Im Interreg-Projekt FORRISK wurden daher nach der kritischen Analyse des aktuellen Waldzustandes und der Waldbewirtschaftung (siehe Forstzeitung 01-2023) in der grenzübergreifenden Projektregion Forstschutz- und Waldbauempfehlungen erarbeitet, die auch wesentliche Bestandteile des grenzüberschreitenden Frühwarnsystems sind. Dadurch soll bei auftretenden Problemen rasch und vorbeugend gehandelt werden können, um negative ökologische Auswirkungen und wirtschaftliche Verluste gering zu halten.
Die Handlungsempfehlungen als Entscheidungs- und Orientierungshilfe wurden in einem Handbuch zusammengefasst, dessen Schwerpunkte nachfolgend skizziert werden.
Strategische und operative Grundlagen des Risikomanagements
Neben den wichtigsten Merkmalen des Risikos, der Risikoeinstellung und -wahrnehmung werden die Prinzipien eines strukturierten Risikomanagements dargelegt (Risikoidentifikation, -bewertung, -steuerung und -kontrolle). Bewertung und Konsequenzen von betrieblichen Risikofaktoren und damit verbundene Herausforderungen in Österreich und der Tschechischen Republik werden im Handbuch erörtert.
Risiken bei der Waldbewirtschaftung
In den Grenzregionen zeigte sich bereits in den vergangenen Jahrzehnten ein deutlicher Temperaturanstieg. Die rasche Klimaerwärmung und sich ändernde Niederschlagsmuster fördern eine drastische Verschiebung der standörtlich-klimatischen Eignung der verschiedenen Baumarten, Waldtypen und -strukturen. Da sich Waldzusammensetzung und -struktur nur langsam ändern können, wird diese Veränderung mit vielfältigen Problemen in Bezug auf Waldstabilität und -resilienz sowie Kalamitäten einhergehen. Das Vorkommen der wichtigsten Bestandestypen bildete die Basis für die Risikoeinschätzung. Die klimatisch geeignete Fläche für die Fichte hat in der Grenzregion in den letzten Jahrzehnten bereits deutlich abgenommen, erwartungsgemäß vorrangig in der kollinen und submontanen Waldstufe der Grenzregion. Dieser Trend wird sich mit dem fortschreitenden Klimawandel fortsetzen. Basierend auf dem gegenwärtigen Wissensstand erfolgte für ausgewählte Baumarten eine baumartenspezifische Risikobewertung.
Basierend auf dem gegenwärtigen Wissensstand erfolgte für ausgewählte Baumarten eine baumartenspezifische Risikobewertung. © Projektpartner FORRISK
Empfehlungen zum Forstschutz
Massenvermehrungen von Borkenkäfern, insbesondere des Buchdruckers (Ips typographus) an der Fichte, sind das wichtigste Forstschutzproblem im Projektgebiet. Ausgelöst wurden diese Kalamitäten seit 2015 durch eine intensive Dürreperiode und hohe Temperaturen, die einen abrupten Anstieg der Populationsdichten des Buchdruckers begünstigten. Massenvermehrungen von Borkenkäfern werden durch den Klimawandel stark forciert. Höhere Temperaturen ermöglichen die Entwicklung von mehreren Generationen dieser Borkenkäferart pro Jahr.
Gleichzeitig schwächen extreme Wetterereignisse wie Trockenheit und Hitze die Wirtsbäume. Zudem führen Witterungsextreme, insbesondere Stürme, vermehrt zu liegendem Schadholz und geschädigten stehenden Fichtenbeständen, die dadurch hochgradig befallsdisponiert werden.
Die Vorbeugung und Bekämpfung von Borkenkäfern wird auch in Zukunft von großer Bedeutung sein. Schlüsselelemente des integrierten Borkenkäfermanagements sind
- die zukünftige Verringerung des Fichtenanteils (Begründung von Mischwäldern)
- die Aufarbeitung von potenziellem und befallenen Brutmaterial
- das rechtzeitige Auffinden und Entfernen von stehend befallenen Fichten
- Holzlagerung und -logistik
Darüber hinaus finden sich im FORRISK-Handbuch Handlungsempfehlungen hinsichtlich weiterer wichtiger Schadfaktoren im Projektgebiet.
Waldbauliche Empfehlungen
Basierend auf verschiedenen regionalen Klimamodellen wurde die zukünftige Eignung der relevanten Baumarten für die für das Ende des 21. Jahrhunderts prognostizierten Klimabedingungen beurteilt. Aufbauend auf dem baumartenspezifischen Potenzial (Anpassungsfähigkeit), wirtschaftlichen und waldbautechnischen Aspekten wurden Managementzieltypen definiert.
Es wurde darauf geachtet, die Anzahl der Managementzieltypen gering zu halten und sich auf die im Projektgebiet relevantesten Typen zu beschränken. Insgesamt wurden folgende zwölf Managementzieltypen bearbeitet:
- Fichte (sekundär)
- Kiefer (sekundär)
- Fichte (natürlich)
- Fichte-Laubholz
- Eichen-Arten
- Kiefer-Eiche
- Fichte-Tanne-Buche
- Douglasie-Eiche/Buche
- Edellaubbäume
- Buche
- Buche-Lärche/Tanne
- Pionierbaumarten-Mischbestand.
Für jeden Typ erfolgten für die Bestandesentwicklungsphasen Jungwuchs, Dickung, Stangen-, Baum- und Altholz sowie für den Dauerwald eine Risikobewertung sowie Empfehlungen für forstschutzrelevante (präventive und bekämpfende) und waldbauliche Maßnahmen. Dabei stehen bei den Managementzieltypen sekundäre Fichten- und Kiefernwälder in der kollinen und submontanen Höhenstufe die Überführung/Umwandlung in Laubbaum- oder Laubbaum-Nadelbaum-Mischbestände im Vordergrund. Mit dem Pionierbaumarten-Mischbestandestyp wird auf das Potenzial der Integration von Pionierbaumarten und der Ausnützung natürlicher Sukzessionen, insbesondere auf Kalamitätsflächen, hingewiesen.
Frühwarnplattform
Zusätzlich zum FORRISK-Handbuch steht allen Interessierten auch eine grenzüberschreitende Frühwarnplattform im Internet (https://short.boku.ac.at/forrisk) mit wichtigen Erkenntnissen aus dem Projekt und Empfehlungen für eine zukünftige, nachhaltige, multifunktionale Forstwirtschaft zur Verfügung.