Diskussionsrunde mit Dr. Hans Ulrich Dietz, Dr. Rudolf Freidhager, Dr. Peter Mayer, Brigitte Schuh (Moderation) und Dr. Iris Eisenberger (v. li.) © E. Feichter
Auf der Wintertagung des Ökosozialen Forums wurde der Frage nachgegangen: „Von Milchseen zur Butterknappheit, was kommt als Nächstes?“ Die Fachtagung der Waldwirtschaft Anfang Februar in der Sky-Lounge der Wirtschaftskammer Österreich in Wien beschäftigte sich mit den waldpolitischen Entwicklungen in der Europäischen Union sowie der Digitalisierung in der Waldbewirtschaftung.
Der Wald sei ein gesamtwirtschaftliches Anliegen und kein Nischenthema, mit diesen Worten eröffnete Dr. Othmar Karas, Abgeordneter zum Europäischen Parlament in Brüssel, seinen Vortrag. Die Waldpolitik selbst sei keine Europa-Kompetenz und werde selten aus der Nutzungsperspektive betrachtet. Jedoch spiele der Wald eine Rolle bei der Erreichung der Klimaschutzziele, die beispielsweise im Übereinkommen von Paris (2015) festgelegt wurden. Die Europäische Union (EU) habe die Ziele der Waldstrategie 2020+ des österreichischen Bundesministeriums übernommen, erklärte Karas. Unter Betrachtung des globalen Kontextes steigen zwar in Europa die Waldflächen, doch international sinken sie. Der Experte warnte vor Holzimporten aus nicht europäischen Ländern, diese stammen aus keiner nachhaltigen Bewirtschaftung. „Die Forstwirtschaft soll nicht die Umweltsünden anderer Emittenten ausbaden müssen“, verdeutlichte der EU-Parlamentarier seinen Standpunkt.
Karas ergänzte in der anschließenden Diskussionsrunde: „Wir sind Teil der Klimaschutzstrategie und uns einig, dass wir ein Gesamtkonzept brauchen. Es ist immer ein Kreislauf. Hier gilt es, die Nahtstellen zu anderen Sektoren zu finden und diese zu berücksichtigen.“ Der EU-Abgeordnete vertraue dabei auf Bundesministerin Elisabeth Köstinger, die sowohl die nationale als auch europäische Seite kenne.
Klima- und Naturschutz (k)ein Gegensatz
Gut besucht war die Wintertagung des Ökosozialen Forums in der Sky-Lounge der Wirtschaftskammer Österreich in Wien © E. Feichter
Über die Bioökonomie- und Energiestrategie Österreichs informierte Franz Maier, Präsident des Umweltdachverbandes. Die Klima- und Energiestrategie soll bis Mitte 2018 im Regierungsprogramm beschlossen werden. Diese enthalte eine 100 %ig erneuerbare Energie im Strombereich bis 2030, eine Balance zwischen Nachhaltigkeit, Wettbewerbsfähigkeit und Versorgungssicherheit sowie Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz.
Der Weg hin zu pflanzenbasierter Wirtschaft berge jedoch Risiken, wie Intensivierung, Monokulturen oder Plantagen. „Erneuerbare Energie ist immer mit Eingriffen in die Natur und Gewässer verbunden“, gab Maier zu bedenken und fuhr fort: „Eine Bioökonomie- und Energiestrategie, die Naturschutz und Biodiversität außer Acht lässt, kann nicht nachhaltig sein.“ Seiner Meinung nach muss Energie gespart, Effizienz gesteigert und erneuerbare Energie richtig (!) ausgebaut werden.
Weltweite Nachhaltigkeit
Dr. Peter Mayer, Leiter des Bundesforschungszentrums für Wald, machte einen Blick in den Wald der Zukunft im Lichte des Klimawandels und der Digitalisierung. Derzeit liege die Weltbevölkerung bei etwa 7 Mrd. Menschen, im Jahr 2100 werden es 11,2 Mrd. sein und nur mehr 5 % davon Europäer. Die Bevölkerung müsse jedoch versorgt werden und global betrachtet sei die Landnutzungsänderung für den Großteil der Entwaldungen verantwortlich, erklärte Mayer. Neue Technologien bieten auch viele Gestaltungsmöglichkeiten. Vielleicht müssen Betriebsleiter der Zukunft nie mehr in den Wald gehen. „Integrale Strategien für den Wald der Zukunft sind Bioökonomie und Kreislaufwirtschaft, kaskadische Rohstoffnutzung sowie ein weltweites Nachhaltigkeitsprinzip als Lösung der Ressourcenverknappung“, sagte Mayer.
Forstwirtschaft 4.0
Der Leiter des Ressorts Holzlogistik und Datenmanagement beim Kuratorium für Waldarbeit und Forsttechnik (kWF) Hessen, Dr. Hans-Ulrich Dietz, stellte einen 10-Punkte-Plan einer Strategie zur Forstwirtschaft 4.0 vor. Darin enthalten sind beispielsweise das Vorantreiben der Standardisierung, die Schaffung von Rechtsklarheit, die Vertiefung internationaler Kooperationen oder die Anregung für Anwendungsbeispiele, um den Nutzen zu verdeutlichen.
Zukunftsprognosen unmöglich
Der Frage, ob die Digitalisierung in der forstlichen Praxis bei den Österreichischen Bundesforsten wirklich etwas Neues sei, ging Vorstand Dr. Rudolf Freidhager nach. Bereits 1968 hielten die ersten Lochkarten Einzug. „Mittlerweile haben wir viele Daten und diese werden auch immer schneller bewegt. Einige werden die handgezeichneten Forstkarten noch kennen. Heute haben wir Orthofotos und Infrarotaufnahmen, Hillshades oder ALS-Daten, die sogar durch Baumkronen das Gelände aufnehmen können. Außerdem stehen uns Neigungsraster oder Image Matchings zur Bestimmung von Baumhöhen oder vom Holzvorrat zur Verfügung“ so Freidhager. Die Digitalisierung ist seiner Meinung nach nichts Neues und die Möglichkeiten steigen exponentiell. Ein Ausblick auf fünf Jahre sei aufgrund dessen nicht möglich.
Schutz personenbezogener Daten
Ab Mai tritt die neue Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) in Kraft. Univ.-Prof. Mag.iur. Dr. Iris Eisenberger M.Sc (LSE) von der Universität für Bodenkultur, Institut für Rechtswissenschaften, zeigte Schnittstellen zur Forstwirtschaft mit der DSGVO auf. Seien es die datensammelnde Mountainbikerin, Luftbilddaten, Wildtiermonitoring oder Harvesterdaten, überall ist man damit konfrontiert. Wichtig sei, welche Daten zu welchem Zweck gesammelt werden und dass die Betroffenen zu informieren seien. Eisenberger riet zu zivilrechtlichen Vereinbarungen. Besondere Vorsicht sei jedoch bei personenbezogenen Daten geboten, diese seien durch die DSGVO weitreichend geschützt, so Eisenberger.