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Das Projektgebiet in Kintampo, Ghana © J. García-Latorre

Afrika

Unterwegs in den Savannen Ghanas

Ein Artikel von Jesús García-Latorre, BMNT | 06.05.2019 - 17:43

Der ländliche Raum kann einen beträchtlichen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Dazu ist es notwendig, die Entwaldung zu bekämpfen, die Waldressourcen nachhaltig und umweltschonend zu nutzen und eine umweltfreundliche Landwirtschaft zu betreiben. Dies ist der holistische Ansatz, den die Waldprojekte der Klima- und Umweltsektionen im BMNT anstreben. Eine der Initiativen findet in Kintampo statt, einem Bezirk in der Mitte Ghanas. Zuständig für das Projekt sind Frau Dr. Traude Wollansky und ich. Traude kümmert sich um die juristischen Aspekte und das Finanzmanagement. Ich führe das Monitoring des Projekts durch.

Die Reise beginnt
Anfang Juli fahre ich gemeinsam mit ghanaischen Kollegen nach Sabule, eines der 15 Dörfer, die am Projekt teilnehmen. Die Staubstraßen sind nicht sehr gut, und wir werden im Pickup buchstäblich durchgerüttelt. Plötzlich sagt der Kollege der Forstbehörde, der uns an diesem Tag begleitet: „Halt an!“ Eine Gruppe von Männern lädt schwere Blöcher auf einen Laster am Straßenrand, und er will ihre Genehmigung prüfen. Ich steige auch aus und merke sofort, dass ein sehr angespanntes Gespräch geführt wird. Der Gesichtsausdruck der Männer zeigt große Besorgnis, als ob etwas Schlimmes passieren würde. Und tatsächlich wird es so kommen, allerdings einige Stunden später. „You are arrested“, sagt der Förster und kehrt ins Auto zurück. „Sie haben keine Genehmigung, um Bäume dieser wertvollen Holzart zu fällen. Zwei meiner Leute werden sich um diese Angelegenheit kümmern“, erklärt er und verständigt seine Kollegen telefonisch. Wir können dann weiterfahren.

 
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Eine der im Rahmen des Projekts eingerichteten Baumschulen, im Dorf Kandige © J. García-Latorre

Der Alltag ist oft nicht leicht
Angekommen in Sabule kann ich mit den Bauern plaudern, noch bevor die Sitzung mit den Dorfbewohnern beginnt. Sie erzählen mir, dass sie Yamswurzel, Erdnüsse, Mais, Maniok und Bohnen produzieren. Für sie ist der Bauernmarkt daher sehr wichtig. Dennoch liegt der über 20 km entfernt, und ihre Transportmöglichkeiten sind sehr beschränkt. Bauern in Entwicklungsländern haben es nicht leicht, durchzukommen. Besonders schwer ist es für die Frauen. So liegt beispielsweise vor jeder Hütte ein großer Brennholzhaufen. Ein Mann, mit dessen Familie ich mich fotografieren lasse, erklärt, dass sich Frauen und Kinder um das Sammeln vom Brennholz kümmern. Ich konnte tatsächlich oft Frauen beim Tragen eines schweren Bündels auf dem Kopf sehen. Für viele Aktivitäten des Haushalts sind auch die Kinder zuständig.

Die Projektsitzung stößt auf großes Interesse
Die Beteiligung der kleinbäuerlichen Bevölkerung an der Planung des Projekts in Kintampo spielt eine wesentliche Rolle. Insgesamt nahm ich an 18 Treffen mit Mitgliedern der Gemeinden teil. In Sabule sitzen wir jetzt im Kreis im Schatten eines Mangobaumes. Durch die vielen offenen Feuerstellen liegt starker Rauchgeruch in der Luft. Hühner mit ihren Küken suchen vor unseren Füßen nach Futter. Viele Frauen sind gekommen. Manche stillen ihre Babys oder tragen sie auf dem Rücken. Nach einem kurzen Ritual kann die Sitzung beginnen. Die Bauern drücken ihre Bedürfnisse und Anliegen aus, die im Rahmen der Umsetzung der Projektaktivitäten berücksichtigt werden müssen. Unter anderem diskutieren sie über die Baumarten, mit denen sie aufforsten wollen und die beste Jahreszeit für diese Aktivität. Sie haben auch Interesse am Cashewbaum, um die landwirtschaftliche Produktion zu ergänzen. Die Erhaltung der Gemeindewälder und die Konflikte mit dem nomadischen Hirtenvolk der gefürchteten Fulani werden ebenfalls angeprochen. Ich bin vom Verlauf der Sitzung sehr beeindruckt. Die Teilnehmer zeigen diszipliniert auf und tragen mit scharfsinnigen Aussagen zu der Diskussion bei. „Es ist sehr wichtig, dass am Ende dieses Projektes eine weitere Initiative stattfindet“, betont ein Bauer, „denn nur so können die ersten positiven Ergebnisse in der Region fest verankert werden“. Er hat vollkommen Recht. Um die Realität zum Besseren zu verändern, ist eine langfristige Kooperation notwendig. Frauen beteiligen sich an den Diskussionen besonders aktiv.

