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Im Forstlichen Versuchsgarten der BOKU Wien zeigt die Stieleiche (l.) im Vergleich zur Traubeneiche (r.) häufiger Kronenschäden. © R. Klumpp

Waldumbau

Die Eiche im Klimawandel

Ein Artikel von Ass. Prof. Dr. Raphael Klumpp, Institut für Waldbau der BOKU Wien (raphael.klumpp@boku.ac.at) | 01.03.2019 - 00:00

Die diesjährigen Wertholzmissionen in Österreich und im benachbarten Ausland zeigen eine anhaltend hohe Nachfrage nach Eichenwertholz, mit hohen Erlösen. Die hohen Erlöse wecken das Interesse vieler Waldbesitzer, und die Nachfrage nach Eichenpflanzen für die Bestandesbegründung steigt. Außerdem erscheinen die Eichen in vielen Klimaprognosen als „Gewinner“ der globalen Erwärmung, auch wenn erste kritische Stimmen warnen, dass auch die heimischen Eichenarten unter extremen Wettersituationen leiden werden.

Standortansprüche der Eichenarten
Grundsätzlich kommen die beiden wichtigsten heimischen Eichenarten auf einer breiten Palette unterschiedlicher Standorte von der Ebene bis ins Hügelland beziehungsweise bis in mittlere Gebirgslagen vor. Die Stieleiche hat das größere Verbreitungsgebiet in Europa, da sie auch im kontinentalen Osten (Frost, Trockenheit) zu finden ist. Die Niederschlagsmengen in ihrem Verbreitungsgebiet variieren von 260 bis 2000 mm/Jahr. Ihre beste Entwicklung zeigt die Stieleiche auf nährstoffreichen, frischen bis feuchten Lehm- und Tonböden. Andere Standorte wie nasse, vergleyte oder pseudovergleyte Standorte toleriert sie. Die Traubeneiche ist frostempfindlicher und bevorzugt lockere, mittel- bis tiefgründige Lehmböden, die sowohl basenarm als auch basenreich sein können. Sie hat grundsätzlich geringere Nährstoffansprüche als die Stieleiche. Allerdings meidet sie bodenfeuchte, vergleyte Standorte.

Führt man sich diese unterschiedlichen Standortansprüche der beiden Eichenarten vor Augen, so wird deutlich, dass die Steileiche höhere Anforderungen an die Wasserversorgung stellt als die Traubeneiche. Die in jüngster Vergangenheit häufig zu beobachtenden Trockenperioden stellen also auch für die Eichen eine Herausforderung dar. Im Forstlichen Versuchsgarten „Knödelhütte“ der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) zeigen tatsächlich die Stieleichen zunehmende Kronenschäden (Trockenäste), während die Traubeneichen ausreichend gesunde Kronen besitzen, obwohl die stark wechselfeuchte, pseudovergleyte, tonhaltige Braunerde im Versuchsfeld „O“ des Versuchsgartens der Traubeneiche weniger zusagt.

Ergebnisse eines Versuchs mit Eichenherkünften
Während die wirtschaftlich bedeutenderen Nadelhölzer Fichte, Waldkiefer und Douglasie seit Jahrzehnten mittels Herkunftsversuchen untersucht werden, gibt es nur wenige Versuche mit Eiche. Der legendäre Wiener Professor Adolf Cieslar war unter den ersten Forschern in Europa, die Eichenversuche anlegten. Sein Schüler Prof. Max Schreiber hat darüber berichtet (1952) und Cieslars Versuch ausgewertet. Schreiber legte aber auch selbst Versuche an, darunter einen Kleinversuch im Versuchsgarten „Knödelhütte“ der BOKU. Die Unterlagen gelten als verschollen, lediglich ein Plan des Eichenversuchs konnte vor drei Jahren im Archiv des Versuchsgartens sichergestellt werden. Der Versuch wurde nun rekonstruiert, und über die Ergebnisse wird hier erstmals berichtet:

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Die Stieleichenherkunft „Haag/Hausruck“ im 1952/53 angelegten Eichen-Provenienzversuch im Forstlichen Versuchsgarten der BOKU Wien © R. Klumpp

Das Saatgut für Schreibers Versuch wurde im Herbst 1952 gesammelt und in dem Versuchsgarten am Rande des Wienerwaldes (Wuchsgebiet 8.1) angebaut. Der Boden besteht hier aus tonreicher Braunerde (Laaber Decke). Die Niederschläge betragen im langjährigen Mittel 840 mm/Jahr, wobei seit 1950 in acht unterschiedlichen Jahren (z. B. 2003) Jahresniederschläge um oder unter 500 mm registriert wurden. Die mittlere Jahrestemperatur lag im Zeitraum 1991 bis 2000 bei 9,6 °C, die mittlere Temperatur im entsprechenden Vegetationszeitraum bei 16,5 °C.

