Standpunkt: Peter Wohlleben

Zwei Förster, die Ähnliches tun, aber nicht das Gleiche denken

Ein Artikel von Fritz Wolf-Drack, Förster | 06.05.2020 - 07:59
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Der Förster Peter Wohlleben traf mit seinen Aussagen und Theorien zum Thema Wald zweifelsohne einen „Nerv der Zeit“. © Wohllebens Waldakademie

Ich kenne diesen deutschen Kollegen nicht persönlich, aber ich habe die meisten seiner Bücher und zeige sie bei meinen Seminaren her. Diese Druckwerke sind keine Ladenhüter. Der Inhalt ist zum Großteil gar nicht so schlecht, aber ein Teil seiner Ausführungen ist für mich nicht der Realität entsprechend und stellt der Forstwirtschaft in Bausch und Bogen ein miserables Zeugnis aus. Ich glaube, man kann auch von Verleumdung sprechen. Es ist wohl wahr: Nicht alle Waldbesitzer und Förster sind Musterknaben! Über den Prozentsatz der „Guten“ kann man streiten.
Was dieser Kollege aus Rheinland/Pfalz über Printmedien, Fernsehauftritte und seine Waldakademie verbreitet, ist in hohem Maße eine falsche Darstellung der Fakten – mit falscher Schlussfolgerung. Er wirft der Forstwirtschaft Geldgier vor. Ist ihm die wirtschaftliche Situation der Waldbewirtschaftung nicht bewusst? Seit gut 50 Jahren bin ich schon einschlägig tätig, der Holzpreis ist stetig gefallen (aktuell scheint er abzustürzen!). Gestiegen sind die Personal-, Versicherungs-, Treibstoff- und Maschinenkosten. Deutlich angestiegen sind indessen Schalenwildbestände – und die Zahl der Waldbesucher.

Der Einsatz von Pferden bei der Holzrückung wird hochgejubelt. Pferde haben keine Hydraulik und können auch nicht fliegen. Mit Rückemaschinen und Seilgeräten kann man heute in einer Weise arbeiten, die den Waldboden, die Verjüngung und den Bestand schont. Das kann man in vielen Wäldern zeigen.

Ökologie, Ökonomie, Naturschutz, Tourismus und Öffentlichkeitsarbeit sind durchaus unter einen Försterhut bringen.


Fritz Wolf-Drack, Förster
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Fritz Wolf-Drack ist mit Hingabe Forstmann und Naturvermittler. © R. Spannlang

„Holzplantage Wald“
Ein anderes Beispiel: Der Wald in Deutschland sei eine Holzplantage, suggeriert Peter Wohlleben. Kennt er den Unterschied zwischen Urwald, Wald, Forst und Holzplantage? Weiß er nicht, dass es verschiedene Waldbewirtschaftungsstrategien gibt? Kennt er nicht Begriffe wie Plenterwald, Dauerwald, Zielstärkennutzung oder naturnahe Waldwirtschaft? Hat er keine Kenntnis von den Naturwaldreservaten, die die Forstwissenschaft bereits vor langer Zeit zum Beobachten von Waldflächen ohne Holznutzung angelegt hat (in Österreich rund 8.000 ha)? Nadelbaummonokulturen und Plantagenholzzucht in einen Topf zu werfen, ist grober Unfug. Fakt ist, dass auch wir in Mitteleuropa im Wettbewerb mit Eukalyptus und Pinus radiata-Holzäckern stehen. Auch die nordische Forstwirtschaft arbeitet mit anderen Vorgaben. Kahlschläge bis 20 ha sind dort üblich.
Ich erinnere an die alte Försterspruchweisheit: „Willst du deinen Wald vernichten, pflanze Fichten, nichts als Fichten.“ Leider ist die Fichte als Nahrung bei unserem Wild sehr unbeliebt, das begünstigt natürlich die Entwicklung von Fichtenreinbeständen. Die Bemühungen um die Mischwaldförderung von allen Seiten ist wohl nicht zu leugnen. Ich habe kein Pro­blem, wenn man mich als Holzzüchter bezeichnet – andere züchten Hühner oder Schweine. Unsere Wälder sind aus ökologischer Sicht durchaus herzeigbar. Die Ornithologen sind mit der Vogelwelt im Wald im Wesentlichen ganz zufrieden.

Gute Ansätze der Natur­vermittlung
Leider glauben Naturschutzgruppierungen, NGOs und auch die hohe Politik die Botschaft dieses selbsternannten Retters des deutschen Waldes. Die Waldaktionen von Peter Wohlleben sind aufgebaut nach dem Muster der Wald- und Wildnispädagogik. Ein großer Teil der Naturerlebnisvermittler findet seine Denkansätze besonders gut. Bei Nationalparkrangern und ähnlichen Naturschutzaktiven mag das ja noch verständlich sein. Aber gibt es dieses Gedankengut nicht auch bei den heimischen WaldpädagogInnen? Wir haben leider keine echte Evaluierung und Qualitätskontrolle. Leider nehmen die Forst-
leute diese Form der PR-Arbeit auch nicht wirklich ernst. Ich kann das auch verstehen in der derzeitigen Situation des Personalmangels. Auch der erzielbare Stundenverdienst ist sehr bescheiden.
Gerne lade ich den Kollegen aus Deutschland in meine 1985 gegründete Waldschule ein. Dort kann ich ihm zeigen, wie man Ökologie, Ökonomie, Naturschutz, Tourismus und forstliche Öffentlichkeitsarbeit unter einen Försterhut bringen kann. Unser Wald ist seit einigen Generationen die wirtschaftliche Lebensgrundlage unserer Familie. Ein Besuch des berühmten Kollegen aus dem Rheinland im Almtal wäre nicht nur ehrenvoll, sondern dem kollegialen Austausch bei einem Rundgang durch den Wald und die Waldschule sicherlich auch förderlich.
Zu guter Letzt sei der Ausspruch des deutschen Jägers, Natur- und Heimatdichters Hermann Löns in Erinnerung gerufen: „Der Wald ist Tempel Gottes, Priester, der ihn hegt.“ Unser Wald soll keine Wildnis sein, sondern einem Garten Eden gleichen.

Der Förster Fritz Wolf-Drack war 45 Jahre lang Lehrer an der Forstlichen Ausbildungsstätte Ort bei Gmunden und betreibt im Almtal/OÖ seit 26 Jahren eine Waldschule
waldschulealmtal@a1.net