Bauer Mike macht die Probleme anschaulich
Wie in Sabule konnte ich in allen Dörfern viel mit den Bauern reden. In Yabraso begleitet mich ein Bauer namens Mike zu seinem kleinen Grundstück, in dem er Yamswurzeln anbaut. Aus Yamswurzel wird Fufu, ein fester Brei, zubereitet. Oft aß ich Fufu mit den Fingern, wie es in Ghana üblich ist. „Ich bin eigentlich Lehrer“, erklärt mir Mike und sagte dazu: „Ich kann allerdings mit meinem Gehalt nicht über die Runden kommen und muss es durch die Erlöse der Landwirtschaft ergänzen“. Tatsächlich versuchen die hiesigen Bauern, unter sehr ärmlichen Bedingungen zu überleben. Mikes Grundstück befindet sich mitten in einem hohen Buschholz. Die dichte Vegetation ist auf einer Fläche entstanden, die seit vier Jahren brach liegt. Brachflächen liefern zahlreiche Ressourcen wie Heil- und Esspflanzen sowie Früchte, die von Frauen gesammelt werden. Mike zeigt mir auch einen Kohlenmeiler auf einer Lichtung. Das Management der Brachen ist eines der Themen, mit dem wir uns im Rahmen des Projekts befassen.

 
 
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In jedem Dorf wurde eine partizipative Plattform initiiert, um die Projektbeteiligung zu organisieren. Vier Personen betreuen das Projekt in Techira Number 1. © J. García-Latorre

Der Heilige Dimbia - ein Hain von großer Bedeutung
Im Dorf Techira Number 1 besichtige ich mit den Bauern etwas wirklich Besonderes: den Dimbia, ihren heiligen Hain. Wir begehen den Wald durch hohen Unterwuchs bis zu einem starken Baobab, unter dem die Bewohner des Dorfes ihre Rituale durchführen. In diesem Wald darf niemand Bäume fällen. Dennoch können Totholz als Brennholz sowie Heilpflanzen und Früchte gesammelt werden. Der Dimbia ist heilig, weil sich an dieser Stelle die alte Siedlung befand, und hier jetzt die Vorfahren verehrt werden. Manche dieser teilweise außer Nutzung gestellten Gemeindewälder nehmen eine beträchtliche Fläche ein. In Mansie etwa umfasst der Dimbia 660 ha. Die Haine spielen daher eine wichtige Rolle für die Erhaltung der biologischen Vielfalt, als Lieferanten von Nichtholzprodukten und als Kohlenstoffreserven. Außerdem haben sie einen hohen spirituellen und kulturellen Wert, den man ökonomisch nicht ausdrücken kann.

Ein Zwischenfall regt zum Nachdenken an
Nach dem Treffen in Sabule fahren wir nach Kintampo zurück - und stoßen wieder auf die Männer, die wir in der Früh sahen. Die Kollegen des Försters sind nicht gekommen, und die Holzfäller können ungestört weitere Blöcher laden. Wir halten an, und der Förster und ich steigen aus. Er geht direkt zu ihnen und beschlagnahmt ihre Motorsäge, mit der er zum Pickup zurückkehrt. „Schnell, einsteigen und weg von hier!“, sagt er zu mir. „Sie könnten bewaffnet sein“, meint ein anderer Kollege, und wir machen uns unverzüglich aus dem Staub. So werde ich mit einem Aspekt der Abholzung in Entwicklungsländern konfrontiert, den man oft übersieht - nämlich der unbarmherzigen Rechtsdurchsetzung. „Eigentlich hat es mir leid getan“, sage ich Tage später zu einem Kollegen, „diese Männer waren sehr arm“. „Law is unjust“, erwidert er lakonisch.

Resümee einer erfolgreichen Reise und Projektarbeit
Nach zwei Wochen Geländearbeit in Kintampo präsentierte ich das Projekt im Ministerium für natürliche Ressourcen in Accra. Der ghanaische Kollege war von der praxisbezogenen Initiative begeistert und zog sogar die Möglichkeit in Betracht, das Projekt als Basis für die Entwicklung einer regionalen Entwaldungsbekämpfungsstrategie zu verwenden. Das war ein guter Abschluss vor meiner Rückkehr nach Österreich.

Die Reise in Ghana war hervorragend. Das Projekt läuft sehr gut, und ich konnte mir durch die Auseinandersetzung mit der Realität viel praktisches Wissen aneignen. Mein Notizbuch ist voll mit nützlichen Beobachtungen und mein Herz mit den vielen schönen Erinnerungen an die kleinbäuerliche Bevölkerung Kintampos. „Du hast uns versprochen, dass du wiederkommst, um gemeinsam die ersten Projektergebnisse zu besichtigen“, sagten sie zu mir am Ende der Treffen in den Dörfern. Und sie betonten, dass ich, zurück in Wien, meiner Institution in ihrem Namen etwas Wichtiges mitteilen sollte: „Wir sind für die Unterstützung sehr dankbar und bemühen uns, diese Initiative richtig und genau umzusetzen“. Ich freue mich schon, sie alle bald wiederzutreffen.