Österreich

„Unendlich bedeutet nicht unbegrenzt“

Ein Artikel von Philipp Matzku (für Forstzeitung.at bearbeitet) | 03.09.2025 - 07:39
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Der Forst liefert fast die Hälfte der insgesamt in Österreich bereitgestellten Biomasse. Tatsächlich genutzt wird nur ein Bruchteil davon © Austrian Energy Agency, ÖBMV

Der im Juni präsentierte zweite österreichische Sachstandsbericht zum Klimawandel verdeutlicht den Handlungsdruck: Österreich hat sich bereits um 3,1 ° C erwärmt, deutlich stärker als der globale Durchschnitt. Hitzewellen nehmen zu, der Grundwasserspiegel im Osten könnte bis 2050 um ein Drittel sinken, und die jährlichen Schäden durch Extremwetterereignisse steigen von derzeit 2 auf bis zu 5 Mrd. € im Jahr 2030.

Die Biomassestrategie selbst versteht sich laut Lorenz Strimitzer von der AEA als technologisch, ökonomisch und sozial tragfähiger Fahrplan. Österreich nutzt derzeit rund 46 Mio. t/J Biomasse. Das Inlandsaufkommen beträgt 27 Mio. t/J. Davon entfallen 9,7 Mio. t auf den Wald. Ferner 10 Mio. t Ackerflächen, 4,6  Mio. t Grünland sowie 3,1 Mio. t sonstige Grünflächen. Der Energiebedarf der Bioökonomie liegt bei 161 PJ, wovon 58 PJ fossil gedeckt sind; Importe belaufen sich auf 19,1 Mio. t, Exporte auf 11,4 Mio. t.

Die CO2-Bindung durch Biomasse übersteigt die verursachten Emissionen deutlich. Bis 2040 könnten durch gezielten Ausbau der Bioenergie 26 Mio. t CO2 eingespart werden. Drei Szenarien zeigen Potenziale von 250 bis 450 PJ Biomassenutzung und einen Selbstversorgungsgrad von 89 bis 94%. Derzeit liegt dieser bei 65%. Nach Jahren des Wachstums stehe die Biomassebranche laut Strimitzer wegen Sättigung, Konkurrenztechnologien und gesellschaftlichem Gegenwind aber vor einer Phase der Stagnation und Unsicherheit. Franz Titschenbacher, Präsident des Österreichischen Biomasseverbands (ÖBMV) warnte: Die erneuerbaren Energien sind zwar unendlich verfügbar, jedoch nicht unbegrenzt nutzbar. Das gelte für Biomasse, genauso wie für Sonne, Wind oder Wasser als Energieform.

Eine Schlüsselrolle spielt der forcierte Kesseltausch. Jährlich müssten 27.000 bis 40.000 Biomassekessel ersetzt werden, vor allem in ölbeheizten Einfamilienhäusern. Strimitzer bezeichnete dies als „Low Hanging Fruit“ der Energiewende. Volkswirtschaftlich rechne sich der Umstieg: Ein Pelletskessel bringt bei 10.000 € Förderung langfristig 55.000 € zurück, so die Rechnung.

Die Strategie umfasst 23 Handlungsempfehlungen, darunter die stärkere Nutzung von Landschaftspflegeholz, die Verbindung von stofflicher und energetischer Holzverwendung, eine importstrategische Absicherung für erneuerbare Energien sowie den Ausbau von Biomasse-Kraftwärmekopplung. Auch flüssige Biotreibstoffe könnten zur Defossilisierung beitragen. Strimitzer warnte davor, die Klimaneutralität von Biomasse infrage zu stellen, da sie Teil des natürlichen CO2-Kreislaufs sei.

Biomasse in jedem Aggregatzustand vielseitig einsetzbar, erfordert jedoch eine Balance von regionalen Lösungen und überregionaler Logistik sowie verlässlichen Rahmenbedingungen.