Baumschule in Zentralfinnland: Verwendet werden hauptsächlich Fichte, Kiefer, Birke, und Douglasie, Sibirische Lärche und Hybridpappel als nicht-heimische Baumarten. © Benno Eberhard
Maßnahmen der forstlichen Bestandesbegründung in Europa im Kontext der Klimaerwärmung waren bereits 2021 Thema einer Studie des Bundesforschungszentrums für Wald (BFW). Die Ergebnisse der Datenerhebung mittels Fragebogen wurden in Grundzügen bereits im Artikel Bestandesbegründung in Europa präsentiert. Daher wird hier, neben einer kurzen Wiederholung der Gesamtergebnisse, auf einige Aspekte näher eingegangen, die besonders bemerkenswert sind.
Übergreifend über alle für die Untersuchung ausgeschiedenen biogeographischen Regionen (Boreal, Atlantisch, Atlantisch-Kontinental, Kontinental, Atlantisch-Mediterran) haben folgende Maßnahmenkomplexe für die Befragten entscheidende Bedeutung:
- mechanische Standortsvorbereitung (mechanische Bodenvorbereitung, Mulchen, Entfernung der Konkurrenzvegetation)
- geeignetes Pflanzmaterial
- richtige Anwendung des Pflanzmaterials (Vorbereitung und Lagerung, geeignete Pflanztechniken)
- waldbauliche Maßnahmen (Baumartenwahl, Baumartenmischung, Pflanzverband, Jungwuchspflege und Läuterung)
Besonders häufig wird die Wahl des richtigen Zeitpunkts einer jeweiligen Maßnahme genannt, wie etwa mechanische Bodenvorbereitung im Herbst oder im Winter, Pflanzung im Herbst oder im Winter.
Die in den Fragebögen genannten Gefährdungen lassen sich zu folgenden vier Hauptkategorien zusammenfassen:
- Trockenheit
- Schadinsekten und Schadpilze
- Wildschäden
- Folgen unsachgemäßer Waldbaumaßnahmen (beispielsweise Konkurrenzvegetation, Bodendegradation, Bodenverdichtung, ungeeignete Lichtverhältnisse)
Unterschiede zwischen Skandinavien und Resteuropa
Mittels Clusteranalyse konnten zwei europäische Homogenbereiche identifiziert werden: der boreale Raum (Finnland, Norwegen) und der Rest Europas (im Rahmen der Studie als „Festlandeuropa“ bezeichnet). Für den borealen Raum sind mechanische Standortsvorbereitung und geeignetes Pflanzmaterial die zentralen Aspekte sowie Insekten/Pilze und Trockenheit die primären Gefahren. In Festlandeuropa werden waldbauliche Maßnahmen als Hauptkriterien einer erfolgreichen Bestandesbegründung gesehen, gefolgt von mechanischer Standortsvorbereitung. Als Hauptgefährdungen gelten hier Trockenheit und Wildschäden.
Methoden nachhaltiger Wasserversorgung
Es ist beachtenswert, dass in beiden europäischen Homogenbereichen Trockenheit als zentrale Gefährdung in der Zukunft gilt (66% der Antwortenden sind dieser Ansicht), Bewässerung jedoch nicht als erfolgversprechendste Gegenmaßnahme betrachtet wird (lediglich 5% sind dieser Meinung). Demgegenüber wird die größte Hoffnung, um mit Trockenheit fertig zu werden, von 84% in nachhaltigen Methoden der Wasserversorgung gesehen.
Nun stellt sich die Frage, was unter nachhaltigen Methoden der Wasserversorgung konkret zu verstehen ist. Zunächst ist intuitiv klar, dass alle vier oben genannten Maßnahmenkomplexe engstens mit dem Wasserhaushalt von Pflanzen zusammenhängen: Durch mechanische Bodenvorbereitung werden verdichtete Bodenschichten aufgelockert, die Infiltration steigt und die Durchwurzelung wird erleichtert. Durch geeignetes Pflanzmaterial wird das Spaltöffnungsverhalten (Stomata) der Pflanzen gesteuert, und durch richtige Pflanzung wird die Wurzelform optimiert. Beide zuletzt genannten Eigenschaften haben entscheidenden Einfluss auf die Wasseraufnahme. Und schließlich kann durch geeignete Waldbaumaßnahmen auch die Interaktion zwischen den verschiedenen Schichten eines Bestandes beeinflusst werden, sodass die Transpiration der unteren Baumschicht verringert wird. Ganz in diesem Sinne wird auch im Rahmen der vorliegenden Untersuchung Waldbaumethoden das größte Potenzial zu nachhaltiger Wasserversorgung eingeräumt, gefolgt von Methoden der mechanischen Bodenvorbereitung, von Pflanzmaterial und Pflanzmethoden.
