Douglasie

Die Genausstattung mitteleuropäischer Douglasien

Ein Artikel von Dr. Charalambos Neophytou, Dr. Marcela van Loo, Dr. Wolfgang Hintsteiner, Dr. T amara Eckhart, Univ.-Prof. Dr. Hubert Hasenauer | 04.07.2019 - 12:35
Neophytou_Abb1a.jpg

Küstendouglasie mit einem Brusthöhendurchmesser von mehr als zwei Metern im Nationalpark Mount Rainier, Washington, USA © C.Neophytou

Unter allen nicht heimischen Waldbaumarten ist die Douglasie (Pseudotsuga menziesii) in vielen west- und mitteleuropäischen Ländern die wirtschaftlich wichtigste. Mit einem jährlichen Volumenzuwachs von teilweise deutlich über 20 fm/ ha übertrifft sie alle anderen heimischen Nadelbaumarten hinsichtlich ihrer Wuchsleistung. Dies spiegelt sich unter anderem auch darin wider, dass der höchste Baum Europas eine 67 m hohe und 106 Jahre alte Douglasie im Stadtwald von Freiburg im Breisgau ist. Besonders stark vertreten ist diese Baumart in Frankreich und in Deutschland, wo sie Flächenanteile von etwa 3 bzw. 2% aufweist. Hingegen kommt sie in österreichischen Wäldern deutlich seltener vor (Flächenanteil von unter 0,2% nach der österreichischen Waldinventur).

Später Einwanderer nach Europa
Wie auch andere Baumarten aus dem westlichen Nordamerika wurde die Douglasie relativ spät – erst im 19. Jahrhundert – nach Europa eingeführt. 1827 brachte der schottische Botaniker David Douglas zum ersten Mal Samen der aus europäischer Sicht neuen Baumart, die später auch seinen Namen erlangte, nach England mit. Von dort aus wurde Saatgut rasch an andere europäische Länder versandt und angepflanzt. Forstliche Anbauversuche wurden bereits in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts unter anderem in Großbritannien und Deutschland angelegt. Recht früh zeichnete sich die Küstenvarietät durch ihre starke Wuchsleistung vor allem in Ländern von Mittel- und Westeuropa mit gemäßigtem und teils ozeanisch getöntem Klima aus. In Nordamerika besitzt die Douglasie ein enormes Verbreitungsareal, das sich von einer geografischen Breite von 56° im Norden (British Columbia, Kanada) bis 18° im Süden (Oaxaca, Mexiko) erstreckt. Dort kann die Douglasie von der Küste bis auf einer Seehöhe von 3264 m wachsen. Bestände der Küstenvarietät (Pseudotsuga menziesii var. menziesii) sind unter dem feuchten Klima der gemäßigten Regen wälder an der Pazifischen Küste von  Washington und Britisch-Kolumbien, aber auch an Standorten der kalifornischen Gebirgsketten mit mediterran geprägtem Klima zu finden. Die Inlanddouglasie (Pseudotsuga menziesii var. glauca) verträgt ganz unterschiedliche Temperaturspannen zwischen Winter und Sommer an der Nord- und Südgrenze des Areals. 

Lange Anpassung bedingt genetische Unterschiede
Betrachtet man diese weite ökologische Amplitude, so wird die Bedeutung der Herkunft bei der Douglasie klar. Denn die Art konnte sich über längere Zeiträume an die regionalen und lokalen Standortsbedingungen im heimischen Areal anpassen. Provenienzversuche lieferten den Beweis, dass diese Anpassung genetisch fixiert ist, und wiesen darauf hin, welche Herkünfte im heimischen Areal sich für bestimmte Anbaugebiete in Europa eignen. Dennoch ist die Herkunft europäischer Douglasienbestände oft unbekannt, obwohl diese die wichtigste Saatgutquelle darstellen. Deshalb zielte die forstgenetische Forschung des Waldbauinstituts der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) in den vergangenen Jahren darauf ab, die Herkunft und die genetische Ausstattung europäischer Douglasienbestände zu untersuchen (van Loo et al. 2015, Eckhart et al. 2017, Hintsteiner et al. 2018, Neophytou et al. 2019).