Die Versuchsanlage erfolgte auf einer Kleinfläche (11x29 m) zwischen zwei Lärchenbeständen. Pro Stieleichenherkunft wurden jeweils drei Reihen zu je 18 Pflanzen angelegt. Lediglich die Traubeneichenherkunft wurde in neun Reihen zu je neun Pflanzen angebaut. Über die Pflege des Versuchs existieren keine Unterlagen. Im Januar 2019 wurde der Nebenbestand (1.410 Stück/ha) aus Tanne, Eibe und Ahorn geräumt, nachdem er eine Höhe von bis zu 11 m erreicht hatte und die Eichen im Kronenraum bedrängte.

Der Hauptbestand mit Eiche hatte vor dem Pflegeeingriff (Alter 55) eine Stammzahl von umgerechnet 782 Stück/ha und entspricht damit weitgehend den Werten der Eichen-Ertragstafel „Ungarn“. Bei einer Mittelhöhe der gesamten Versuchsanlage von 19 m entspricht die Standortsbonität der Ertragsklasse 7 in dieser Tafel, wobei mit einem BHD des Mittelstammes von 26 cm beziehungsweise einer Grundfläche von 37 m2/ha deutlich stärkere Dimensionen erzielt worden sind, als die Tafel ausweist.

Bei den Stieleichenherkünften fällt auf, dass die Böhmerwald-Herkunft „Aigen-Schlägl“ (Wuchsgebiet 9.1) nicht nur hohe Ausfälle verzeichnet (zwei Überlebende) sondern auch schwache Dimensionen. Die Burgenland-Herkunft „Unterpullendorf“, die ebenfalls aus dem Wuchsgebiet 8.1 stammt, hat erwartungsgemäß den größten Anteil an überlebenden Bäumen und zeigt darüber hinaus eine Tendenz zu überdurchschnittlicher Wuchsleistung. Die Herkunft „Haag/Hausruck“ (Wuchsgebiet 7.1) zeigt die stärksten Durchmesser bei ebenfalls überdurchschnittlichem Höhenwuchs. Die Kronen der Herkunft „Haag/Hausruck“ sind äußerst vital, während bei der Herkunft „Unterpullendorf“ vereinzelt Äste abgestorben sind.

Die lokale Traubeneichenherkunft vom benachbarten Kolpeterberg (Wuchsgebiet 5.1) zeigt erwartungsgemäß eine leicht schwächere Wuchsleistung als die Stieleichenherkünfte bei gleichzeitig höherem Anteil mehrschnüriger Stämme.

Schlussfolgerung
Der Kleinversuch mit Eichenherkünften im Forstlichen Versuchsgarten der BOKU ist für Praktiker besonders wertvoll, weil dadurch erstmals heimische Eichenherkünfte im Alter 55 beurteilt werden können. Der Versuchsstandort in Wien, am Rande des Wuchsgebietes 8.1, lässt Trends erkennen, welche Herkünfte mit Trockenperioden gut zurechtkommen: In diesem Fall sind es die Stieleichenherkünfte „Haag/Hausruck“ und „Unterpullendorf“. Die Herkunft „Haag/Hausruck“ zeigt darüber hinaus auf dem schweren Boden (Pseudogley-Braunerde) eine ungewöhnlich hohe Vitalität.

Der Versuch macht deutlich, wie wichtig Herkunftsversuche sind: Für den Praktiker geben sie wertvolle Hinweise auf die richtige Herkunftswahl, wenn Pflanzenmaterial zugekauft werden muss. Im Übrigen gibt das Abschneiden der Herkunft „Aigen-Schlägl“ einen weiteren wichtigen Hinweis: Immerhin einer von 54 Bäumen dieser Herkunft hat unter den warm-trockenen Bedingungen am Rande des Wiener Beckens mit zufriedenstellender Dimension überlebt. Die Folgerung: Eine natürliche Verjüngung im „langsamen“ Gruppenschirmschlagverfahren mit hohen Ausgangszahlen in der Verjüngung sollte es den Eichen des Böhmerwaldes ermöglichen, sich an die Klimaänderung anzupassen, auch wenn mit überdurchschnittlichen Mortalitäten zu rechnen ist. Für die Anlage von Eichenkulturen mit Forstpflanzen ist daher eine höhere Pflanzenzahl empfehlenswert.