Die höchsten Frauenanteile in der österreichischen Forst- und Holzbranche gibt es mit jeweils rund 30% unter den WaldbesitzerInnen (Allein- und Mitbesitz) (Statistik Austria, 2016) und unter den Studierenden der Forst- und Holzwirtschaft (BOKU Wien, 2013). In der Höheren Bundeslehranstalt für Forstwirtschaft („Försterschule“) in Bruck an der Mur sind laut eigenen Angaben im Schuljahr 2018/19 14% aller SchülerInnen Mädchen, während der Anteil der Absolventinnen von 2008 bis 2018 durchschnittlich 6% betrug. Soweit zum messbaren Frauenanteil – der sichtbare Anteil ist deutlich geringer: Die bei forstlichen Veranstaltungen häufig gehörte Begrüßung „Sehr geehrte Dame [Singular!], sehr geehrte Herren“ veranschaulicht den Solitärstatus von Frauen.
Gibt es eine „weibliche“ Forstwirtschaft?
Aber ist das Geschlechterverhältnis in der Forstwirtschaft überhaupt relevant? Gibt es neben den Unterschieden, die Männern und Frauen hinsichtlich Denkweisen, Kommunikationsverhalten etc. nachgesagt werden, auch unterschiedliche fachspezifische Zugänge zu Forstwirtschaft und Wald? Skandinavische und deutsche Studien deuten darauf hin. Sie zeigen, dass es in gewissem Ausmaß eine „weibliche“ Sicht auf den Wald zu geben scheint. Überwirtschaftliche Vorsorgeaspekte, langfristige Perspektiven und Auswirkungen von Nutzungen auf Landschaft und Natur werden von Frauen tendenziell als bedeutsamer wahrgenommen.
Erfahrungen aus Bildung und Beratung
Auch Erfahrungen aus der Bildungs- und Beratungspraxis bestätigen eher die oben angeführten Studien: Vor allem im Kleinwald liegt der Fokus von Frauen häufig stark auf der Waldpflege und deren Auswirkungen und weniger auf technischen oder ökonomischen Aspekten und Potenzialen. Aussagen von Kleinwaldbesitzerinnen zeigen, dass diese trotz oder auch gerade wegen fehlender tiefer gehender forstlicher Kenntnisse die Mechanismen der Forstwirtschaft verstehen wollen und diese auch hinterfragen. Diese Gruppe von Frauen fühlt sich unwohl, fast schon überfahren, wenn sie etwa bei der Auszeige sehr zielfokussiert, aber ohne Erläuterung von Fachtermini und Zusammenhängen beraten und informiert wird. Hinzu kommt, dass diese Waldbesitzerinnen ungern klassische, männlich dominierte Forstveranstaltungen besuchen. Sie fühlen sich oft in reinen Frauengruppen wohler, was sie wiederum gezielt ansprechbar macht.
Was brauchen Frauen in der Forstwirtschaft?
Eines vorweg: „Die“ Frau in der Forstwirtschaft gibt es nicht, ebenso wenig, wie es „den“ Forstmann gibt. Die Kleinwaldbesitzerin ohne tiefere forstliche Kenntnisse ist eher an einem zielgruppenorientierten, einfach verfügbaren Beratungs- und Informationsangebot interessiert. Dabei gibt es auch innerhalb dieser Gruppe noch deutliche Differenzierungen, wie das deutsche Projekt „Gender und Mobilisierung von Holzreserven im Kleinprivatwald“ (Schlecht und Westermayer, 2010) zeigt. Zunehmend gibt es aber auch Betriebsübernehmerinnen und Waldbesitzerinnen, die über eine forstliche Basis- oder Berufsausbildung verfügen. Diese Gruppe hat oft weniger Scheu, sich in der Forstwirtschaft zu positionieren, an Veranstaltungen teilzunehmen und forstliche Strukturen mitzugestalten. Und dann gibt es die heterogene Gruppe der Frauen, die als Dienstnehmerinnen oder Selbständige in der Forstwirtschaft tätig sind.
Die fachspezifischen Bedürfnisse dürften sich von denen der männlichen Kollegen nicht unterschieden. Was Genderaspekte betrifft, scheiden sich die Geister. Während die einen frauenspezifische Aktivitäten aus verschiedenen Gründen nicht für nötig halten oder ablehnen, sehen andere darin ein Mittel zu persönlicher und beruflicher Weiterentwicklung – zu Vernetzung, Erfahrungsaustausch und Karriereplanung –, aber auch einen Raum, um unter Kolleginnen zu sein und dem Solitärstatus, den sie im täglichen Berufsleben innehaben, ein wenig zu entkommen.