Woher kommen mitteleuropäische Douglasien?
In den vergangenen 2 Mio. Jahren führten lange Kaltzeiten mehrmals zu Schrumpfung des natürlichen Verbreitungsreals der Douglasie. Während dieser Phasen waren das Küsten- und das Inlandvorkommen räumlich isoliert. So konnten sie sich an die verschiedenen Standortsbedingungen anpassen und genetisch sowie morphologisch differenzieren. Dadurch entstanden schlussendlich die beiden Varietäten. Vergleichsweise kürzere Warmzeiten – etwa das aktuelle Holozän – ermöglichten die Ausbreitung, den Kontakt und die Hybridisierung zwischen Varietäten, jedoch ohne, dass es zu einem Ausgleich der beiden sehr unterschiedlichen Genpools kam (van Loo et al. 2015). Mithilfe von 13 hochvariablen Mikrosatellitenmarkern und 38 heimischen Referenzpopulationen gelang es, diese beiden Genpools eindeutig zu unterscheiden (van Loo et al. 2015, Hintsteiner et al. 2018). 

Neophytou_Abb2_neu1.jpg

Genetische Differenzierung der Douglasie im natürlichen Verbreitungsareal, basierend auf einem Netz von Referenzbeständen (Hintsteiner et al. 2018). Auf der ersten hierarchischen Ebene (H1) unterschieden sich die zwei Varietäten. Innerhalb jeder Varietät wurden je zwei genetische Cluster auf der zweiten hierarchischen Ebene (H2) gefunden. Weitere Untersuchungen führten zu einer feineren Gliederung in insgesamt 12 genetische Cluster (H3) © C.Neophytou

Auch innerhalb der Varietäten führte die Klimaabkühlung während der Kaltzeiten dazu, dass sich die Douglasie in geschützte Refugialgebiete zurückzog. Räumliche Isolation und in manchen  Fällen auch eine kleine Populationsgröße bewirkten eine genetische Differenzierung zwischen Refugialpopulationen. Bei der Küstendouglasie ergab die molekulargenetische Untersuchung eine weitere Unterteilung in ein Kerngebiet und in Randpopulationen, bei der Inlanddouglasie wurde zwischen einer nördlichen und einer südlichen Gruppe von Populationen („Cluster“) unterschieden. Schließlich wurde auf einer dritten hierarchischen Ebene eine feinere Untergliederung festgestellt. Bei der Küstendouglasie waren alle einzelnen Populationen aus den Randgebieten (Britisch-Kolumbien, Kalifornien) genetisch stark differenziert. Im Gegensatz dazu wiesen die Kernpopulationen einen fließenden Übergang von einem südlichen in einen nördlichen Genpool auf (van Loo et al. 2015, Hintsteiner et al. 2018). 

Douglasie_Tab.JPG

Tab. 1: Zuordnung europäischer Douglasienbestände zu Herkünften im natürlichen Verbreitungsareal. Für die verschiedenen hierarchischen Ebenen (H1-H4) sh. auch Abb. 2. NEur. = Anzahl der Bestände in Österreich und Deutschland, die der jeweiligen Herkunft zugeordnet wurden © Universität für Bodenkultur

Genetische Untersuchung an mitteleuropäischen Douglasien
Eine möglichst detaillierte Beschreibung der genetischen Struktur im heimischen Areal wie oben angeführt ist notwendig, um die Herkunft europäischer Bestände zu ermitteln. Insgesamt wurden im Rahmen der genetischen Untersuchungen des Waldbauinstituts 1.469 Douglasien aus 67 österreichischen und deutschen Beständen genetisch untersucht. Die Ergebnisse, veröffentlicht in Hintsteiner et al. (2018), lassen sich, wie folgt, zusammenfassen:

▶ Nur drei der 67 Populationen bestanden vorwiegend aus Inlanddouglasien.
▶ Sechs Populationen wiesen eine Durchmischung zwischen Varietäten auf.
▶ In allen europäischen Untersuchungsbeständen, wo sie vorkommt, stammt die Küstendouglasie aus dem Kerngebiet des Areals zwischen dem südlichen Britisch-Kolumbien und der Grenze zwischen Oregon und Kalifornien ab.
▶ Sucht man innerhalb des Kerngebiets genauer nach der Herkunft, so legen die Ergebnisse eine Affinität zum südlicheren Cluster I nahe.
▶ Bei einer Zuordnung zu einzelnen Referenzbeständen sind meistens Herkünfte aus den Kaskaden in Zentral- Washington bis Zentral-Oregon vertreten (siehe Tabelle 1). 

Teil 2 folgt in der kommenden Ausgabe.