Im Umgang mit Medienvertretern hat Franz Fischer, der Obmann des Niederösterreichischen Waldbauernverbandes, inzwischen eine gewisse Routine. Dennoch kann er nur mühsam seine Emotionen zügeln, als er einen etwa 140 Jahre alten, prachtvollen Baum in seinem eigenen Forst im Gemeindegebiet von Raabs/Thaya herzeigt: „Normalerweise wäre der Stamm sicher rund 250 € wert, jetzt muss man froh sein, wenn man noch 50, 60 € dafür kriegt.“ Das ver- räterisch hohle Geräusch, als er mit der flachen Hand auf den Stamm schlägt, sagt alles: Hier hat der Käfer bereits ganze Arbeit ge- leistet. Er holt tief Luft: „Das ist eigentlich zum Weinen.“
In den vergangenen zwei Jahren habe sich der Käfer im Bezirk Waidhofen/Thaya, zu dem auch die Gemeinde Raabs gehört, extrem verbreitet, berichtet Fischer: „Die Gemeinde Raabs besitzt 3700 ha Wald, davon sind mittlerweile 2000 ha vom Borkenkäfer zerstört worden.“ Auf der Fläche, zu der auch sein Forst gehöre, seien bereits 50 ha zusammenhängend vernichtet. „Die Jahre davor waren bereits relativ trocken. Im Juni und Juli 2017 ist es dann so richtig losgegangen.“ Seither kämpfe man gegen den Käfer: „Wir merken einfach, dass wir keine Chance haben.“
Längst seien nicht nur die Fichten betroffen. „Der Käfer frisst uns alles. Die Fichten waren zuerst dran, weil sie aus dem kargen Boden zu wenig Wasser bekommen und geschwächt waren.“
Das Waldviertel habe nur recht dünne Humusauflagen auf einem Granitplateau: „Der sandige Boden kann kaum Wasser speichern. Selbst wenn es regnet, läuft das Wasser sofort wieder ab.“ Durch großflächiges Mulchen versuche man nun, die Humusschichten der geschlägerten Flächen zu verdicken.
„Das schafft man nicht“
Fischers Waldnachbar, Herbert Wagnsonner, erinnert sich: „Wir waren mitten in der Ernte, da kann man nicht in den Wald gehen, Bäume schneiden.“ Zunächst habe man sofort einzelne verdächtige Stämme noch von Hand herausgeschlagen und dann im Herbst großzügig durchforstet. Vergeblich, sagt Wagnsonner: „Als das dann so explodierte, haben wir nur noch mit dem Prozessor geschnitten. Aber das schafft man nicht.“
Wagnsonner ist Vollerwerbsbauer, bewirtschaftet zusammen mit seiner Gattin rund 50 ha Ackerland und 20 ha Wald, betreibt eine Rinderzucht mit 70 Stück Vieh. Dennoch ist er fast täglich in seinem Forst zu finden, den er ganz offensichtlich liebt: „Ich geh gern her“, sagt er. Sein Wald wirkt gepflegt. Aber was nütze das, meint er, wenn einige „Hobbywaldbauern“ vielleicht ein Mal im Jahr nach ihrem Wald sehen und in großen Forstbetrieben ein einsamer Förster riesige Flächen überwachen soll. Wagnsonner führt den Besucher zu einer gegen Wildverbiss umzäunten Fläche: „Da hatte ich vor etwa 15 Jahren mal ein Käfereck. Das haben wir damals sauber rausgeputzt und danach war wieder Ruhe.“ Das sei diesmal anders, sagt er: „Diese Fläche da drüben haben wir im Herbst komplett schlagen müssen. Dann ist der Wind gegangen und hat zwei kleine, geschwächte Bäume in den damals noch gesunden Bestand gedrückt.“ Das Resultat ist erschreckend. Die gesamte Fläche zeigt bereits wieder die für den Käferbefall typischen braunen Kronen.
Klimarobustere Pflanzen gesucht
Damals vor 15 Jahren habe er sein „Käfer–eck“ versuchsweise mit neuen Sorten wieder aufgeforstet, berichtet Wagnsonner: „Ich wollte was anderes probieren und habe Lärche und Ahorn gesetzt.“ Was gut geklappt habe, auch nach dem heuer extrem tro- ckenen Sommer stünde das Waldstück sehr gut da, meint er. Was er darauf zurückführt, dass er nicht, wie üblich, Reihen setzte, sondern „wild durcheinander.“ Na klar werde er auch die großen Verluste wieder aufforsten: „Meine größte Angst ist aber, wie wir die Arbeit bewältigen sollen?“ Inzwischen sei es auch gar nicht mehr so einfach, ausreichend Pflanzen aufzutreiben: „Und selbst wenn – es ist nicht gesagt, dass die Pflänzchen dann auch anwachsen. Ich weiß von Kollegen, die voriges Jahr gepflanzt haben und 80 % Ausfälle hatten. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen – 80 %.“
Obmann Fischer sieht die große Herausforderung in der sehr personalintensiven Wiederaufforstung: „Es gibt zwar sehr sinnvolle Förderungsprogramme, um bestimmte Baumarten zu fördern. Diese neuen Baumarten brauchen aber auch viel mehr Pflege, als sie bis jetzt die Fichte brauchte.“
Nur Arbeit, aber kein Verdienst mehr
Was auch den Waldliebhaber Herbert Wagnsonner ein wenig pessimistisch werden lässt: „Wir haben in Zukunft nur Arbeit, aber keinen Erlös. Da ist für die nächste Generation nichts zu verdienen mit dem Wald.“ Lösungen seien seiner Meinung nach schwierig, meint Fischer: „Man sollte in Zukunft verstärkt auf die Nutzung heimischenHolzes setzen, den Holzbau forcieren, keine fossilen Energieträger propagieren, sondern die Energie von vor Ort nutzen.“
Fischer nimmt aber auch die Endverbraucher in die Pflicht: „Dass man einfach Produkte kauft, die regional und saisonal verfügbar sind. Meiner Meinung nach hat das jeder beim täglichen Einkauf in der Hand.“ Es gehe um langfristige Verhaltensänderungen, die sich auch auf die Waldwirtschaft und damit den Waldbestand positiv auswirken könnten: „Es ist die Politik gefordert, das stimmt, auf der anderen Seite ist aber jeder Einzelne genauso gefordert.“