Ratschläge aus der Praxis
Einige Beispiele, alle aus den Fragebögen stammend, sollen die Funktionsweise nachhaltiger Maßnahmen zur Wasserversorgung illustrieren: Ein Fragebogenbeantworter empfiehlt, Endnutzungen tendenziell kleinflächig durchzuführen, um starke Sonneneinstrahlung auf den Waldboden zu verhindern (Waldbaumaßnahme). Häufig findet sich der Rat, Bodenverdichtung zu vermeiden (Waldbaumaßnahme/geeignetes Holzernteverfahren). Schwere Maschinen sollten nur auf Rückegassen fahren, es sollten multifunktionale Maschinen verwendet werden, die mehrere Arbeitsschritte in einem bewältigen können, bei feuchten Verhältnissen sollte gar keine Holzernte mit schwerem Gerät erfolgen. Mulchen (Bodenvorbereitungsmaßnahme) wird in vielen Fällen als günstig für die Speicherung von Regenwasser erachtet. Allerdings sollte darauf geachtet werden, den geeigneten Mulch zu verwenden. Dieser sollte einerseits resistent sein, um vor Starkregen zu schützen, und andererseits leicht zersetzbar.
Ein anderer Praktiker rät dazu, die Mulchschicht nicht zu mächtig zu gestalten, denn: Ist sie einmal ausgetrocknet, braucht sie viel Wasser, um sich wieder vollzusaugen. Ein weiterer Fragebogenbeantworter rät dazu, bei Tiefenpflügen (mechanische Bodenvorbereitung) auf den geeigneten Zeitpunkt zu achten. Es sollte nicht zu knapp vor der Pflanzung erfolgen, damit genügend Regenwasser einsickern kann, aber auch nicht in zu großem Abstand. Denn dann droht Feuchtigkeitsverlust durch Evaporation aus den offenen Erdschollen.
Mehrere Beantwortende des Fragebogens nennen als einfache aber wirksame Methode gegen Trockenheit, tief genug zu pflanzen (geeignetes Pflanzverfahren). Im Sinne der Wahl des geeigneten Zeitpunkts rät ein Antwortender, den Pflanzzeitpunkt möglichst in die Hauptregenzeit einer jeweiligen Region zu verlegen.
Bedeutung der Cluster vor dem Hintergrund der Klimaerwärmung
Was hat es mit den genannten Homogenbereichen (Boreal, Festlandeuropa) auf sich? Ist dies lediglich ein akademisches Ergebnis oder hat diese Unterscheidung einen realen Hintergrund? Eine Untersuchung aus 2011 (Kolström et al.) legt diese Unterscheidung nahe. In dieser Studie, die eine Zusammenschau der aktuell praktizierten forstlichen Anpassungsstrategien an die Klimaerwärmung in den einzelnen europäischen Regionen enthält, wird deutlich, dass in so mancher Hinsicht der boreale Raum sich vom Rest Europas unterscheidet. Das gilt beispielsweise für dessen Präferenz für die Forstpflanzenzüchtung (somit das Pflanzmaterial), was ganz klar mit den Ergebnissen der vorliegenden Studie konform geht.
Die Unterscheidung in Boreal- und Resteuropa wird also verständlich vor dem Hintergrund der Klimaerwärmung, so legt es die zitierte Studie nahe. Dies bestätigt sich, wenn man die Ergebnisse eines Berichts der Europäischen Umweltagentur (EEA, 2017) betrachtet, der sich mit langfristigen ökologischen Trends als Folgen der Klimaerwärmung beschäftigt. Dieser Bericht sagt für den borealen Bereich voraus: Temperaturerhöhung, Zunahme an Niederschlag, Migration der Baumarten nordwärts, erhöhtes Potenzial für Waldwachstum einerseits, erhöhtes Risiko durch Schadinsekten andererseits (siehe Insekten/Pilze als zentrales Risiko für den borealen Raum als Ergebnis der gegenständlichen Untersuchung).
Für Kontinentaleuropa werden vorausgesagt: vermehrte Hitzeereignisse und Dürreperioden, Verringerung des Sommerniederschlags, Verlust von Biodiversität und Ähnliches. Man sieht, die Prognose für den Borealbereich unterscheidet sich deutlich von derjenigen für Festlandeuropa, ja man könnte sagen, Ersterer zählt eher zu den Gewinnern der Klimaerwärmung, während Letzteres eindeutig deren Verlierern zuzurechnen ist. Abermals wird die Präferenz des borealen Raumes für geeignetes Pflanzmaterial deutlich (die potenzielle Verwendung neuer Baumarten legt es natürlich nahe, diese vorher in Forstgärten zu testen), während für Resteuropa die Beschäftigung mit Hitze und Dürre als vordergründig dargestellt wird.
Geeigneter Zeitraum für klimarelevante Anpassungsstrategien
Weiters hält der zitierte EEA-Bericht fest, dass die Bestandesbegründungs- und Anwuchsphase der am meisten geeignete Zeitraum ist, um klimarelevante Anpassungsstrategien einzuleiten. Ausdrücklich zeigt dieser Bericht auch eine Präferenz für Strategien aus den Komplexen Mechanische Standortsvorbereitung und Waldbaumaßnahmen, ganz im Einklang mit den Ergebnissen der vorliegenden Studie.
Ein großer Vorzug der hier vorgestellten Untersuchung besteht zweifelsohne darin, dass die analysierten Aussagen großteils von Praktikern stammen, also Personen, die auf diesem Gebiet sehr viel Erfahrung haben. Die zentrale Botschaft ist, dass im Kontext von Bestandesbegründungen die Trockenheit als eminente Herausforderung für die Zukunft zu betrachten ist. Die größten Hoffnungen, dieser Herausforderung zu begegnen, werden von den Experten in waldbauliche Maßnahmen, mechanische Standortsvorbereitung sowie geeignetes Pflanzmaterial gesetzt.