpen, die mit rund 30 von Natur aus vorkommenden Baumarten als äußerst artenreich gilt. Neben Fichten, Rotbuche oder Lärchen kommen auch Kiefer, Ahorn, Tanne, Esche und vereinzelt Zirbe, Eibe oder Stechpalme vor. Forschungen im Laufe der Jahre zählten darüber hinaus mehr als 1.500 Schmetterlings-, 17 Fledermausarten sowie überdurchschnittliche Specht- und Schnäppervorkommen. Rund 40% aller Wälder im Nationalpark sind älter als 140 Jahre. Im Wald verbleibendes, abgestorbenes Holz bildet Lebensraum für tausende Insekten- oder Pilzarten. Im Nationalpark-Gebiet sind dies mittlerweile rund 33 fm pro Hektar Wald. Davon profitiert etwa der sehr seltenen Alpenbock-Käfer, der nur im toten Buchenholz überleben kann.