Schimmelpilze im Kampf gegen die Bläue – biologische Kontrolle der Splintholzbläue bei der Fichte: Neben dem weit verbreiteten Schadbild der Rotfäule steht zunehmend auch die Splintholzbläue der Fichte im Fokus des forstlichen Interesses. Diese wird überwiegend von Pilzen der Gattungen Ophiostoma und Ceratocystis, sogenannten Schlauchpilzen (Ascomyceten), hervorgerufen. Durch den Einsatz biologischer und ökologisch akzeptabler Substanzen als sinnvolle Alternative zu chemischen Schädlingsbekämpfungsmitteln kann die Verblauung verhindert oder verzögert werden. Dieses Verfahren wird als biologische Kontrolle bezeichnet und hat sich im Zier- und Nutzpflanzenbereich bereits bewährt.
Die Fichte wird trotz Flächenverlusten aufgrund des Klimawandels auch in naher Zukunft eine wichtige Rolle in Österreichs Forstwirtschaft spielen. Daher ist es wichtig, sich intensiv mit ihrer Ökologie sowie der Ökologie ihrer Pathogene zu befassen.
Das Kompetenzzentrum Holz Wood K plus hat in Zusammenarbeit mit den Österreichischen Bundesforsten (ÖBf) zu diesem Thema im Frühsommer 2022 einen umfassenden Freilandversuch durchgeführt, in dem die in vorangegangenen Laborversuchen gewonnenen Erkenntnisse erfolgreich in der forstlichen Praxis im Wald umgesetzt werden konnten.
Schimmel gegen Bläue
Im Rahmen des Versuchs wurden frisch geschlägerte Fichtenstammstücke stirnseitig und an den Mantelflächen mit Sporen eines Schimmelpilzes (Trichoderma harzianum) behandelt, der die Verblauung des Holzes verhindern sollte. Diese Schimmelpilze wirken als biologische „Gegenspieler“ zu zahlreichen forstlichen und horticulturen Schadpilzen, indem sie durch Konkurrenzkampf um die Nährstoffe in der Pflanze sowie durch das Ausscheiden von Hemmstoffen das Wachstum von Schadpilzen, wie etwa den Bläueerregern, verhindern. Bei den Schimmelpilzen handelt es sich um heimische Pilze, sie kommen überall in der Natur vor und sind ökologisch und gesundheitlich unbedenklich.
Der Versuch wurde an zwei unterschiedlichen Standorten in Niederösterreich durchgeführt, an denen üblicherweise starke Fichtenbläue auftritt. Je Standort wurden jeweils sieben Bäume (BHD: 20-30 cm) gefällt und jeder Baum in neun Stücke zu rund 1,5 m Länge zerteilt. Die Stammstücke wurden anschließend durchmischt und auf drei Polter zu je 31 Stammstücken aufgeteilt. Zwei Polter jedes Standorts wurden danach jeweils mit einem Biocontrolmittel behandelt, jeweils ein Polter blieb als Kontrollversuch unbehandelt.
Wer ist der beste Gegenspieler?
Als „Gegenspieler“ wurden zwei Biocontrolmittel gewählt, die bereits in Laborversuchen die Verblauung von Kiefernsplintholzklötzchen am besten verhindern konnten:
- Vitalin T-50® (Hersteller: Vitalin), ein kommerziell erhältliches Präparat aus Sporen des Pilzes Trichoderma harzianum
- LC3 (Hersteller: Lignocel), eine weiße Variante von Trichoderma harzianum, die von der Arbeitsgruppe selbst gezüchtet wurde
Pro Standort mussten etwa 20 l wässrige Sporensuspension für jede Behandlungsvariante mittels eines handelsüblichen Pumpsprühers auf Stirnflächen und Mantel gesprüht werden. Danach wurden die Stämme an einem Standort für 2 Tage abgedeckt und danach für 8 Wochen im Wald belassen. Die Stämme am zweiten Standort wurden nicht abgedeckt. Die Wetterdaten beider Standorte während der gesamten Versuchsdauer wurden über das Wetterarchiv meteozentrum.at erhoben.
Nach 8 Wochen: Keine Bläue bei behandelten Stämmen
Eine erste visuelle Begutachtung der Bläuehemmung an den Stirnflächen erfolgte nach 5 Wochen, die finale Auswertung der Bläueentwicklung im gesamten Stamm nach 8 Wochen Versuchsdauer. Dazu wurden die Stämme nach einem vorgegebenen Schnittschema zerteilt: Zunächst wurden stichprobenartig 10-15 cm breite Stücke vom Querschnitt abgesägt, bei Vorhandensein von Bläue im Inneren wurden weitere Schnitte (bis 50 cm ab der Stirnfläche) durchgeführt. Die jeweiligen Schnittflächen wurden fotografiert und mit entsprechender Software (ImageJ1.53k), die den Anteil der verblauten Fläche am Gesamtanteil der Querschnittfläche kalkuliert, der Verblauungsgrad berechnet.
Vergleich der Verblauung zwischen Kontrolle und Behandlung am Standort I nach 8 Wochen Versuchsdauer (8W), an der Außenseite und nach 15 cm Abschnitt. © wood k plus
Bei der visuellen Begutachtung der beiden Standorte nach 5 Wochen zeigte sich, dass bei der unbehandelten Kontrolle das Splintholz bei nahezu allen Stämmen unabhängig von der Abdeckung vollständig verblaut war. Im Vergleich dazu war bei den Behandlungen so gut wie kein Anzeichen von Bläuebefall zu erkennen.
Bei der Zerteilung der Stämme nach 8 Wochen konnte dies bestätigt werden: Im Fall der unbehandelten Kontrolle konnte festgestellt werden, dass sich die am äußeren Querschnitt sichtbare Bläue bis zu 50 cm in das Innere des Stammes hinein fortsetzt. Bei den behandelten Stämmen hingegen konnte auch im Inneren der Stämme an beiden Standorten keine Bläue festgestellt werden.
Vergleich der Verblauung zwischen Kontrolle und Behandlung am Standort II nach 8 Wochen Versuchsdauer (8W), an der Außenseite und nach 15 cm Abschnitt. © wood k plus
Weitere Freilandversuche geplant
Mit der durchgeführten Behandlung konnte die Splintholzbläue bei der Fichte im Freiland erfolgreich gehemmt werden. Beide eingesetzten Mittel (Trichoderma harzianum LC3 sowie Vitalin T-50®) zeigten hohe Wirksamkeit gegenüber den Bläueerregern. Zudem konnte gezeigt werden, dass das Biocontrolmittel die Bläue unter unsterilen Bedingungen im Forst effektiv zu unterdrücken vermag.
Aus den positiven Ergebnissen dieser Freilandstudie lässt sich eine mögliche Umsetzbarkeit als routinemäßige Anwendung im Freiland ableiten. Neben einer konventionellen manuellen Besprühung der zu behandelnden Stämme mit dem „Gegenspieler“ wäre die Aufbringung der Sporensuspension im Zuge des maschinellen Fällens eine alternative Möglichkeit. In einem weiteren für 2023 geplanten Freilandversuch von Wood K plus und den ÖBf soll versucht werden, die Bläuebehandlung noch mehr an die unterschiedlichen Arbeitsrealitäten im Forst anzupassen. Hierzu notwendige Umrüstungen der Erntemaschinen könnten auf dem in Skandinavien und Deutschland bewährten System zur Stumpfbehandlung gegen die Rotfäule der Fichte aufgebaut werden.
Webtipp: www.wood-kplus.at