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Borealer Fichtenwald mit hohem Laubholzanteil im finnischen Koli-Nationalpark © J. Parschau

Finnland

Drei Viertel aller Waldbiotoptypen bedroht

Ein Artikel von Jörg Parschau | 21.01.2019 - 14:39

Vor dem Hintergrund weltweiter Bestrebungen, neben Tier- und Pflanzenarten auch Lebensräume hinsichtlich ihrer Gefährdung zu beurteilen, veröffentlichte Finnland erstmals 2008 eine Rote Liste seiner Biotoptypen. Dazu wurden knapp 400 Biotoptypen beurteilt, verteilt auf acht übergeordnete Landschaftstypen. Beim flächenmäßig größten Landschaftstyp – dem Wald – wurden bereits damals 70% der Biotoptypen als bedroht eingestuft.

Bei der nunmehrigen Aktualisierung der Liste wurde die Beurteilung an das seit 2014 vom Weltnaturschutzverband (IUCN) empfohlene Schema mit sechs Gefährdungsstufen und zwei Sonderstufen angepasst. Trotz der methodischen Unterschiede zur Erhebung von 2008 lässt der Vergleich beider Erhebungen laut dem nationalen Umweltamt den Schluss zu, dass sich die Situation der finnischen Wälder in den letzten zehn Jahren noch verschlechtert hat. Aktuell sind 76% der Waldbiotoptypen bedroht und 21% potenziell gefährdet. Bei 3% war die Datengrundlage ungenügend.

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Borealer Kiefernwald auf trockenem, nährstoffarmem Standort: Solche Wälder sind durch Stickstoffeinträge bedroht.
© S. Tuominen

Altersklassenwirtschaft
Als Hauptbedrohung identifiziert das Umweltamt die Forstwirtschaft. Vor allem die seit den 1950ern konsequent durchgesetzte Altersklassenwirtschaft, die bis heute dominiert, habe zu einer ökologischen Verarmung der finnischen Wälder geführt, welche sich in einem Rückgang der Laub- und Totholzanteile sowie der spätsukzessionalen Strukturen äußere. Zudem seien natürliche Störungen wie Waldbrände oder Käferkalamitäten, die im borealen Urwald zum Strukturreichtum beitragen, durch Vorbeugung und Bekämpfung stark verringert worden.

Als weitere bedeutende Bedrohung, vor allem für nährstoffarme Waldbiotope, werden atmosphärische Stickstoffeinträge genannt.

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Vom Birken-Herbstspanner geschädigtes subarktisches Krummholz © A. Saikkonen

Klimawandel
Dem Klimawandel wird dagegen nur ein geringer Anteil am Gefährdungsstatus der finnischen Wälder zugeschrieben. Streitbare Ausnahme sind die von der Moorbirke gebildeten Krummholzbestände an der alpinen und arktischen Waldgrenze, die in der Roten Liste dem Landschaftstyp Bergtundra zugeordnet werden. Hier kommt es zunehmend zu Kalamitäten des Birken-Herbstspanners, die auf den Klimawandel zurückgeführt werden.

Handlungsempfehlungen:
Naturnaher Waldbau und Schutzgebiete
Zur Entschärfung der Bedrohungslage empfehlen die finnischen Umweltexperten eine Diversifizierung des Waldbaus hin zu größerer Naturnähe sowie die vermehrte Unterschutzstellung stark gefährdeter Waldbiotope. Als vorbildlich wird in diesem Zusammenhang das seit 2008 existierende Programm METSO hervorgehoben, bei dem Waldbesitzer ihre Wälder freiwillig gegen staatliche Entschädigung unter Schutz stellen lassen können.

Die vollständigen Ergebnisse der beiden Rote-Liste-Erhebungen (2008, 2018) sind auf der Website des finnischen Umweltamtes zusammengefasst (in Englisch).