Forstfrauen – ein Netzwerk für Frauen und Männer
Der Vernetzungsgedanke und die Vorteile gegenseitiger Unterstützung – nicht zu verwechseln mit bedingungsloser Protektion – führten 2001 zur Gründung des Vereins „Forstfrauen“. Ziel des Vereins ist es, das Gemeinschaftsgefühl unter den Frauen in der Forst- und Holzwirtschaft zu fördern und die im Verein vorhandenen Potenziale für die Mitglieder und für die Forstwirtschaft zu nutzen. Voraussetzung für die Mitgliedschaft ist der berufliche oder private Bezug zur Forst- und Holzwirtschaft. Eine einschlägige Berufsausbildung ist nicht Bedingung. Daher finden sich bei den Forstfrauen auch Steuerberaterinnen, Bäuerinnen, PR-Expertinnen und EDV-Fachmänner [sic!]. Die gesamte Forstwelt ist vertreten: Mit Schülerinnen, Studentinnen, Waldbesitzerinnen, mittlerem Management, Geschäftsführerinnen und hochrangigen Beamtinnen sind alle Ausbildungs-, Führungs- und Karriereebenen repräsentiert. Diese breite Aufstellung ist einer der Erfolgsfaktoren: Die Forstfrauen können bei ihren Aktivitäten auf eine Fülle an fachlichen Kompetenzen, aber ebenso an nicht fachspezifischen Ressourcen und Fähigkeiten zurückgreifen. Die Zahl der Mitglieder – darunter vier Männer – liegt derzeit knapp unter der Hundertermarke.
Vernetzung nach innen und außen
Neben der Vernetzung nach innen pflegt der Verein über seine Mitglieder Kontakte zu Betrieben, Firmen, Institutionen und Forstfrauennetzwerken in anderen Ländern. Besonderen Ausdruck wird dieses Netzwerk im kommenden Jahr finden: 2020 findet auf dem Waldcampus in Traunkirchen – dessen Leiterin übrigens Gründungsmitglied der Forstfrauen ist – eine internationale Tagung zum Thema „Wald und Frauen“ statt. Getragen wird diese Veranstaltung vom Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus (BMNT), vom Bundesforschungszentrum für Wald (BFW), vom Internationalen Verband Forstlicher Forschungsanstalten (IUFRO), von der International Forestry Students' Association (IFSA) – und natürlich von den Forstfrauen.
Was nützen Frauen der Forstwirtschaft?
Das Interesse der Medien am Thema „Frauen in Männerwelten“ ist groß und kann, abgesehen von dem zentralen Anliegen, Frauen in der Forstwirtschaft sichtbar zu machen, auch zum Transport von Botschaften genutzt werden – etwa hinsichtlich der Bedeutung der Forstwirtschaft für Wirtschaft und Gesellschaft. Gemeinsam mit einem ganzheitlichen Zugang zu Wald und Forstwirtschaft – der, wie erwähnt, bei Frauen etwas stärker ausgeprägt zu sein scheint – ist dies im gesellschaftspolitischen Diskurs zum Wald (Multifunktionalität – was will die Gesellschaft vom Wald?) durchaus als Gewinn zu sehen. Immer öfter sind Waldbäuerinnen zu finden, die eigenverantwortlich den Wald bewirtschaften. Diese gezielt anzusprechen und zu integrieren, dient der gesamten Wertschöpfungskette Wald-Holz-Papier-Bauwesen und sollte als wirtschaftlicher Faktor nicht unterschätzt werden. Und auch ein regionalpolitischer Ansatz ist nicht zu vernachlässigen: Die Landflucht ist weiblich, aber der Wald bleibt auf dem Land. Gelingt es, Frauen ihre Chancen in der Forstwirtschaft aufzuzeigen und sie dabei zu unterstützen, profitieren davon auch die ländlichen Regionen.
Weitere Informationen zum Verein „Forstfrauen“ finden Sie auf dessen Website.
Literaturquellen:
Schlecht, E.-M. und Westermayer, T. (2010). Pilotprojekt Gender und Mobilisierung von Holzreserven im Kleinprivatwald: Eine Befragung von Waldbesitzerinnen. ISSN 18631800.
Statistik Austria (2016). Agrarstrukturerhebung 2016. Wien: Statistik Austria.
Universität für Bodenkultur Wien (2013). Gleichstellungsbericht 2013. Wien: BOKU.